Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
dem geworden ist, was er ist.« Sehr langsam zog sie sich das Hemd wieder über. Rios Hemd. Irgendwie schien alles immer auf Rio hinauszulaufen. »Glaubst du auch, dass wir in einer anderen Zeit zusammen waren?«
Sein leuchtender grüner Blick glitt über sie hinweg. »Du nicht?«
Rachael ging ins Haus, lehnte sich an den Polstersessel und lächelte ihn an. »Ich finde, du bist wunderschön, Rio. Das habe ich damals auch gedacht, wo immer es war. Das weiß ich noch.«
Er trat so dicht an sie heran, dass sein muskulöser, breitschultriger Körper sie fast erdrückte, fasste sie mit fester Hand am Kinn und hob es an. Sein Blick war ernst. »Tu das nie wieder. Verlass mich nicht. Es hat sich angefühlt, als würdest du mir mit bloßen Händen das Herz aus dem Leib reißen.« Rio kam sich vor wie ein Idiot, als er das sagte. Er verfasste keine Gedichte und hatte keine Ahnung
von Romantik, doch er musste einen Weg finden, ihr das Ungeheuerliche ihrer Tat begreiflich zu machen.
Sie hob die Hand, um mit hauchzarten Fingern seine Gesichtszüge nachzuzeichnen. »Ich werd’s nie wieder tun, Rio. Wenn du das Risiko eingehen willst, bleibe ich bei dir.« Doch als er sie in den Arm nehmen wollte, trat sie einen Schritt zurück. »Aber ich will, dass du über mich Bescheid weißt, ehe du eine Entscheidung triffst.«
»Rachael.« Er sagte ihren Namen sehr leise und zärtlich. »Ich habe meine Entscheidung bereits gefällt. Ich will dich unter allen Umständen behalten. Letzte Nacht habe ich neben dir gelegen und mich gefragt, ob ich dich auch noch wollen würde, wenn wir keinen Sex mehr hätten. Denn ich muss dir sagen, dass der Sex mit dir großartig ist. Ich denke praktisch ständig daran und freue mich darauf.«
»Was für eine Überraschung.« Rachael brachte ein kleines Lächeln zustande.
»Der Punkt ist, ich würde dich auch dann wollen. Immer - in meinem Leben und in meinem Bett. Ich liebe dein Lachen und deine Launen. Ich liebe dich, nicht deine Vergangenheit und nicht einmal deinen Körper, so erstaunlich das auch ist.« Seine Hand fuhr über die Rundung ihrer Brust. »Das heißt nicht, dass ich irgendetwas ändern möchte.«
»Mein Bruder und ich, wir haben ein Drogenimperium geerbt.«
Sie ließ ihn nicht aus den Augen. Er fühlte sich, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen, ließ sich aber nichts anmerken. Verzog keine Miene. Sie wartete doch bloß darauf, abgelehnt und zurückgewiesen zu werden. Er zuckte nicht mit der Wimper.
Stumm lauerte sie auf seine Reaktion. Darauf, dass er
seinen Widerwillen zeigte. Ihr Mund war trocken vor lauter Angst, ihn zu verlieren, doch sie redete weiter. Er musste es wissen. Er verdiente es, die Wahrheit zu erfahren. Rachael spreizte ihre Hände. »In Wahrheit ist es noch viel schlimmer als in den Filmen, Rio. Es gibt riesige Felder und Arbeiter und Labore. Endlose Kokainvorräte. Waffen und Killer und Verrat. Wir leben in einem Haus, in dem es alles gibt, was man für Geld kaufen kann. Tragen die teuersten Kleider und die schönsten Juwelen. Die Autos sind echte Flitzer und der Lebensstil dekadent. Wir haben alles, was man sich wünschen kann. Man muss nur über die Bodyguards und die Wachen an den Eingängen hinwegsehen. Über die Korruption in den Ämtern und Polizeibehörden und darüber, dass ein armer Mann, der stiehlt, um seine Familie zu ernähren, einfach dafür ermordet wird. Und nicht zuletzt über die Süchtigen und die Frauen, die ihren Körper und ihre Kinder verkaufen. Sonst könnte man es wohl als ein tolles Leben bezeichnen.«
Sie wandte sich ab, weil sie nicht wollte, dass er sie anschaute. Sie konnte sich ja selbst nicht ins Gesicht sehen. »Das ist mein Erbe, Rio. Deshalb sind mein Vater und meine Mutter umgebracht worden.« Sie tastete nach dem Sessel hinter sich. Ihr Bein brannte und pochte wegen der Überbeanspruchung, doch das war es nicht, was ihr die Beine zittern ließ.
»Mein Bruder hat mir erzählt, dass mein Vater, als er sich in unsere Mutter verliebte, aus dem Geschäft aussteigen wollte. Wenn sie herausgefunden hätte, womit er sein Geld verdient, hätte sie sich nicht mit ihm eingelassen, also wollte er ehrbar werden. Ich habe keine Ahnung, warum wir aus Südamerika weggegangen sind, doch dort haben wir ebenso Grundbesitz wie in Florida.« Dankbar, das Bein
entlasten zu können, ließ sie sich in den Sessel sinken. »Ich glaube, er hat angenommen, dass es in Florida anders sein würde, aber auch da wurden Geschäfte gemacht.
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