Wild und gefaehrlich
möglich, dass Easy sich vielleicht noch nicht endgültig entschieden hatte?
Sie wusste nicht, ob sie sich darauf freuen sollte, ihn zu sehen, oder eher nicht. Alles war so merkwürdig.
Eines wusste sie allerdings: dass diese drückenden Schuhe sie noch umbrachten. Und mit schmerzenden Füßen konnte niemand glücklich werden. Sie stand auf, humpelte zu ihrem Schrank und öffnete ihn.
»Huch!«, kreischte sie und wich zurück. Gleißendes Licht strahlte sie an. Was zum Teufel war das?
Auf dem Boden ihres Schrankes, auf dem ganzen Wirrwarr von Schuhen, von Bügeln gerutschten Kleidern und dem Beutel mit Schmutzwäsche saß jemand – eine Gestalt mit einem gelben Plastikhelm, an dem ein blendender Scheinwerfer befestigt war. Easy Walsh.
»Easy!«, stieß sie aus. »Was machst du denn hier, verdammt noch mal?« In Gedanken ging sie blitzschnell durch, mit welchen Infos sie Benny gefüttert hatte. Nichts, weswegen sie jetzt in Verlegenheit kommen konnte. Trotzdem merkte sie, wie sie rot wurde.
Unter dem Helm standen Easys Ohren ein wenig ab. »Ich versteck mich«, flüsterte er. Wie er da auf dem Boden kauerte, mit der lächerlichen Kopfbedeckung, sah er aus wie ein Kind. Wie ein Fünfjähriger, der das beste Versteck gefunden hatte und geduldig darauf wartete, dass ihn jemand fand.
Es war zwar nicht der einsame Strand, den Callie sich herbeigewünscht hatte, aber auf einmal wollte sie nirgendwo anders sein als da unten auf dem Boden ihres eigenen unaufgeräumten Schrankes, zusammen mit Easy Walsh.
Sie streifte ihre hochhackigen goldenen Sandalen ab und trat barfuß in den Schrank. Ihre Knie zitterten. Sie zog die Tür hinter sich zu und schmunzelte. Easy schob ein paar Sachen aus dem Weg und mühte sich, ihr einen Platz auf dem Boden freizuschaufeln. Sie glitt neben ihn.
»Du bist so ein Spinner«, sagte sie, als Easy mit den Händen eine Vogelfigur machte und sein Scheinwerfer den Schatten an die geschlossene Schranktür warf. Sie lachte, ein volles, tiefes Lachen, das direkt aus dem Bauch kam. Nur fünf Sekunden mit Easy und sie war so glücklich wie früher.
Easy schnupperte. »Hier drin riecht’s nach Mottenkugeln.«
Callie hielt die Hand vor die Augen. »Kannst du das Licht da abstellen? Es blendet nämlich ziemlich.«
Easy fummelte kurz an dem Helm herum, dann waren sie plötzlich in Dunkelheit getaucht. Es wurde stiller, als ob die Dunkelheit auch alle anderen Geräusche ausblendete. Callie hörte nicht mal mehr die Geräusche von der Party unten. Sie hörte nur noch ihren eigenen Atem.
Und den von Easy.
»Hi«, sagte er.
»Hi«, flüsterte sie. Dann lachte sie und er lachte auch. Es war so absurd. Callie spürte, wie sie der Saum eines Kleides an der Stirn kitzelte, und sie lachte noch mehr. Sie wollte die Zeit anhalten und für immer mit Easy hier drin in dem Schrank bleiben, nur sie beide, ohne jemand anderen, der ihnen im Weg sein würde. So war es perfekt.
Und als sie sich küssten, war es noch perfekter.
Eulen.Net
SMS-Eingang
BennyCunningham:
was zum teufel ist mit der party los?
RyanReynolds:
ist nicht’ne lehrerin aufgetaucht? lon und ich liegen unter dem bett von so’ner verrückten mieze und warten auf rettung.
BennyCunningham:
wie kuschelig... macht ein foto.
RyanReynolds:
vielleicht später, wenn du dazukommst.
BennyCunningham:
eine verantwortungsbewusste eule lässt ihre eulenfreunde nie im stich.
RyanReynolds:
was für ein segen.
22 Waverly-Eulen nehmen Hygiene äußerst wichtig
Als sich das Gerücht verbreitete, dass möglicherweise eine Lehrkraft in Dumbarton eingedrungen war, wollte sich Tinsley gerade zu Brandon und Julian gesellen, um ihnen nochmals für den schönen Abend zu danken. Es war in der Tat eine Belohnung, zu einem schicken Essen ausgeführt zu werden, während die anderen armen Seelen aus dem Wohnhaus vor dem Fernseher festsaßen und sich mit Wiederholungen von Friends begnügen mussten. Tinsley hatte das Gefühl, gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen zu haben: Erstens war Marymount ihr dankbar, dass sie den Mund über die peinliche Hausarrest-Geschichte gehalten hatte (sie hatte ihn also noch mehr im Sack); zweitens war es ungeheuer anregend gewesen, mit Julian zu flirten – ja, es hatte sogar seinen Reiz gehabt, den langweiligen alten Brandon etwas aufzumischen, der anscheinend ebenfalls Gefallen daran hatte; und drittens hatte sie die leckerste Crème brûlée im ländlichen
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