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Wild und gefaehrlich

Wild und gefaehrlich

Titel: Wild und gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Mitglieder des Disziplinarausschusses Platz genommen, die nicht in Dumbarton wohnten. Es handelte sich in erster Linie um Neuntund Zehntklässler. Sie saßen um die Englischlehrerin Miss Rose herum, die für den gefeuerten Mr Dalton eingesprungen war. In dem schwarzen Rollkragenpulli unter dem braunen Blazer, der höchstens die Größe XS hatte, und mit dem zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar hätte man sie leicht für eine Neuntklässlerin halten können.
    »Dann fangen wir mal an, nicht wahr?« Marymount sah müde aus und hinter den Gläsern seiner runden Nickelbrille wirkten seine kleinen blauen Augen noch kleiner. Immer noch blätterte er in den Unterlagen, die Bretts Ansicht nach absolut nichts mit dem Fässchenvorfall von letzter Nacht zu tun hatten. Marymount brauchte einfach seine Requisiten. »Mr Wilde, Sie waren der Erste, der diese, ähm , Versammlung bemerkt hat, als Sie gestern Abend am Wohnhaus Dumbarton vorbeigingen, stimmt das?«
    »Ja, das stimmt.« Der sanftmütige Mr Wilde fühlte sich nicht wohl in seiner Rolle als Ankläger. Er gehörte zu den Lehrern, denen es etwas bedeutete, ob die Schüler ihn mochten oder nicht. Die Wände seines Arbeitsraumes waren nicht nur gepflastert mit Postern von Rock-Größen seiner eigenen Generation, sondern auch mit solchen von OutKast, Coldplay, Interpol und anderen Bands, auf die seine Schüler standen. Es machte ihn ganz offenkundig unglücklich, hier auftreten zu müssen und seine Zöglinge in Schwierigkeiten zu bringen. Zwanghaft zerrte er an seinem Kragen. »Ich kam gerade aus der Bibliothek, als ich... äh... laute Musik hörte. Es kam mir so vor, äh, ja, als ob auf dem Dach ein bisschen gefeiert wurde.«
    Marymount klopfte mit seinem silbernen Stift auf den Mahagonitisch. »Und was taten Sie dann?«, drängte er den Kollegen.
    »Ich... informierte den Sicherheitsdienst«, gestand Mr Wilde schuldbewusst. »Dann rief ich zu den Mädchen hinauf, sie sollten bleiben, wo sie waren. Als ich an die Tür von Mrs Pardee klopfte...« – er unterbrach sich, wurde rot, und die Mädchen tuschelten, weil ja alle wussten, dass bei Pardee gestern Nacht ebenfalls eine feucht-fröhliche Mädelsparty im Gange war. »Ja, also ich klopfte bei Mrs Pardee, und als ich dann mit ihr aufs Dach stieg, waren alle in ihren Zimmern verschwunden.«
    Marymount räusperte sich. »Es war daher nicht genau festzustellen, wie viele Schülerinnen sich auf dem Dach befanden – beziehungsweise, wer dort oben war, ist das richtig?«
    »Richtig«, bestätigte Mr Wilde. »Aber dort fand sich ein fast leeres Bierfass – und eine Mülltüte voller Plastikbecher.« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
    »Waren es viele Becher?«
    Brett stieß Jennys Fuß an. Was spielte denn das für eine Rolle?
    »Der Müllsack war fast voll.«
    »Danke.« Zum ersten Mal seit Beginn der Sitzung ließ Marymount den Blick über die Mädchen gleiten. »Meine Damen, Ihnen allen ist klar, dass der Konsum von alkoholischen Getränken ein Verhalten ist, das wir nicht dulden können.« Er versuchte, jeder Einzelnen streng in die Augen zu sehen, gab jedoch rasch auf und starrte von nun an auf den Tisch. »Der Vorfall trifft uns insbesondere darum zu einem ungünstigen Zeitpunkt, als wir mit den Vorbereitungen für das Treuhändertreffen an diesem Wochenende vollauf beschäftigt sind und keine Zeit haben, Ihnen individuelle Aufsicht angedeihen zu lassen.« Marymount seufzte hörbar. Brett hatte festgestellt, dass er dies gerne in den Sitzungen des DA tat, um zu zeigen, welche Bürde es war, ihr Direktor zu sein. »Da wir unglücklicherweise nicht genau wissen, wer zu den Schuldigen gehört, müssen wir Sie alle bestrafen.«
    »Hat der was an der Klatsche?«, stieß Brett hervor.
    Ein Murmeln ging durch die Reihen, aber Marymounts Bass erstickte es sofort. »Ab heute Abend nach dem Essen haben Sie alle das ganze Wochenende über Hausarrest und bleiben bis Montagmorgen in Dumbarton. Die Mahlzeiten werden Ihnen gebracht. Sollten Sie das Wohnheim verlassen, wird das ernsthafte Konsequenzen für Sie haben.«
    Ernsthafte Konsequenzen? Hieß das, sie konnte nicht zu Jeremiahs Football-Spiel gehen? Und zu dem Essen mit seinen Eltern? Und zur St.-Lucius-Party, um allen Party-Löwinnen klar zu machen, dass Jeremiah nicht mehr zu haben war? Und hieß das etwa, dass sie ihre Jungfräulichkeit nicht verlieren konnte?! »Das ist ungerecht!«, rief Brett, doch ihre Stimme ging völlig unter in den Beschwerden von zwei Dutzend

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