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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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sobald wir allein waren.
    »Ich will ihn mir noch mal ansehen«, sagte ich. »Warum ist er tot? Sie wollten ihn aus Neustadt rauswerfen.«
    »Ich würde das Ding besser nicht nochmal aufmachen. Wenn er krank war, stecken wir uns an.«
    »Morbus Fünf wirkt nicht so schnell! Der Unfall war erst vor kurzem. Er hätte draußen in der Wildnis sterben sollen, bei den anderen Kranken, nicht hier. Mach auf.«
    Lucky schüttelte den Kopf. »Was, wenn du dich irrst? Wahrscheinlich war es gar nicht Morbus Fünf. Das hier wirkt offenbar viel schneller.«
    »Mach endlich auf.« Ich versuchte, den Deckel selbst anzuheben – ein Ding der Unmöglichkeit. »Wenn es so extrem ansteckend ist, sind wir sowieso verloren.«
    Lucky ließ sich nicht überzeugen. Ich hatte die falsche Person weggeschickt. Moon, die den Tod nicht schlimm fand, hätte mir vermutlich einfach geholfen.
    »Er ist tot, und basta.« Lucky interessierte sich nicht so für die Feinheiten von Luthers Ableben. »Die Frage ist, was machen wir jetzt mit Star? Ich will auf keinen Fall noch mal ins Genesungshaus. Wir kriegen garantiert Ärger.«
    Ich vermutete, dass der Ärger noch größer sein würde, wenn wir es nicht taten, dann fiel mir noch etwas anderes ein. Etwas viel Schlimmeres.
    »Orion«, sagte ich.
    »Was? Wie kommst du jetzt auf den?« Lucky musterte mich irritiert, und da war ein merkwürdiger Ausdruck in seinen Augen, den ich nicht deuten konnte. »Beim Spiel vorhin hast du die Augen ja schon kaum von ihm lassen können.«
    »Orion gehört tatsächlich zu uns. Er will abhauen, und er denkt, das Tor würde wegen Luther geöffnet! Heute kurz vor Sonnenuntergang. Er ist unterwegs zum Südtor!«
    Hinter Luckys Stirn arbeitete es. »Im Ernst? Er will abhauen? In die Wildnis?«
    »Was machen wir jetzt bloß? Wenn er am Tor scheitert, werden sie ihn verhaften. Was ist, wenn sie Verdacht schöpfen, dass an unserer Schule etwas schiefgelaufen ist? Am Ende reißt er uns alle mit rein.«
    Lucky dachte darüber nach. »Wir müssen ihn aufhalten. Bevor er sich und uns alle unglücklich macht.«
    »Ja«, sagte ich, erleichtert, weil ich ihn nicht überreden musste. »Das sollten wir.«
    Auch wenn sie Orion nicht in die Wildnis schicken würden, weil er für sein Team wichtig war – ob sie mit uns genauso gnädig verfahren würden, dafür gab es keine Garantie.
    Wir kehrten in die Glückshalle zurück. Die Familienmitglieder der Lichtls hatten inzwischen eine Reihe Cocktails intus, wie die zahlreichen leeren Gläser bewiesen, und unterhielten sich angeregt. Moon und Star saßen nebeneinander auf einem der plüschigen Sofas – Star kleinmädchenhaft in ihrem rosa Kleidchen, meine Freundin ein Hingucker in ihrem mintfarbenen Ballonrock und dem strassbesetzten Top. Um den Hals trug sie einen kühlenden Schal aus unzähligen Seidenschneeflocken, von denen keine der anderen glich. Ihr dunkles Haar floss darüber; ein paar künstliche Schneekristalle glitzerten darin. Einem der Onkel war ihre außergewöhnliche Schönheit bereits aufgefallen, und er hatte seinen Sessel nähergerückt, doch Moons Aufmerksamkeit gehörte Star, die finster vor sich hinstarrte. Wenn sie so wütend war, wie sie aussah, würde es gleich eine Explosion geben.
    Der Onkel blinzelte enttäuscht, als Lucky Moon zu sich winkte. Unser Aufbruch störte die gelöste Stimmung ein wenig, doch gleich darauf wandten sich alle wieder ihren Drinks zu.
    »Es war gerade so nett«, sagte Moon. »Und ich habe meinen Cocktail nicht ausgetrunken. Können wir nicht noch ein wenig bleiben?«
    »Wir brauchen dein Auto«, forderte Lucky schroff.
    »Fahrt ihr ins Genesungshaus?«, rief Star uns nach.
    »Nein«, beruhigte ich sie rasch. »Das machen wir ein anderes Mal. Kümmere dich jetzt um deine Eltern, Star. Sie brauchen dich.« Eine Lüge und doch die Wahrheit. Als könnte Stars Trauer die fehlenden Gefühle ihrer Familie ersetzen.
    »Bitte sag ja«, wandte ich mich an Moon. »Es geht um Orion, und es ist wirklich wichtig.«
    Moons Lächeln überstrahlte alle unsere Sorgen. »Du und Orion? Oh Pi, das ist ja fantastisch! Natürlich fahre ich dich zu ihm. Irina steht gleich da drüben.«

12.
    Zu dritt passten wir gerade so in Moons kleinen Flitzer. Wenn wir Orion fanden, würden wir ihn im Kofferraum unterbringen müssen, der zum Glück recht geräumig war, um Moons Shoppinggelüsten zu genügen.
    Weil wir diesmal direkt nach Süden fuhren, statt nach Osten, wo sich ihre bevorzugte Einkaufsmeile befand, tauchten wir

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