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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Ärztin, doch ich musste Moon recht geben – vielleicht konnte sie uns wirklich helfen.
    Lucky machte bei ihrem Anblick ein entsetztes Gesicht, das auch ihr fröhliches »Hallo, ich bin Happiness« nicht abmildern konnte.
    »Seid ihr verrückt?«
    Orion erschien, in einen flauschigen Bademantel gehüllt.
    Happiness strahlte noch breiter. »Das ist der Patient?« Eine leichte Schärfe stahl sich in ihre Stimme, als sie ihm befahl, den Mantel abzunehmen und die Wunde zu zeigen.
    »Oh, eine Schussverletzung! Wie abenteuerlich. Halten Sie still. Ich habe nur ein Betäubungsspray dabei.«
    Immerhin hatte sie in ihrer geräumigen Tasche jede Menge interessanter Geräte. Und während sie fröhlich vor sich hin summte, brachte sie eine Art Pinzette zum Vorschein.
    Ich sah rasch weg, während sie in Orions Fleisch herumstocherte.
    »So macht man das in Neustadt«, trällerte sie. »Gute Freunde helfen einander, nicht wahr? Nie im Leben wäre ich darauf gekommen, dieses Kleid in Braun zu nehmen, wenn diese junge Dame mir nicht geholfen hätte. Du solltest dich bei dem Label bewerben, wenn du mit der Schule fertig bist. So, das ist ja der Übeltäter. Desinfizieren … das brennt, wie? Du bist mir aber ein tapferer Junge.« Sie seufzte leise, in den Anblick von Orions breitem Rücken vertieft. »Schade. Ich hätte nicht erwartet … Manchmal trifft es eben die Falschen.« Happiness schüttelte versonnen den Kopf. »So, machen wir noch einen Verband drum herum. Aber du solltest lieber doch zum Arzt gehen.«
    »Ja, mache ich«, sagte Orion. »Vielen Dank.«
    Moon begleitete unseren blonden Engel zur Tür. »Ich wohne auch hier auf der Etage. Man sieht sich, ja?«
    »Ja«, sagte Moon. »Man sieht sich.« Sie wandte sich uns zu und strahlte über das ganze Gesicht. »Na, wie habe ich das gemacht? Jetzt müssen wir nur noch essen und schlafen, und die Welt ist wieder in Ordnung.«

14.
    Lucky und Orion nahmen eins der Doppelbetten in Beschlag und tuschelten dort. Ich ging davon aus, dass sie an ihrem Fluchtplan feilten. Auch Moons reizendster Augenaufschlag bewegte ihren Freund nicht dazu, das Bett zu tauschen.
    Wir aßen, was die beiden übriggelassen hatten – es war tatsächlich Sojapizza – und gingen zu Bett.
    »Was für ein aufregender Tag«, flüsterte Moon. »Das war besser als jede Party. Träum süß, Pi.«
    Ich nahm mir fest vor, nicht einzuschlafen, sondern mir zu überlegen, wie ich Lucky retten konnte, aber die Erschöpfung zwang mich in den Schlaf. Wilde Bilder zuckten durch meinen Geist. Die Dunkelheit hinter dem Tor. Graue Männer in Anzügen rannten hinter uns her. Ich konnte mich nicht bewegen, und sie streckten die Hände nach mir aus und packten mich …
    Jemand berührte mich. Gerade noch rechtzeitig unterdrückte ich einen Aufschrei, als ich im gedimmten Licht Lucky erkannte.
    »Wie spät ist es?«, flüsterte ich.
    »Früh morgens«, wisperte er zurück. »Komm, ich will dir etwas zeigen. Zieh dir was über.«
    Ich warf einen Blick zu Moon hinüber. Reglos lag sie da, die tiefen Atemzüge verrieten, dass sie schlief. Nun gut. Ich schlüpfte in meinen Rock, der in einem Haufen neben dem Bett lag, und strich das Shirt glatt, in dem ich geschlafen hatte. Zielstrebig hielt Lucky auf die Tür zu.
    »Was hast du vor?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Das Licht im Gang glühte orangefarben. Doch erst als er die Tür zum Treppenhaus aufzog, sah ich durch die Fensterscheiben, dass dieses Licht von draußen kam.
    »Was willst du denn auf dem Dach? Glaubst du, die haben uns gefunden?«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf. Kurz darauf standen wir vor einem kleinen rot umrandeten Schild, das verkündete, wir hätten keinen Zutritt.
    Ungerührt stieß Lucky die Tür auf, und ich stolperte ins Licht.
    Mir war, als hätte ich den Himmel nie zuvor gesehen. Ich hatte gar keine Ahnung gehabt, dass es ihn gab, er war nur immer irgendetwas am Rande meiner Wahrnehmung gewesen. Doch jetzt glühte er. Rosa und goldfarbene Streifen zogen sich über den Horizont. Die Sonne war ein flammender Ball, der das Universum in Brand setzte. Es hatte nichts Bonbonfarbenes, nichts Süßliches an sich. Das hier war Feuer. Es war wild, so voller Leidenschaft, dass es mir den Atem verschlug. Dieses Licht würde sich niemals bändigen lassen.
    Lucky stand neben mir und schwieg mit mir zusammen, und auf einmal spürte ich seine Gegenwart so deutlich, dass ich es kaum aushalten konnte.
    Ich brach die Stille zuerst. »Ich kann mir nicht recht

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