»Ich meine, wenn es dir das Leben leichter macht, komm ich gern mit.« Der Blick ihrer haselnussbraunen Augen schien zur Abwechslung mal ganz ohne Hintergedanken zu sein. »Wenn du willst.«
Sie war einfach... freundlich. Easy hielt sich vor Augen, wie ein Essen mit seinem Vater ohne Gesellschaft verlaufen würde: Er müsste sich unbarmherzigen Fragen stellen, zu jedem einzelnen Unterrichtsfach, zu seinen Noten, zu seiner Vorbereitung auf die Jahresabschlussprüfung. Und er müsste Auskunft geben, über seine Pläne für Studium, Beruf und ZUKUNFT. Dann stellte Easy sich vor, Callie wäre dabei. Sie würde ungeniert mit ihrem langweiligen Vater flirten; sie würde ihn über die Kanzlei ausfragen, witzige Anekdoten über die Wahlkampagne ihrer Mutter zum Besten geben und J.L. Walsh vielleicht sogar dazu bringen, sich wie ein menschliches Wesen zu verhalten.
Die Wahl fiel ihm nicht schwer.
»Äh, also, wenn es dir wirklich nichts ausmacht... wäre es cool, wenn du mitkommst.«
Callie lächelte. »Fein. Ich freu mich, den guten alten J.L. wiederzusehen.« Sie warf einen Blick auf die diamantenbesetzte silberne Armbanduhr, die lose um ihr schmales Handgelenk hing. Dann nickte sie in Richtung Farnsworth-Haus, das bedrohlich hinter ihnen aufragte. »Wir sollten gehen. Wilde verteilt gleich die Testbögen.«
Easy stöhnte und stand auf. Die Prüfung. Er griff nach seiner schmuddeligen nato-olivgrünen Leinentasche und hängte sie über die Schulter. »Na super.«
»Ach, und hör mal, keine Sorge, ich sag Jenny nichts davon.« Sie ließ die Hände durch ihr schulterlanges Haar gleiten, und Easy zwang sich, den Blick von ihrem eleganten, hübschen Hals abzuwenden. Plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen.
Jenny. Scheiße! An sie hatte er überhaupt nicht mehr gedacht, als er mit Callie die Verabredung fix machte. War es nicht total abartig, dass er seine Ex-Freundin zum Essen mit seinem Vater mitbrachte, statt seiner aktuellen Freundin? Ja, das klang ziemlich daneben.
Aber dann stellte sich Easy die süße kleine Jenny an einem Tisch mit seinem Vater vor, wie sie versuchte, alle Fragen zu beantworten, mit denen er sie bombardieren würde wie in einem Kreuzverhör, bis sie in Tränen ausbrach. Jenny wusste ja noch nicht, was für ein sturer Knochen sein Alter sein konnte; sie musste gründlich vorbereitet werden, ehe sie einer so schwierigen Aufgabe wie einem Essenstermin unterzogen wurde.
Callie kannte seinen Vater ja schon und wusste, wie man mit seinem Gepolter umging. Und es hatte ja auch den Anschein, als seien sie jetzt... Freunde. Es war doch nicht verboten, eine gute Freundin zum Essen mit seinem Vater auszuführen, oder?
Aber als sich Easy hinten im Klassenzimmer auf seinen Stuhl setzte, wurde ihm flau im Magen, und er hatte den leisen Verdacht, dass dies nicht allein an der Geschichtsprüfung lag, die er bestimmt vermasseln würde.
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