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Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Titel: Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag , Lynn Vincent
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Regentropfen hagelten auf mich ein und innerhalb von Sekunden war ich klatschnass. Der Wind war böig und unberechenbar, und ich begann, die Großschot zu fieren. „Fieren“ oder „auffieren“ ist ein kontrolliertes Nachlassen einer Leine. Man nimmt damit den Winddruck aus dem Segel. Denn wenn man die Segel zu dicht holt (das heißt die Leine zu stark anzieht) und zu hart am Wind segelt, kann eine starke Bö das Boot umschmeißen. Ich saß im Cockpit und fierte das Segel so viel wie möglich, während die fetten Regentropfen aufs Deck prasselten. Dann begann ich, das Großsegel zu reffen. „Reffen“ bedeutet, die Segelfläche zu verkleinern. Mein Großsegel hatte drei Reffhaken. Ich reffte das Großsegel bis zur zweiten Markierung und brachte mich vor dem Regen in Sicherheit. Während ich unten mithilfe des Autopiloten meinen Kurs korrigierte, wurde die
Wild Eyes
von einer heftigen Bö erfasst. Der Autopilot stürzte ab und ging in den Stand-by-Modus. Die Ruderpinne schwang unkontrolliert herum und das Boot drehte sich. Ich hechtete nach oben an die Ruderpinne, aber es war zu spät. Die
Wild Eyes
halste nach Steuerbord. Der Großbaum schwang von links nach rechts und schlug hart gegen das Backstag. Mit klopfendem Herzen griff ich nach der Pinne und lenkte mein Boot zurück auf Kurs.
    Ich steuerte noch eine Zeit lang von Hand, bis sich der böige Wind etwas gelegt hatte, bevor ich ausreffte. Die Vorhersage von
Commanders’ Weather
versprach eine ruhige Nacht, doch zur Sicherheit ging ich nach unten, um den Radar einzuschalten, für alle Fälle.
    Dies war meine erste „Patenthalse“ (wie die Segler dieses technisch nicht geglückte Segelmanöver nennen), bei der es brenzlig wurde, und ich hatte zum ersten Mal richtig Angst. Rückblickend muss ich sagen: Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine Ahnung, was „richtige Angst“ bedeutet!
    Zwischen Thousand Oaks in Kalifornien und Ushuaia in Feuerland in Argentinien liegen 11.000 Kilometer Luftlinie. Laurence Sunderland fuhr am 24. März nach Marina del Rey und nahm ein Taxi zum Flughafen in Los Angeles (was bei dem Verkehr seine Zeit braucht). Nach endloser Wartezeit im Terminal befand er sich an Bord eines Flugzeuges der Lan Chile auf einem elfstündigen Flug nach Santiago. Von dort ging sein Anschlussflug nach Buenos Aires.
    Auf dem Luftweg nach Ushuaia gelangt man nur, wenn man sich einem argentinischen Taxifahrer anvertraut, der einen in halsbrecherischer Fahrt durch das Straßenlabyrinth der Stadt zu einem kleinen Flugplatz bringt. Von dort aus starten die kleinen Maschinen nach Tierra del Fuego in Feuerland – auch „das Ende der Welt“ genannt.
    Laurence war in seinem Leben schon so viel gereist, dass er die landschaftlichen Schönheiten Argentiniens nicht unbedingt sehen musste. Auch Kap Hoorn war ihm egal. Es ging ihm einzig und allein darum, da zu sein, wenn seine Tochter das Kap umrundete, ihr ein „Gut gemacht, weiter so!“ zuzurufen und den Rücken zu stärken.
    Auch hoffte er, dass er Abbys rekordverdächtige Kap-Umrundung filmen konnte, und hatte zu dem Zweck ein paar Hightech-Videokameras im Gepäck.
    Die Filmgesellschaft
Reveille
hatte die Rechte an
Magnetic Entertainments
geplanter Fernsehausstrahlung widerrufen, und die Sunderlands hatten eine weitere Zusammenarbeit mit Ted Caloroso abgelehnt. Nach dem Widerruf wollte Chris Bates einen neuen Vertrag für eine Reality-Show mit ihnen abschließen, doch die Sunderlands hatten beschlossen – obwohl sie Chris schätzten und ihm vertrauten – Hollywood erst einmal den Rücken zu kehren.
    Trotzdem wünschten sie sich eine Videodokumentation von Abbys Reise, insbesondere von ihrer Kap-Hoorn-Umrundung als jüngste Einhandseglerin – ein beachtlicher Meilenstein. Abby hatte an Bord der
Wild Eyes
einige GoPro-Kameras sowie zwei Canon High Definition-Videokameras mit hoher Auflösung.
    Ein Film von Abbys Kap-Hoorn-Umsegelung wäre – zusammen mit dem Filmmaterial aus Marina del Rey und Cabo und Videoaufnahmen von ihrer Heimkehr – ein wunderschönes Andenken.
    John Selby, der Kontaktmann der Sunderlands in Argentinien, holte Laurence vom Flughafen ab, lud ihn zu sich nach Hause zum Essen ein und brachte ihn zum Übernachten in ein preiswertes Hotel, wo Laurence todmüde ins Bett fiel.
    Am nächsten Morgen trafen sie sich mit Ian Upsall, einem australischen Skipper, der sich bereit erklärt hatte, mit seiner Motorjacht südlich von Kap Hoorn zu kreuzen, damit Laurence seine Tochter sehen und den

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