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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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hatte er gemeint, sie sollten sich nicht wie Mädchen an den Haaren ziehen. Rasch erfuhr sie, wie die Jungen einen heftigen Schlag mit der Faust landeten – sehr zum Entsetzen ihrer Mutter. Fortan konnte Virginia nicht nur tüchtig zulangen, sie konnte darüber hinaus mit einem Jagdgewehr einen Flaschenhals auf eine Entfernung von fünfzig Fuß treffen. Jetzt blieb sie so dicht vor Sarah stehen, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten – dafür musste Virginia sich allerdings auf die Zehenspitzen stellen.
    „Tanzen ist für törichte Gänse wie dich“, rief sie, „und eigentlich müsstest du törichte Tanzgans Sarah heißen!“
    Sarah blieb vor Empörung die Luft weg. Unwillkürlich wich sie mit geweiteten Augen zurück. Doch dann brach sich ihr Zorn Bahn. „Signor Rossini! Haben Sie gehört, was diese Landpomeranze zu mir gesagt hat?“
    Virginia reckte ihr Kinn noch ein wenig höher empor. „Diese Landpomeranze besitzt eine ganze Plantage – fünftausend Acre. Und wenn ich richtig rechne – was mir nicht schwerfällt –, so macht mich das viel reicher als dich, Miss Törichtgans!“
    „Du bist ja bloß neidisch“, zischte Sarah, „weil du dürr und hässlich bist und dich niemand haben will... und genau deshalb bist du ja hier!“
    Virginia war wie vor den Kopf gestoßen und verspürte einen schmerzhaften Stich, denn Sarah hatte die Wahrheit gesagt. Niemand wollte sie, sie war allein, und großer Gott, wie das schmerzte!
    Sarah merkte schnell, dass diese Worte ihre Wirkung nicht verfehlten. Sie lächelte süßlich. „Alle wissen, dass du hierhergeschickt wurdest, bis du volljährig bist! Und das bist du erst in drei Jahren, Miss Hughes. Du wirst alt und faltig sein, bevor du wieder auf deine Farm zurückkehren darfst!“
    „Das reicht jetzt“, mischte sich Signor Rossini ein. „Wenn beide Damen jetzt so freundlich wären, zu mir zu ...“
    Virginia hörte die restlichen Worte gar nicht mehr, denn sie stürmte bereits aus dem Tanzsaal, das Gekicher der Mädchen noch in den Ohren. Sie hasste Sarah und die anderen Mädchen, sie hasste den Tanzlehrer, die ganze Schule und sogar ihre Eltern ... Wieso waren sie von ihr gegangen? Warum nur?
    In der Eingangshalle sank sie verzweifelt zu Boden, zog ihre dünnen Knie an und hoffte inständig, der Schmerz möge nachlassen. Sie hasste sogar Gott, denn schließlich hatte er ihr die Eltern genommen, in jener furchtbaren verregneten Nacht im letzten Herbst. „Oh, Papa“, wisperte sie an ihren Knien. „Ich vermisse dich so.“
    Sie wusste, dass sie jetzt nicht weinen durfte. Lieber würde sie sterben, als sich ihre Tränen anmerken zu lassen. Aber nie hatte sie sich so verlassen und einsam gefühlt. An sonnigen Tagen war sie mit ihrem Vater über die Plantage geritten, des Abends hatte sie vor dem Kamin gesessen, während ihre Mutter sich der Handarbeit widmete und ihr Vater las. Auf der Plantage wohnten viele Sklaven, und von klein auf kannte sie alle mit Namen. Sie dachte an Tillie, ihre beste Freundin auf der ganzen Welt. Es hatte Virginia nie gestört, dass das Mädchen eine schwarze Haussklavin und zwei Jahre älter als sie selbst war. Nun schlang sie die Arme um die angezogenen Knie, versuchte ihren Atem zu beruhigen und blinzelte die Tränen fort. Es dauerte lange, ehe sie ihre Fassung zurückgewann.
    Sie setzte sich aufrecht hin. Was hatte Sarah da eben gesagt? Sie, Virginia, müsse bis zur Volljährigkeit in der Schule ausharren? Aber das war undenkbar! Sie war gerade mal achtzehn geworden, und das bedeutete, dass sie weitere drei Jahre in diesem furchtbaren Gefängnis aushalten musste.
    Langsam erhob sie sich, wobei sie sich nicht die Mühe machte, den Staub von ihren schwarzen Röcken zu klopfen. Sie trug Trauerkleidung. Sechs Monate war es nun her, dass ihre Eltern bei einem tragischen Kutschenunfall gestorben waren, und obgleich die Schulleiterin angemahnt hatte, die Zeit der Trauer sei nun vorüber, hatte Virginia sich vehement geweigert, die schwarze Kleidung abzulegen. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, für immer um ihre Eltern zu trauern. Nach wie vor konnte sie nicht verstehen, warum Gott sie hatte sterben lassen.
    Doch gewiss wusste diese Hexe Sarah Lewis gar nicht, was sie sagte.
    Innerlich aufgewühlt eilte Virginia über den Dielenboden der Halle. Ihr einziger naher Verwandter war ihr Onkel Harald Hughes, der Earl of Eastleigh. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte er ihr schriftlich sein Beileid ausgesprochen und in seiner Funktion als

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