Wild wie das Meer (German Edition)
gemacht. Geht es dir gut?“
Virginia erhob sich. „Ich habe Kopfschmerzen, aber die gehen vorüber“, sagte sie knapp.
Mary lächelte. „Darf ich hereinkommen?“
Virginia blieb nichts anderes übrig, als zu nicken.
Behutsam schloss Mary die Tür und kam auf Virginia zu. Ihr Blick war forschend und besorgt. „Wie fühlst du dich, meine Liebe?“
„Ich nehme an, ich habe eine leichte Grippe“, erwiderte sie und fürchtete sich vor dem Gespräch, das ihr nun unweigerlich bevorstand.
Mary sah ihr in die Augen. „Ich habe gehört, dass mein Sohn offen mit dir zusammenlebt.“
Virginia errötete. „Sie sind sehr direkt, Mylady.“
„Ich bin zutiefst beschämt“, entgegnete Mary. „Ich habe Devlin so erzogen, dass er Recht von Unrecht zu unterscheiden weiß und Frauen mit Respekt begegnet.“
Virginia wich zurück.
„Er hat dich furchtbar schlecht behandelt, fürchte ich“, sagte Mary.
Großer Gott, der Kummer kehrte mit aller Macht zurück und drückte schwer auf ihr Herz. Virginia wandte sich ab.
„Ich bin wahrlich zornig auf ihn“, fuhr die Countess fort. „Er hat deine Gefühle verletzt, aber ich möchte wissen, ob er dir noch in anderer Weise wehgetan hat.“
Virginia wirbelte erschrocken herum. „Dazu will ich nichts sagen!“, rief sie.
„Ich glaube, ich habe genug erfahren“, sagte Mary sanft, kam näher und umarmte Virginia. „Ich mag dich ... meine Tochter.“
Virginia zuckte zusammen. „Was haben Sie da eben gesagt?“
Mary lächelte und strich Virginia einige Locken aus der Stirn. „Ich habe dich Tochter genannt.“
Virginia schüttelte sprachlos den Kopf.
„Denn du wirst meine Tochter sein, schon recht bald. Edward und ich, wir haben lange darüber gesprochen. Doch wir waren uns beide rasch einig. Mein Sohn wird tun, was sich gehört.“
Ungläubig wich Virginia zurück. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt.
„Er wird dich heiraten, Virginia. Und er wird dir den Respekt entgegenbringen, den ein Mann seiner Frau schuldet. Daran habe ich keinen Zweifel“, bekräftigte Mary. „Edward spricht gerade mit ihm.“ Sie lächelte wieder und wartete offenbar darauf, dass Virginia ihre Erleichterung zum Ausdruck bringen würde.
Doch Virginia war einen langen Augenblick nicht in der Lage zu sprechen. Sie traute ihren Ohren nicht. Für einen kurzen Moment sah sie sich in einem Hochzeitskleid und Devlin in seiner Uniform; gemeinsam standen sie vor dem Geistlichen. Dann verdrängte sie das verlockende Bild aus ihren Gedanken. Schließlich brachte sie heiser hervor: „Haben Sie Dank, Mylady.“
„Komm, gehen wir nach unten“, sagte Mary und legte den Arm um Virginias Schulter.
Virginia versteifte sich. „Ich fürchte, in meiner jetzigen Verfassung gebe ich eine furchtbar schlechte Figur bei Tisch ab.“
Mary küsste sie auf die Stirn. „Das verstehe ich. Soll ich dir eine leichte Mahlzeit nach oben bringen lassen?“
Virginia mied den Blick der Countess. „Ja“, wisperte sie.
„Alles wird sich zum Guten wenden, dessen bin ich mir sicher“, sprach Mary.
Virginia war nicht in der Lage zu nicken. Mary verließ den Raum und schloss leise die Tür. Virginia sank auf einen Stuhl.
Nichts würde sich zum Guten wenden, denn es war einfach zu spät. Sie würde Devlin nicht heiraten, auch dann nicht, wenn er der letzte Mann auf Erden wäre.
Devlin bot seinem Stiefvater ein Glas Rotwein an und nahm dann neben dem Earl in einem Lehnstuhl Platz. Edward nippte an dem Glas und sagte: „Der schmeckt ganz ausgezeichnet.“
„Ja, in der Tat“, erwiderte Devlin und warf einen flüchtigen Blick auf die Salontür, die offen stand. Aber seine Mutter und Virginia kamen nicht. Seit dem unerfreulichen Gespräch in der Bibliothek hatte er Virginia nicht mehr zu Gesicht bekommen, und er konnte nicht leugnen, dass er sie jetzt gerne gesehen hätte. Er hoffte aufrichtig, dass sie sich inzwischen von der Begegnung erholt hatte.
„Wie ich gehört habe, hast du neue Befehle erhalten“, merkte Edward an, stellte das Glas ab und streckte die langen Beine aus.
„Ja, ich steche in zwei Wochen in See. Ich soll in den Krieg gegen die Vereinigten Staaten eingreifen“, sagte Devlin.
Edward nickte ernst. „Ist das nicht widersinnig? Da erringen wir Siege in den kanadischen Territorien, obwohl wir uns einer Übermacht gegenübersehen, und dann diese Verluste auf hoher See, obwohl wir über die stärkste Flotte der Welt gebieten?“
„Die Amerikaner sind zäh und entschlossen“, erwiderte
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