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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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in Rätseln! Welche neuen Entdeckungen?”, fragte Rowena betroffen. War der große Sir Christopher nicht mehr ganz bei klarem Verstand?
    “Denk doch mal nach, Rowena!” Die Kerzenflamme spiegelte sich in seinen Brillengläsern und verwandelte seine blassen Augen in glänzende Lichter. “Spanien hat bereits in Westindien sicher Fuß gefasst. Solange noch Zeit dazu ist, muss England sich auch seinen Anteil an dieser vielversprechenden Neuen Welt sichern. Das riesige Gebiet im Nordwesten, reich an Pelzen, Land und Schätzen, wartet nur darauf, dass wir es in Besitz nehmen. Es gibt nur ein Hindernis – die Wilden, die dort leben!”
    Rowena starrte ihren Vater an, und ihre Aufregung lag im Widerstreit mit ihrer Bestürzung. Die spanischen Konquistadoren hatten schon seit Langem die zivilisierteren Stämme des tropischen Amerika unterworfen: die Azteken, Mayas und weiter südlich die Inkas. Aber die nördlichen Bewohner der Wälder waren wilde Bestien, den Gerüchten zufolge mehr Tiere als Menschen. Ihre Wildheit hatte die weißen Invasoren lange von ihren Küsten ferngehalten.
    Und nun war einer von ihnen tatsächlich hier in England, eingesperrt im Keller ihres Hauses.
    “Denk doch nur, Rowena!” Sir Christophers Stimme krächzte, so sehr überwältigten ihn seine Gefühle. “Überleg nur, was wir alles lernen werden, wenn wir uns mit der Kreatur verständigen können – falls es uns gelingt, ihn zu bändigen, sprechen zu lehren und ihn vielleicht sogar dazu zu bringen, uns als Führer und Mittelsmann zur Verständigung zu dienen.”
    “Er wird zu gar nichts zu gebrauchen sein, wenn er wegen der Kälte und Feuchtigkeit im Keller stirbt”, fuhr Rowena ihn an. “Einhundertfünfzig Pfund, das ist einfach nicht zu fassen! Ihr hättet genauso gut …”
    Ihr Redeschwall endete, weil ihr die Luft wegblieb. Sie starrte ihren Vater an, wie vom Donner gerührt. “Um Himmels willen, Ihr habt den armen Elenden nicht zufällig in Falmouth gefunden, oder? Ihr habt alles genau geplant!”
    “Lass mich ausreden, Rowena.” Sir Christopher konnte genauso hartnäckig sein wie seine Tochter. “Ich hatte gute Gründe für das, was ich getan habe.”
    “Wie lange habt Ihr gebraucht, um alles zu planen?” verlangte sie zu wissen und zitterte, als sie aufstand. “Sechs Monate? Ein Jahr? Was musstet Ihr tun, um ihn zu bekommen?”
    “Ich habe in den Wirtshäusern am Hafen Aushänge angebracht”, antwortete er. “Darauf stand, dass ich einhundertfünfzig Pfund für einen gesunden Wilden aus Nordamerika bezahlen würde. Gestern brachte mir ein Bote die Nachricht, dass ein gerade angekommener Kapitän ein solches Exemplar …”
    “Ein Kapitän, ach wirklich! Ihr meint wohl einen Freibeuter. Um nichts besser als ein Pirat!”
    “Wirklich, ich habe nicht daran gedacht, zu fragen.” Sir Christopher war jetzt ganz auf Abwehr eingestellt. Wie er die Schultern straffte und das Kinn hob, zeigte eindeutig, dass er seinen Standpunkt bezogen hatte und nicht davon abweichen würde.
    “Und kein einziges Wort zu Eurer eigenen Tochter!” Rowena schäumte vor Wut. “Warum habt Ihr es also versäumt, mich bei Euren Plänen ins Vertrauen zu ziehen?”
    Sir Christopher spießte ein Stückchen Fleisch mit der Spitze seines Messers auf und fuchtelte damit energisch in der Luft herum, während er sprach. “Weil du dich genauso aufgeführt hättest, wie du es jetzt tust. Und es wäre dir nicht gelungen, mich von meinem Vorsatz abzubringen, Rowena. Nicht im Geringsten. Die Entdeckungen, die ich hinsichtlich dieser Kreatur und ihrer Welt machen werde, werden dafür sorgen, dass Ihre Majestät mir wieder gewogen ist, und auch dir, Rowena. Vielleicht wird man dir sogar eine Stellung bei Hofe anbieten …”
    “Ich habe nicht vor, in die Dienste der Königin zu treten, Vater. Mein Leben ist hier in diesem Haus bei Euch.”
    Sir Christopher sank auf seinem Stuhl in sich zusammen, und ein Ausdruck tiefer Traurigkeit glitt über seine eben noch so energischen Gesichtszüge. “Und was für ein Leben habe ich dir denn bei mir geboten, Kind? Wenn ich sterbe, bist du hier ganz allein. Kein Ehemann, keine Kinder …”
    “Lasst den Wilden gehen”, verlangte Rowena behutsam. “Bringt ihn zurück nach Falmouth und auf ein Schiff in die Neue Welt. Ich selbst werde mit Juwelen aus der Mitgift meiner Mutter die Überfahrt bezahlen.”
    Rowenas Vater schüttelte den Kopf. “Du weißt so gut wie ich, dass er die Reise niemals überleben würde.

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