Wild wie das Meer (German Edition)
doch alles anders ... oder etwa nicht?“ Sie betete, ihre Tränen zurückhalten zu können.
Er schaute sie nicht an und goss sich einen Whiskey ein. Zitterten seine Hände etwa? „Ich muss dich freilassen, daran hat sich nichts geändert.“
Virginia war am Boden zerstört. „Aber“, setzte sie erneut an, „aber letzte Nacht haben wir uns doch geliebt.“
Er warf ihr einen warnenden Blick zu. „Lass das“, sagte er.
Virginia erhob sich mit zittrigen Knien und klammerte sich im Aufstehen an die Tischplatte. „Ich weiß es“, betonte sie eigensinnig.
Jetzt sah er zu ihr herüber, und seine Züge waren verhärtet. „Ich will dir nicht wieder wehtun, Virginia.“
„Aber genau das tust du!“, rief sie verzweifelt.
„Warum verlangst du immer das Unmögliche von mir?“, entgegnete er aufgebracht. „Warum belassen wir es nicht dabei? Ich bringe dich zurück nach Sweet Briar. Das ist doch, was du immer wolltest!“
Entgeistert starrte sie ihn an, und ihr Herz, das so viel hatte ertragen müssen, schien in tausend Stücke zu zerspringen. „Das ist nicht, was ich will“, wisperte sie mit bebender Stimme.
Er versteifte sich und war wirklich erzürnt. „Verlange nicht etwas von mir, was ich dir nicht geben kann und will.“
Die Tränen brachen sich Bahn. Sie vermochte sie nicht aufzuhalten. Sie blinzelte, und mit dem Schmerz stellte sich ein Gefühl ein, das Hass gleichkam. „Also hat dir die letzte Nacht ... nichts bedeutet.“
Er straffte die Schultern. „Ich hatte meinen Spaß, Virginia, ebenso wie du. Aber es bedeutet nichts.“
Sie schrie verzweifelt auf, und hätte sie vor ihm gestanden, hätte sie ihm eine schallende Ohrfeige versetzt.
„Wie sich zeigt, hätte ich mich letzte Nacht doch nicht von meiner Leidenschaft leiten lassen dürfen. Du bist einfach zu jung und zu unschuldig, um die Männer zu verstehen, Virginia – ich bin nur ein Mann, und kein romantisch veranlagter. Es tut mir leid. Es tut mir aufrichtig leid, wenn du geglaubt hast, die Stunden der vergangenen Nacht bedeuteten etwas. Jetzt muss ich mich sofort um die Belange meiner Mannschaft kümmern.“ Abrupt wandte er sich von ihr ab und schritt zur Tür.
Mühsam hielt sie sich auf den Beinen. Ihre eigene Stimme klang mit einem Mal kalt in ihren Ohren. „Es ist merkwürdig“, sagte sie harsch.
Er blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um.
„Es heißt, Liebe und Hass seien zwei Seiten ein und derselben Münze. Bislang habe ich das nicht verstanden.“
Er versteifte sich – und schaute zu ihr zurück.
Ihr Lächeln war kalt und freudlos. „Letzte Nacht habe ich mich dir in Liebe und Freude hingegeben.“
Er starrte sie an, und seine Miene war ausdruckslos.
„Heute ist nur der Hass geblieben.“ Die harten Worte waren kaum an ihre Ohren gedrungen, da bereute sie sie schon – sie hasste sich selbst für dieses harte Bekenntnis.
Er verzog den Mund und verbeugte sich. „Das steht dir zu. Wünsche einen guten Tag, Virginia.“ Und damit verließ er den Raum.
21. KAPITEL
W as, zum Teufel, ist vorgefallen?“, herrschte der Earl of Eastleigh seinen jüngeren Sohn an.
Tom Hughes lag im Bett, sein Brustkorb und ein Arm waren bandagiert. Ein Diener trug soeben das Tablett mit dem Frühstück aus dem Raum. „Mein Kopf dröhnt, Vater. Könntest du bitte aufhören zu schreien?“, sagte er.
Eastleigh maß ihn mit funkelndem Blick. „Ich habe dich nicht angeschrien.“
Neben ihm stand William mit blassem Gesicht. „Das ist einfach unerträglich.“
„Sei still.“ Eastleigh betrachtete seinen jüngeren Sohn. „Wie schlimm bist du verletzt?“
„Werde es überleben“, brachte Tom angestrengt hervor.
„Wir können das nicht länger hinnehmen!“, rief William empört. „Er stellt unsere Cousine in Hampshire zur Schau, brüstet sich mit der Liaison und ruiniert ihren guten Ruf. Dadurch hat er den Namen unserer ganzen Familie in den Schmutz gezogen! Kürzlich hat Lord Livingston meine Gemahlin nicht empfangen. Cecily war dort immer zu Besuch – Lady Livingston liebt meine Cecily! Aber nun stellt sich heraus, dass die Freunde sich von einem abwenden, denn schließlich haben wir eine Hure in der Familie! Das ist unerträglich. Das muss aufhören!“
„Ich gebe zu, dass ich nie damit gerechnet hätte, dass er sie zur Soiree der Carews mitbringen würde.“ Tom war angewidert.
„Und da musstest du unbedingt Streit mit ihm suchen?“, fragte Eastleigh mit eisigem Ton.
„Er hat mich angegriffen“, setzte Tom
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