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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Innern.
    Wie war es nur so weit gekommen?, dachte sie erschrocken. Die Erklärung war einfach, denn sie vermutete sofort, dass er nach dem Sturm genau wie sie in die Kajüte getaumelt und gleich ins Bett gefallen war – zu müde, um wahrzunehmen, dass sie schon dort lag. Doch diese Erklärung konnte ihr Unbehagen nicht lindern. Tatsächlich nahm ihre Unruhe noch zu.
    Plötzlich kam sie zu einer beängstigenden Einsicht.
    Seine Hand lag vorsichtig auf ihrer Taille.
    Nicht schlaff und entspannt wie im Schlaf, sondern bewusst dort platziert.
    Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen und klopfte dann stürmisch in ihrer Brust. Er schlief nicht. Sie würde ihr Leben darauf verwetten.
    Daher beschloss sie, Schlaf vorzutäuschen, bis er das Bett verließ. Aber ihr Herz schlug noch heftiger, als sie spürte, dass seine Hand sich fester um ihre Taille schloss. Virginia wandte sich abrupt um und sah in zwei leuchtende silbergraue Augen und das Gesicht eines Erzengels. Sie schauten einander an.
    Reglos blieb sie liegen, wagte nicht zu atmen und wusste nicht, was sie in diesem Moment Kluges sagen sollte.
    Dann wanderte sein Blick zu ihrer Schläfe, die, wie sie erst jetzt merkte, arg schmerzte. „Geht es Ihnen gut?“, fragte er und blieb ebenso unbeweglich liegen. Langsam ließ er seinen Blick zu ihrem Mund gleiten, wo er einen Moment verharrte, bevor er ihr wieder in die Augen sah.
    Sein Blick war wie eine seidige Liebkosung.
    „Ich ...“ Sie unterbrach sich, unfähig, einen Satz zu formen. Sie konnte nicht anders, sie musste ihm in die Augen sehen. Sein Gesicht war furchtbar dicht vor ihrem. Er hatte feste, unbewegliche Lippen. Ihr Blick huschte zurück zu dem Silbergrau seiner Augen. Seine Miene war ausdruckslos, wie in Stein gehauen und undurchdringlich, aber seine Augen schienen zu leuchten.
    Sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn sein harter Mund weicher würde und ihre Lippen berührte. „Sie haben mir das Leben gerettet“, flüsterte sie nervös. „Haben Sie Dank.“
    Seine Wangenpartie zuckte. Er war im Begriff, aus dem Bett zu steigen.
    Da ergriff sie die Hand, die auf ihrer Taille geruht hatte. „Sie haben das Schiff gerettet, die Mannschaft. Ich habe gesehen, was Sie vollbracht haben. Ich habe Sie dort oben gesehen.“
    „Sie sind in meinem Bett, Virginia, und sofern Sie nicht den Wunsch verspüren, noch länger hier mit mir zu verweilen und Ihre Jugend ganz hinter sich zu lassen, so schlage ich vor, dass Sie mich jetzt aufstehen lassen.“
    Sie verharrte still. Ein Wirbel von Gedanken schoss ihr durch den Kopf. Ihr Leib sehnte sich nach seiner Berührung, sie wusste es. Es wäre töricht, dieses Verlangen zu leugnen. Irgendwie hatte die heldenhafte Tat der vergangenen Nacht alles verändert. Dennoch, er war im Begriff aufzustehen, auch wenn sie ihn am Handgelenk zurückhielt. Sie merkte, dass sie wieder auf seinen Mund schaute. Sie war noch nie geküsst worden.
    Abrupt erhob er sich vom Bett, und bevor sie etwas sagen konnte, war er fort.
    Virginia setzte sich langsam auf und schaute ihm benommen nach.
    Es stellte sich keine Erleichterung ein. Stattdessen befand sie sich in einem Strudel der Verwirrung, und noch beunruhigender war, dass sie Enttäuschung verspürte.
    Virginia blieb im Bett sitzen und war sich bewusst, was sie beinahe getan hätte.
    Sie war unmittelbar davor gewesen, den Mann zu küssen, der sie gefangen hielt – sie hatte sich den Kuss sogar gewünscht.
    Panik überkam sie, und sie sprang aus dem Bett, als es an der Tür klopfte. O’Neill klopfte nie an, daher rief sie ein wenig ungehalten: „Wer ist da?“
    „Gus. Der Captain hat mir aufgetragen, Ihnen Badewasser zu bringen.“
    „Herein“, sagte sie mit belegter Stimme und wandte sich ab. O’Neill war der Feind. Er hatte sie gegen ihren Willen von Bord der „Americana“ geholt, in einem Akt unerhörter Habgier. Selbst jetzt hielt er sie noch gegen ihren Willen fest. Er stand zwischen ihr und Sweet Briar. Wie hatte sie sich auch nur einen Augenblick dem Begehren hingeben können, seine Berührung und seinen Kuss zu spüren?
    Gus trat ein, gefolgt von zwei Matrosen, die Eimer mit heißem Wasser schleppten. Er stellte einen Krug mit frischem Wasser auf den Tisch, sah sie indes nicht an. Die anderen beiden taten ebenfalls so, als sei sie unsichtbar, während sie die Wanne mit dampfendem Wasser füllten.
    Wie aufmerksam, dachte sie und ärgerte sich mit einem Mal über den Kapitän – und über sich selbst.

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