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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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gespült worden wäre, wenn er sie nicht gerettet hätte.
    Die Hände an die Reling geklammert, schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht in die warme Maisonne. Doch im Innern war sie zutiefst erschüttert. Vergangene Nacht wäre sie um ein Haar gestorben. Eine Erfahrung, die sich hoffentlich nicht wiederholen würde.
    Wie von selbst schlich sich die Erinnerung an seine starken Arme in ihre Gedanken. Erneut durchlebte sie, wie es sich angefühlt hatte, eng an seiner männlichen Brust zu sein. Virginia stand unbeweglich da, öffnete die Augen und ermahnte sich einmal mehr, dass er ihr Gegner war, und das würde sich niemals ändern – nicht, solange er sie nicht freigab.
    „Ein herrlicher Frühlingstag“, vernahm sie eine ihr unbekannte, freundliche Stimme hinter sich.
    Erschrocken fuhr Virginia herum.
    Ein untersetzter Mann mit gelocktem grauen Haar und lustigen braunen Augen lächelte sie an. Er trug eine braune Wolljacke, Kniehosen und Strümpfe – er hätte ebenso gut auf den Straßen Richmonds wandeln können, allerdings hätten dazu noch ein Hut, ein Spazierstock und Handschuhe gefehlt. „Ich bin Jack Harvey, der Schiffsarzt“, sprach er und verneigte sich höflich vor ihr.
    Sie lächelte unsicher, spürte aber, dass er ein herzlicher Mensch war – anders als sein Vorgesetzter. „Ich heiße Virginia Hughes“, stellte sie sich vor.
    „Ich weiß.“ Sein Lächeln war breit. „Jeder weiß, wer Sie sind, Miss Hughes. Auf einem Schiff gibt es keine Geheimnisse.“
    Virginia nahm das zur Kenntnis und warf einen flüchtigen Blick auf O’Neill. Er schien ihr an Deck keinerlei Beachtung zu schenken, denn er drehte ihr nach wie vor den Rücken zu.
    „Wie fühlen Sie sich?“, fragte Mr. Harvey. „Soll ich mir Ihre Verletzung an der Schläfe ansehen?“
    „Die Stelle ist noch sehr wund“, räumte sie ein und sah dem Mann in die Augen. „Ich fühle mich so, wie man sich eben in einer solchen Lage fühlt, Sir. Ich bin noch nie entführt worden.“
    Mr. Harvey erwiderte den Blick und schnitt eine Grimasse. „Nun, Sie sollten wissen, dass dies auch für Captain O’Neill die erste Entführung ist. Er hat zwar schon zuvor Geiseln genommen, aber niemals Frauen oder Kinder.“
    „Wie beruhigend, eine Ausnahme zu sein“, entgegnete sie verbittert.
    „Hat er Ihnen wehgetan?“, fragte der Arzt unvermittelt.
    Sie zuckte zusammen und starrte ihn an. Die Erinnerung zauberte ihr das Bild seines silbergrauen Blicks vor Augen, als sie sich im Bett zu ihm umgedreht hatte. Sie zögerte.
    „Sie sind sehr schön“, füllte Mr. Harvey die Gesprächspause. „Ich habe noch nie so außergewöhnliche Augen gesehen. Ich kann es nicht gutheißen, dass O’Neill die Kajüte mit Ihnen teilt.“
    Hatte sie in dem Schiffsarzt etwa einen Verbündeten? Sie sog scharf die Luft ein, in ihrem Kopf arbeitete es. Dann presste sie absichtlich einige Tränen hervor – ein Kunststück, das sie noch nie angewandt hatte. „Ich habe um Gnade gefleht“, wisperte sie. „Ich habe ihm gesagt, dass ich eine junge, unschuldige und wehrlose Frau bin.“ Sie stockte, als könne sie nicht mehr weitersprechen.
    Mr. Harvey bekam vor Schreck ganz große Augen. „Das ist ja unglaublich! Der Bastard ... hat Sie verführt?“
    Er würde ihr Verbündeter sein, sie konnte es spüren. „Verführt? Ich fürchte, das ist nicht die richtige Bezeichnung.“
    Der Arzt erbleichte. „Ich werde dafür sorgen, dass er woanders nächtigt“, sagte er schroff. Über die Schulter warf er einen Blick auf O’Neill, der nach wie vor mit dem Rücken zu ihnen stand und den Bug im Blick hatte. „Das macht natürlich nicht ungeschehen, was er getan hat“, fügte er hinzu, offensichtlich bestürzt. „Miss Hughes, es tut mir leid. Sie sind eine Dame, und offen gestanden, dies widerspricht dem Charakter des Captains.“
    Jetzt war sie sich sicher, den Mann für sich gewonnen zu haben. Sie gab vor, Tränen fortzuwischen, und sorgte dafür, dass ihre Hände zitterten. „Sehen Sie, ich habe dringende Geschäfte in London zu erledigen. Mein ganzes Leben hängt davon ab, und jetzt ... jetzt bezweifele ich, dass ich die missliche Lage noch allein zu bewältigen vermag. Sind Sie sein Freund?“, fragte sie, ohne über die Frage nachzudenken.
    Er sah sie unverwandt an und wurde nachdenklich. „Devlin ist ein sonderbarer Bursche. Er hält Abstand zu allen. Man weiß nie, was er gerade denkt, was er vorhat. Ich bin seit drei Jahren auf seinem Schiff, und in dieser Zeit

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