Wild und gefaehrlich
Hall.
Ihre Anwesenheit ist Pflicht!
Dekan Marymount
9 Eine Waverly-Eule nimmt eine Strafe ohne Murren mit Würde entgegen
Brett war etwas irritiert, dass der Disziplinarausschuss Knall auf Fall einberufen worden war, auch wenn sie an sich nichts dagegen hatte, aus der öden Chemiestunde von Mr Frye gerissen zu werden. Um Viertel vor zehn, als die anderen Schüler sich in schweißtreibende Plastikschutzbrillen und säureresistente Gummischürzen zwängten, machten sie, Benny und Celine den Abflug. Professor Frye, der klirrende Reagenzgläser balancierte, nickte ihnen geistesabwesend zu.
»Wie mir das stinkt«, murrte Celine, kaum dass sich die Tür des Chemielabors hinter ihnen schloss. »Aber wenigstens bleiben uns so die ollen Schutzbrillen erspart.« Das schwarze Haar fiel ihr über die Augen und sie berührte ihre glatte olivfarbene Haut mit den Fingerspitzen. »Die Dinger hinterlassen grässliche Druckstellen im Gesicht.«
»Heute hätte ich den Laborplatz mit Lon Baruzza teilen dürfen«, jammerte Benny. »Ihr wisst, wie lange ich schon darauf scharf bin.« Sie griff sich in das glatte hellbraune Haar und zog verzweifelt an einer Strähne.
»Ja, du bist scharf auf seinen Knackarsch.« Celine stieß die Haupttür des naturwissenschaftlichen Trakts auf und die drei steuerten auf Haus Stansfield zu. »Aber den könntest du auch ohne die Laborhäschen-Nummer haben«, erklärte sie mit einem Kichern.
Brett verdrehte die Augen. Sie hatte anderes im Kopf. So wie es sich angehört hatte, war gestern Nacht ihre ganze dämliche Wohngruppe auf dem Dach am Feiern gewesen. Nicht dass Brett etwa gerne mitgefeiert hätte, aber sie fand, man hätte sie wenigstens einladen können.
Nun gut, wenigstens bekam sie jetzt keinen Ärger. Während Benny und Celine weiterplapperten, setzte Brett einen würdevollen Gesichtsausdruck auf und machte sich bewusst, dass sie in ihrem blassrosafarbenen Babydollkleid von Nanette Lepore, den schwarzen Leggins und den hellgrauen Ballerinas von Sigerson Morrison wie die Unschuld in Person aussah. Sie lächelte vor sich hin. Sogar ihre Nägel waren hübsch.
Als sie den Sitzungsraum in Stansfield betraten, steuerte Brett mit Benny und Celine im Schlepptau zielstrebig auf den langen Sitzungstisch zu, an dem der Ausschuss saß. Von der anderen Seite des Raumes starrten Mädchen auf unbequemen Klappstühlen zu ihnen herüber. Sie hatten die Knie züchtig zusammengepresst und die rostbraunen Blazer sittsam bis oben zugeknöpft. Es war schon seltsam, so viele Missetäter auf einmal vor dem Disziplinarausschuss zu sehen – gewöhnlich handelte es sich nur um ein oder zwei missgeleitete Delinquenten. Allerdings war nach der legendären Aufführung von Unsere kleine Stadt schon einmal die ganze Theater-AG herzitiert worden, weil sie nur in Klarsichtfolie gewickelt aufgetreten waren.
Dekan Marymount, der eine Krawatte trug, auf der die van Goghschen Sonnenblumen prangten, betrat den Raum und blieb unvermittelt stehen, als er Brett, Benny und Celine am Tisch des Disziplinarausschusses sitzen sah. »Meine Damen.« Mit einer Handbewegung scheuchte er sie davon. »Sie nehmen bitte bei ihren Mitbewohnerinnen Platz!« Er warf ihnen einen vernichtenden Blick zu.
Brett war wie vor den Kopf geschlagen und sah Benny an, die genauso überrascht wirkte. »Sir?«, meldete sich Brett zu Wort. »Aber wir... ich -«
Marymount unterbrach sie barsch. »Miss Messerschmidt, Sie wohnen doch in Dumbarton, oder nicht?« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern setzte sich an das schmale Ende des Tisches und blätterte in seinen Unterlagen.
Bretts Wangen nahmen die gleiche Farbe an wie ihr Haar. Abrupt stand sie auf, steuerte auf Jenny zu, die in der ersten Reihe saß, und ließ sich neben sie auf einen leeren Stuhl fallen. »Wir waren ja nicht mal bei der dämlichen Party«, murrte sie vor sich hin.
Jenny tätschelte ihr den Arm. »Das wird schon. Was können sie denn machen? Uns bestrafen, weil wir uns auf dem Zimmer die Nägel lackiert haben?«
»Wart’s mal ab«, erwiderte Brett skeptisch.
Jenny machte nun doch ein etwas besorgtes Gesicht, während sich der Raum allmählich füllte. Es war ungewohnt, dass Brett auf dieser Seite des Raums saß. Die Mädchen kauten an ihren manikürten Nägeln, scharrten mit den Schuhspitzen auf dem glänzenden Holzfußboden und flüsterten etwas zu vernehmlich miteinander.
»Arschloch«, hörte Jenny jemanden sagen. Am Tisch hatten jetzt Ryan Reynolds und die
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