Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
Indigo das Schweigen. Sie rannten durch den Wald, der Ort war auch mit den geländegängigsten Fahrzeugen nicht zu erreichen.
Jede Sekunde zählte, wenn sie Silvia retten wollten, deshalb schafften sie die Strecke in weniger als der Hälfte der üblichen Zeit. Sie legten die Ausrüstung ein paar Meter vor dem Abhang auf einen Haufen, und Indigo schob sich auf dem Bauch bis zu der Stelle vor, wo der Felsen weggebrochen war. Wie alle Gestaltwandler verfügte sie über sehr gute Augen, dennoch konnte sie, wie Brace schon gesagt hatte, gerade noch die hellblauen Jeans und die rote Jacke der bewegungslosen Gestalt auf einem Vorsprung mehrere hundert Meter weiter unten erkennen. Die Beine schienen in einem unnatürlichen Winkel gekrümmt zu sein.
Drew lugte neben ihr nach unten, sie wandte den Kopf. »Was meinst du?« Sie waren oft genug gemeinsam geklettert, er war ein fantastischer Bergsteiger.
»Einer von uns wird da hinunter müssen«, sagte er, sah sich um und zeigte auf eine kräftige Kiefer. »Dort können wir uns sichern und eine zweite Leine anbringen, um sie hochzuholen.«
Indigo nickte. Sie robbten beide zurück, und Indigo bat Sing-Liu, ihr den Gurt zu bringen. »Ich werde – «
Drew legte ihr eine Hand auf den Arm. »Der Abstieg ist verdammt gefährlich. Ich sollte gehen – hab mehr Erfahrung.«
Sein erster Satz hatte sie schon geärgert, aber sie schob ihn beiseite und konzentrierte sich darauf, praktische Gründe zu finden, warum sie die bessere Wahl war. »Wenn etwas schiefgeht, ist es leichter, jemanden mit meinem Gewicht hochzuziehen als dich.«
»Das klappt schon, wenn Tai, du und Sing-Liu gemeinsam anpacken – außerdem bin ich in Erster Hilfe besser ausgebildet, falls es nötig sein sollte.«
Seine Trainingseinheiten bei Lara hatte sie völlig vergessen. Zusammen mit der größeren Erfahrung im Klettern sprach das natürlich für ihn. Gerade wollte sie das zugeben, als er den Kopf schüttelte. »Diese Diskussion kostet zu viel Zeit. Sing-Liu, gib mir den Gurt.«
Das war wie ein Schlag ins Gesicht. »Ich bin die Offizierin«, erinnerte sie ihn eisig. »Hier gebe ich die Befehle.« Zum Teufel , dachte sie, kaum dass die Worte heraus waren, damit konnten sie sich später befassen, jetzt brauchte Silvia ihre Hilfe. »Und ich sage – «
Drew fuhr sie an, bevor sie den Satz beenden konnte. »Du bist Offizierin, aber ich bin ein erfahrener Rudelgefährte, es gibt verdammt noch mal keinen Grund, meine Meinung zu ignorieren, nur weil du halsstarrig daran festhältst, in mir nur einen rangniederen, jüngeren Mann zu sehen.«
Sie würde ganz bestimmt nicht diesen Kampf in aller Öffentlichkeit ausfechten. Wütend griff sie nach dem Gurt und warf ihn an seine Brust. »Dann mach dich fertig!«
Blitzschnell schnallte er sich den Gurt um, war aber immer noch aufgebracht. »Wenn wir nicht miteinander schlafen würden«, murrte er, »hättest du gleich von Anfang an auf mich gehört, statt den dilettantischen Versuch zu wagen, selbst zu gehen, nur um mir etwas zu beweisen.«
Indigo konnte sich nicht mehr beherrschen, sie knurrte, und ihre Krallen fuhren aus. Da trat Hawke zwischen den Bäumen hervor. »Schluss jetzt!«, befahl er. »Drew, du überprüfst deinen Gurt. Indigo, sollen wir lieber ein Stück gehen?«
Nur durch lebenslange Disziplin war sie in der Lage, die Wölfin zurückzuhalten. »Alles in Ordnung. Ich bringe das hier zu Ende.« Lara und Brace waren auch gerade angekommen. Es fachte Indigos Wut noch mehr an, dass die beiden ihre Zurechtweisung durch Hawke mitbekommen hatten, aber sie riss sich mit aller Kraft zusammen.
Drew kontrollierte schweigend den Gurt und steckte den Kopfhörer ins Ohr, Sing-Liu befestigte das Mikro an seinem Kragen. »Bin soweit.«
»Wir auch.« Indigo hatte das Seil am Stamm befestigt, den Aufstieg würden sie manuell durchführen, wenn zwei Leben am Seil hingen, konnte man nicht vorsichtig genug sein. »Los!«
Drew hakte sich ein und verschwand im Abgrund, Indigos Herz schlug schmerzhaft in der Brust. Dann spannte sich das Seil, er stieg hinab.
Mit einer Schnelligkeit, die für kaum jemanden im Rudel einigermaßen sicher gewesen wäre, hatte sich Andrew zu der gestürzten Rudelgefährtin hinuntergelassen und kniete jetzt neben ihr. Nachdem er den Puls gefühlt und die Atmung überprüft hatte, untersuchte er ihre Verletzungen. »Ein Bein ist gebrochen, auch ein paar Rippen, wie’s aussieht«, teilte er über Mikrofon mit. »Schwere Prellungen und eine
Weitere Kostenlose Bücher