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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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können nicht jedes Gespräch in Neustadt mit anhören. Die Telefonate werden aufgezeichnet und von einem Computer gefiltert; nur wenn verdächtige Wörter vorkommen, schlägt die Maschine Alarm und ein Mensch beschäftigt sich damit. Wir müssen also alles Verdächtige vermeiden. Dieses Gespräch bedarf einer sorgfältigen Planung, und du darfst kein einziges verkehrtes Wort sagen.«
    Hinter mir zwitscherte eine Spitzmaus unter den Blaubeersträuchern. Jede Einzelheit war mir bewusst. Der kühle Wind auf meiner Haut, der Tropfen, der sich aus meinen Haaren löste und mir über die Stirn rollte. Der Mond, den die Wolken wie eine Lampe an- und ausschalteten.
    Alfred. Der Name erschien in meinem Kopf, wie in Leuchtschrift. »Es hat etwas mit dem Doc zu tun, stimmt’s? Er war ganz aufgeregt, als ich ihm erzählt habe, wo mein Vater arbeitet.«
    »Wenn er auf einem Level arbeitet, das schwierig ist, schwimmt er nicht im Glücksstrom. Das heißt, dass er frei über seine Gefühle verfügt. Dass er dich vermisst, Pia. Deshalb wird er alles tun, damit es dir gut geht.«
    »Ihr wollt ihn also glauben machen, dass es mir nicht gut geht?« Das war ganz schön heftig, aber mein Mitleid mit meinem Vater hielt sich in Grenzen. Wenn er echte Gefühle hatte, wie hatte er dann zusehen können, wie mir Woche für Woche die Glücksgabe verabreicht wurde? »Was wollt ihr von ihm? Etwas aus dem Bio-Institut?«
    »Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell du mitdenkst.«
    »Wer wird nach Neustadt gehen und es abholen?«, fragte ich, denn das schien mir naheliegend. Da mein Vater es ihnen nicht bringen konnte, mussten sie es holen. »Wollt ihr mich zurück in die Stadt schicken?«
    Gabriel seufzte leise. »Nein. Mich«, sagte er. »Wir werden einen Hubschrauber stehlen und nach Neustadt fliegen. Ich treffe mich mit deinem Vater. Der Treffpunkt und die Zeit muss vorher abgesprochen sein, denn mir werden nur wenige Minuten bleiben, um wieder abzufliegen, bevor jemand merkt, dass die Falschen darin sitzen.«
    »Du kannst doch keinen Hubschrauber fliegen!«
    »Ich nicht, aber Jakob schon.«
    »Und was ihr von meinem Vater wollt, ist so wichtig, dass du das riskierst? Sie könnten euch abschießen!«
    »Ich weiß.«
    »Du verlangst sehr viel«, sagte ich. »Mein Vater könnte erwischt und getötet werden. Du könntest getötet werden. Es kann nicht so leicht sein, einen Hubschrauber zu entführen, wie es sich aus deinem Mund anhört. Das alles ist ein irrsinniger Plan ohne Aussicht auf Erfolg, und wenn du nicht zurückkommst, werde ich bis an mein Lebensende daran schuld sein, dass du tot bist.«
    Er lachte leise. »Ein Schritt nach dem anderen. Ich habe dich nur darum gebeten, mit deinem Vater zu telefonieren. Du musst nicht gleich das Ende der Welt auf deine Kappe nehmen.«
    »Braucht ihr ein bestimmtes Medikament?« Doch das hätte er mir gesagt, das wäre ein Ansporn gewesen, mitzumachen. Nein, was sie vorhatten, war viel schlimmer. So schlimm, dass er es mir nicht sagen wollte. »Sie arbeiten dort mit Krankheiten. Willst du eine Krankheit holen? Morbus Irgendwas? Wollt ihr die Jäger damit anstecken, wenn sie herkommen?«
    Gabriel sog scharf die Luft ein, er packte mich bei den Schultern. Ich wusste nicht, ob er mich an sich ziehen oder wegstoßen wollte. Da war ein Gefühl in der Luft, nicht Liebe, nicht Leidenschaft, aber es war so stark und intensiv, dass die Luft davon knisterte. Ich konnte es spüren, seine Angst, seinen Zorn, seine Erregung, von allem etwas.
    »Was hat Alfred vor?«, fragte ich.
    Und da antwortete er mir endlich. »Morbus Fünf«, sagte er leise. »Neustadt hat jahrelang daran geforscht, um eine biologische Waffe daraus zu machen, doch sie haben kein Heilmittel. Es wäre zu gefährlich, es einzusetzen, solange sie sich nicht selbst schützen können. Alfred hat auch dort gearbeitet, Pia. Er ist ein Genie. Seine Forschungen haben ihn einen entscheidenden Schritt weitergebracht als die anderen, und als sie ihn hinauswarfen, vernichtete er alle seine Ergebnisse, aber es gelang ihm auch, einen Teil davon mit hinauszuschmuggeln.«
    Das entsprach nicht ganz dem, was Alfred mir über seine Vergangenheit erzählt hatte. »Er hat kein Labor.« Ich blieb skeptisch. »Er hat gar nichts. Sein Zelt ist in die Luft geflogen.«
    Deshalb also. Deshalb der Ortungschip und Orion und Happiness Zuckermann und der Hubschrauber in der Nacht. Nur wegen Alfred. Er war nicht größenwahnsinnig gewesen, als er angedeutet hatte, sie wären

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