Wild und gefaehrlich
geraucht, die sie nur für besondere Gelegenheiten in dem Schubfach mit ihren Pyjamas aufbewahrte. Sie liebte das kribbelnde Gefühl auf den Lippen und wie ihr schwummerig davon wurde, aber ihr Asthma hielt sie davon ab, zu häufig davon zu rauchen.
Doch dann hatte sich Benny zu ihr gesellt, mit einer »speziellen« Zigarette, die ihr Alan St. Girard gezaubert hatte (dank der »Kräuter«-Farm seiner Eltern in Vermont). Jetzt surrten ihr die Gedanken losgelöst durch den Kopf, gingen auf Wanderschaft, und Gefühle wallten hoch und wollten sie schier überrollen.
»So schlimm ist es gar nicht.« Callie legte sich auf ihr Bett und schloss die Augen. Sie wünschte, die ganze Welt würde verschwinden und sie würde allein sein, ausgestreckt auf einem heißen Sandstrand. Die Sonne würde ihr auf die nackte Haut brennen und statt Benny Cunninghams anzüglichen Bemerkungen würde sie nur das Rauschen der Wellen hören.
»Ach nein?«, fragte Benny in unschuldigem Tonfall und betrachtete sich im Spiegel. Sie trug ein Thermo-Top von Fresh mit einem knallbunten Kolibri auf der Brust, dazu einen weißen Mini-Jeansrock, den sie aus dem Schrank einer Zwölftklässlerin aus der zweiten Etage geborgt hatte. Ihr akkurat gescheiteltes braunes Haar hatte sie zu zwei Heidi-Zöpfen geflochten. Sie hatte sich wohl den Ich-bindas-brave-Mädchen-von-nebenan-Look geben wollen. »Es hat aber ganz so ausgesehen.«
»Lass mich verdammt noch mal in Ruhe.« Callie stützte sich auf die Ellbogen. Es gefiel ihr, dass der Bund ihrer eng anliegenden Jeans nicht mal ihren Bauch berührte. »Ein Freund wird einem nicht einfach gestohlen. Das ist nur eine bequeme Ausrede, damit sich die Leute nicht den Vorwurf machen müssen, dass sie Probleme hatten in ihrer Beziehung.«
Benny drehte sich um, um ihren Hintern im Spiegel zu betrachten, und lächelte ihrem Spiegelbild zu. »Komm schon, Callie. Jeder hat gesehen, wie sie sich an ihn rangemacht hat.«
»Quatsch.«
»Kein Quatsch. Sie war vom ersten Tag an wie der Teufel hinter ihm her!«
»Ich hab die beiden gebeten, miteinander zu flirten … damit ich keinen Ärger bekomme.« Das war der dümmste Fehler ihres Lebens gewesen, dicht gefolgt von ihrer Rumknutscherei, ähem, der zweimaligen Rumknutscherei mit Heath Ferro.
»Ja und? Du wolltest, dass sie miteinander flirten. Und nicht, dass sie sich ineinander verlieben!« Benny schnappte sich Callies DuWop Lip Venom und verteilte es, ohne zu fragen, auf ihren vollen Lippen.
Callie schüttelte den Kopf. Sie meinte das, was sie sagte, wirklich ernst. »Du kapierst es nicht. Man kann sich nicht mir nichts, dir nichts zwischen zwei Leute drängen, wenn es in deren Beziehung stimmt.« Sie rieb sich die Augen. »Es hat nicht mehr gestimmt zwischen Easy und mir. Das war alles.«
Benny ließ sich nicht beeindrucken. »Wie reif und weise von dir.«
Callie seufzte. Sie hatte mächtig mit sich gerungen, um zu dieser Einsicht zu kommen. Eine ganze Weile war sie wütend auf Jenny gewesen. Es war kinderleicht, die Schuld auf Jennys hüpfenden Busen oder ihre liebenswürdige Art zu schieben, aber das kam ihr jetzt nur noch albern vor. Wenn Easy noch in sie verliebt gewesen wäre, hätte niemand ihn von ihr trennen können. Und das war am schwersten zu akzeptieren gewesen. »Wie auch immer. Es ist hart.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Er fehlt mir.«
»Oh Süße.« Benny drehte sich um. »Soll ich dich mal drücken?«
Bloß nicht! Callie brachte sich vor Bennys Vertraulichkeiten in Sicherheit und trat an das halb geöffnete Fenster. Benny ging ihr allmählich auf die Nerven. Sie brauchte neue Freunde. »Warum gehst du nicht nach unten? Ich komme gleich nach.«
»Brauchst du nicht noch ein bisschen Seelenmassage?«
»Mach jetzt die Fliege!« Callie musste fast lachen. Bei Benny half mitunter nur die Holzhammer-Methode. Sie nahm einen manchmal einfach nicht ernst, besonders nach einem Joint. »Ich muss noch andere Schuhe raussuchen.«
»Ich reservier dir ein Bier«, trällerte Benny, dann fiel die Tür ins Schloss.
Callie verzog das Gesicht. Was für ein Tag! Über Easy reden, an Easy denken – Himmel, das machte die Sache nicht leichter. Sie wollte mit der Easy-Walsh-Lovestory abschließen, wirklich. Aber seit dem Essen am Freitag, seit dem Blick, mit dem Easy sie angesehen hatte, da war eine klitzekleine Hoffnung aufgekeimt, dass sie vielleicht eine zweite Chance bekam. Und seine SMS gab ihr das Gefühl, sich nicht nur etwas einzubilden. War es
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