Wild auf Fußball
Schultoilette und schließt sich in ihrer Klokabine Nummer drei ein. Endlich kann
sie in Ruhe eine Runde weinen. Es wird höchste Zeit. Alle sind so fies zu ihr! Lino, der Hempstädt und jetzt fangen auch noch
der Kübel und Malle an zu meckern. Sie schluchzt. Und wie blöd Malle sie vorhin angeguckt hat! Nur Bonita hatte ein nettes
Wort für sie. Ausgerechnet Bonita! Die Klotür verschwimmt unter ihrem Blick und Bonitas Malle-Herz läuft aus. Sie wischt sich
schnell die Augen. Da ist das Herz wieder da.
Am liebsten würde sie Malles Passbild im Klo runterspülen, aber sie hat es leider nicht dabei.
Auf dem Nachhauseweg trifft sie Bonita. Komisch. Sonst ist keiner mehr da. Hat sie etwa auf sie gewartet? Ella guckt auf ihre
Füße. Bonita muss ja nicht mitkriegen, dass sie geheult hat. Sie gehen nebeneinander her. Dann sagt Bonita: »Du schuldest
mir noch ein Eis. Jetzt hätte ich ungeheure Lust darauf.«
Ein Eis. - Das ist jetzt genau das Richtige! Sie kaufen zwei Schokosandwiches und setzen sich auf die Stufen vom Haus neben
dem Laden.
»Danke«, sagt Bonita.
»Bitte«, sagt Ella.
Dann schweigen sie. Es ist gar nicht so ungemütlich, so dicht neben Bonita zu sitzen, und dasEis schmeckt auch köstlich. Dann erzählt Ella von den Taschentüchern und Linos Aktion letzte Nacht.
»Er wollte mich außer Gefecht setzen«, sagt sie. »Mich krank machen, damit ich übermorgen mit Fieber im Bett liege und nicht
mitspielen kann.«
»Kannste mal sehen, was der für 'ne Angst hat, gegen dich zu verlieren.« Bonita hat das Eis einmal rundherum so weit aus der
Waffel geschleckt, wie die Zunge reicht. Nun fällt die Waffel wie nasse Haut zusammen. Ella schaut zu, wie Bonita ihr Eis
bearbeitet. Sie selber hat die Waffel von Anfang an kurz gehalten, abwechselnd geschleckt und abgeknabbert.
»Meinst du wirklich, mein Bruder hat Angst vor mir?« Ella kann ihren Herzschlag in den Ohren spüren.
Bonita zuckt die Schultern. »Kann doch sein. Ich hab auch Angst vor dir.«
»Wie bitte?«
»Du bist immer so schroff und stur und meckerst einen gleich an. Oder noch schlimmer: lässt einen einfach stehen.« Bonita
hat ihre Waffel jetzt auch wieder auf gleicher Höhe wie das Eis.
»Stimmt ja gar nicht«, sagt Ella.
»Siehste«, sagt Bonita. »Du gestehst dir nichts ein. Genau wie dein Bruder.«
Ella ist drauf und dran, aufzustehen und wegzugehen, aber sie kann nicht. Sie steckt den RestEissandwich auf einmal in den Mund, bleibt sitzen. Die Kälte zieht an den Zähnen und sie ärgert sich, dass sie das letzte
Stück so verschlingen muss, wo doch das letzte Stück immer am besten schmeckt, wenn es schön weich und cremig ist. Sie kaut
den riesigen Brocken, schluckt ihn runter und holt tief Luft.
»Ich bin nicht stur!«, sagt sie und steht auf. »Aber Lino kann was erleben!«
Zwei Tage später erlebt Lino wirklich was. Beim Spiel gegen Victoria schießt er kurz nach dem Anstoß das erste Tor. 1:0 für
die Tiger. Wie ein Gockel stolziert er über den Platz und lässt sich feiern, spuckt auf den Boden, als verteile er Weihwasser.
MM Victoria ist schockiert! Ella pfeift Malle an, weil es Malles Idee war, Bonita aus dem Tor zu nehmen und in die Abwehr
zu platzieren, nur weil er Schiss gekriegt hat. Angeblich sollen die Südtiger die ganze Woche Scharfschießen in die obere
rechte Ecke trainiert haben, Bonitas Schwachstelle, und deshalb wollte Malle diesmal unbedingt selbst ins Tor. Bonita fand
es nicht besonders toll von Malle, einfach so über sie zu bestimmen. Von wegen Schwachstelle! Beim 0:1 flog der Ball in die
linke obere Ecke, Bonitas starke Seite. Für Ella ist klar: Bonita hätte den mit Sicherheit gehalten! Und das sagt sie auch
Malle, diesem Profi!
Bonita gibt Ella ein Zeichen, ruhig zu bleiben.Sie mache sonst noch die ganze Mannschaft nervös. Malle sieht schon fix und fertig aus, trotz seinem coolen Haarreif, und
es sind noch nicht mal fünf Minuten gespielt!
»Wir lassen uns nicht einschüchtern«, ruft Frau Wilms kurz vor dem Anstoß, aber so, wie alle aus der Wäsche gucken, sind sie
es schon.
Lino grölt: »Jetzt wollen wir es den Memmen mal zeigen!«
Der Pinkler grinst; Lino spuckt ins Gras. José, Tom, Rufus Melk und die anderen Jungs von Victoria gucken sich an und Stefan
sagt: »Das lassen wir nicht auf uns sitzen!«
Frau Wilms beruhigt, wo sie kann, und ermahnt alle, sie sollen sich bloß nicht aufwiegeln lassen, und ruft dreimal hintereinander:
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