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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Lucien setzte sich auf, wobei sich der Glanz bösartiger Neugier in seinen Augen noch verstärkte.
    »Es steht unumstößlich fest, daß ich sie morgen entführe«, sagt George mit fast monoton klingender Stimme, als ob er eine sorgfältig gelernte Lektion herunterleierte. »Eine geschlossene Kutsche wird bereitstehen, und wir bringen sie dann sofort nach Winchester. Die Forsetts werden gezwungen sein, sie zu identifizieren, wenn die Richter es verlangen. Und es gibt genügend andere Leute in der Nachbarschaft, die sie auf der Stelle wiedererkennen. Diesmal wird sie sich nicht zu diesem
Teufel
flüchten können, und sobald sie im Gefängnis von Winchester hinter Schloß und Riegel sitzt, kann keine Macht der Welt sie mehr retten.«
    Lucien zupfte nachdenklich an seinem Ohrläppchen. »Irgend etwas scheint Sie aufgerüttelt zu haben, mein guter Junge… Ah, Dick! Bring uns noch eine Flasche von dem magenwändezerfressenden Cognac.«
    »Glaub' nicht, daß noch welcher da ist«, brummte der mißmutige Diener.
    »Dann geh los und kauf welchen!«
    »Womit denn, M'lord?« Dicks Stimme überschlug sich förmlich.
    »Hier.« George fischte einen Geldschein aus seiner Tasche und drückte ihn dem Diener in die Hand.
    »Ah, fabelhaft!« bemerkte Lucien anerkennend. »Na los, beweg dich, du Nichtsnutz. Ich bin so ausgetrocknet wie die Titten einer Hexe.«
    Dick schniefte, steckte den Schein ein und verschwand.
    »Unverschämter Dreckskerl«, schnauzte Lucien ihm nach. »Bleibt nur noch hier, weil ich ihm seit sechs Monaten keinen Lohn mehr bezahlt habe, und er weiß, wenn er geht, bevor ich tot bin, kriegt er keinen Penny zu sehen. Also«, fuhr er mit einem tückischen Blick auf seinen Gesprächspartner fort, »warum auf einmal solche Eile wegen dieser Entführung?«
    George hatte nicht die Absicht, seinem boshaften Partner zu enthüllen, was der Herzog ihm angetan hatte. Er zuckte die Achseln, unterdrückte ein Aufstöhnen und erklärte: »Ich habe ein Landgut, um das ich mich kümmern muß und kann nicht mehr lange hier herumsitzen. Aber ich brauche Ihre Hilfe.«
    Lucien nickte. »Welches Angebot unterbreiten Sie mir diesbezüglich, mein lieber Freund?«
    George machte ein verblüfftes Gesicht. Er war davon ausgegangen, daß Luciens eigenes Rachebedürfnis Ansporn genug für ihn wäre. »Sie werden sie in Ihrer Gewalt haben«, versicherte er, »und können Juliana als erster übernehmen… so lange Sie wollen.«
    Er wunderte sich über den Ausdruck des Widerwillens, der in das Gesicht des Viscounts trat.
    »Ich will sie loswerden, Mann. Nicht sie
haben«,
erklärte Lucien voller Abscheu. »Bitte begreifen Sie das doch endlich. Sie sorgen dafür, daß sie wegen Mordes vor Gericht gestellt wird. Ich werde sie verstoßen. Tarquin ist hilflos und zutiefst gedemütigt, das Mädchen vernichtet. Aber ich frage Sie noch einmal, was bieten Sie mir als Gegenleistung für meine Hilfe?«
    Georges Verwirrung verstärkte sich noch. »Ist das denn nicht genug?«
    Lucien schnaubte verächtlich. »Verdammt und zugenäht, Mann! Sie werden tausend Guineen dafür hinblättern. Ich denke, erst das wäre eine angemessene Vergütung. Kommt natürlich darauf an, was Sie im Sinn haben.« Er lehnte sich zurück und schlug mit einem lässigen Grinsen die Beine übereinander.
    Den Bruchteil einer Sekunde kämpfte George mit sich. Er konnte tausend Guineen flüssig machen, obwohl es ihm gegen den Strich ging, sie diesem verabscheuungswürdigen, grinsenden Reptil in den Rachen zu werfen. Aber er war nun einmal auf die Mitwirkung des Viscounts angewiesen.
    »Sie müssen mir helfen, Juliana aus dem Haus zu schaffen«, sagte er. »Wir werden uns unter das Dach des Herzogs einschleichen und sie entführen.«
    »Großer Gott!« Lucien starrte ihn an, zum ersten Mal aus seiner trägen, zynischen Belustigung aufgeschreckt. »Und wie sollen wir das Ihrer Ansicht nach bewerkstelligen?«
    »Mitten in der Nacht, wenn alle Bewohner schlafen. Wir gehen in ihr Zimmer, überwältigen sie in ihrem Bett, und wir tragen sie hinaus.« George sprach mit der ungetrübten Zuversicht eines engagierten Mannes. »Sie werden wissen, wo ihr Schlafzimmer liegt und wie man unbemerkt in das Haus gelangt!«
    »Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich ein solches Wunder vollbringen könnte?« fragte Lucien mit gesenkten Lidern.
    »Ich weiß, daß Sie es können«, erwiderte George störrisch. »Sie haben in dem Haus gelebt und besitzen doch sicherlich einen Schlüssel.«
    Lucien fuhr fort,

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