Wilde Rose der Prärie
ab.
„Gute Nacht, Mr. Beauregard", sagte Holt und ging zur Tür.
„Toller Anwalt", brummte Rafe, als sie im Flur waren. „Der kann nicht mal aufrecht stehen."
29. Kapitel
Ein Hahnenschrei holte Lorelei aus dem düsteren Labyrinth ihrer Träume, und erleichtert schnappte sie nach Luft, als sie endlich aufwachte. Der Schlaf wich wie in mehreren Schichten von ihr, wie eine Reihe lose übereinander liegender Stoffe, während sie sich zwinkernd aufsetzte. In ihren Albträumen war sie von einer Horde Komantschen gefangen genommen worden, die sie an einen Pfahl banden, um sie bei lebendigem Leib zu verbrennen. Geisterhafte Mönche tanzten dabei im Kreis und lachten, als die Flammen ihre Füße erfassten.
Sie setzte sich auf und presste die Hände vors Gesicht, da sie darauf wartete, dass die Bilder wie in Wellen von ihr wichen. Vor den Fenstern zwitscherten Meisen.
Von unten aus der Küche waren Stimmen zu hören, und durch den Boden drang das Aroma von frischem Kaffee.
Lorelei schlug ihre Decke zur Seite und kletterte aus dem Bett, dann zog sie hastig ihre Kleidung vom Vortag an, die sie gründlich ausgeschüttelt hatte. Als das erste Licht des neuen Tages zum Fenster hereinkam, konnte sie Melinas Umrisse ausmachen, die auf dem Bett neben ihr lag. Von Tillie oder dem Baby war nichts zu sehen.
So gut es ging, brachte sie ihr Haar in Ordnung, dann suchte sie in ihrer Tasche nach Zahnpulver, einer Bürste und ihrem Stück Seife. Sie würde das Klosett im Hof benutzen, das eine Spur angenehmer war als der Nachttopf unter ihrem Bett. An der Wasserpumpe im Hinterhof konnte sie sich dann waschen, zumal das kalte Wasser und die frische Luft ihr helfen würden, die Erinnerung an diese schrecklichen Träume zu vertreiben.
Holt saß in der Küche am Tisch, vor sich eine Tasse mit heißem Kaffee. Er trug saubere Kleidung, und er machte auch den Eindruck, dass er sich gewaschen hatte. Sein Haar war noch feucht, was bei Lorelei den völlig unangebrachten Wunsch weckte, mit ihren Fingern hindurchzufahren.
Um nicht länger darüber nachzudenken, richtete sie den Blick auf Tillie, die am Herd stand und in einem Topf rührte. Pearl saß auf einer Decke in sicherer Entfernung zum Herd und spielte.
„Guten Morgen, Tillie", sagte sie so fröhlich, wie sie nur konnte, da die Rettung vor einem fürchterlichen Tod durch die Komantschen ihr immer noch viel zu real erschien. Sie tat so, als habe sie Holt nicht bemerkt. „Wo ist Heddy?"
„Sie ist rausgegangen, um Eier zu holen", antwortete Tillie. „Ich hoffe nur, sie beeilt sich, weil dieser Maismehlbrei fast fertig ist."
Lorelei ging zur Hintertür, legte eine Hand auf den Knauf und wollte ihn drehen, da meldete sich Holt zu Wort.
„Haben Sie gut geschlafen, Miss Fellows?", fragte er und ließ einen ironischen Unterton mitschwingen. Er wusste, sie wollte ihm entwischen, ohne etwas zu sagen, und es musste ihm ein ungeheures Vergnügen bereiten, ihren Plan zu durchkreuzen. „Ja", erwiderte sie, ohne sich umzudrehen. Verdammt, es war, als habe jemand den Türknauf eingefettet, denn so sehr sie sich auch bemühte, ihre Hand rutsc hte immer wieder ab. „Und Sie?"
„Zufriedenstellend."
Sie hatte ihn in der letzten Nacht nicht ins Haus kommen hören, aber sie hatte auch nicht deswegen wach gelegen und gelauscht. „Gut", antwortete sie und hantierte weiter am Türknauf.
Sein Stuhl schabte über den Holzfußboden, als er ihn nach hinten schob, um aufzustehen. Dann war er auch schon hinter Lorelei, griff um sie herum und legte seine Hand auf ihre, um den Knauf zu drehen. Er lachte amüsiert, als sie durch die offene Tür nach draußen hastete.
Es war ihr peinlich, den Weg zum Toilettenhäuschen zu gehen, wenn sie wusste, dass er in der Tür stand und ihr nachschaute. Aber ihr blieb keine andere Wahl. Sie legte Seife, Zahnbürste und Pulver auf einen Holzklotz neben dem Klosett und verschwand im Innern.
Als sie wieder herauskam, stand Holt noch immer da, lehnte im Türrahmen und trank seinen Kaffee. Sie achtete darauf, ihn nicht direkt anzuschauen, doch auch nachdem sie Hände und Gesicht gewaschen und sich die Zähne geputzt hatte, sah sie, dass er sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
„Auf der Route gibt es keine Toilettenhäuschen", sagte er, als sie die unterste Stufe zur Veranda erreicht hatte.
Dachte er, er könnte sie mit dieser Bemerkung dazu bringen, nach San Antonio zurückzurennen?
„Danke, Mr. McKettrick", konterte sie, „dass Sie mir diese
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