Wilde Rose der Prärie
trottete einfach weiter.
„Bleib bitte stehen", murmelte Lorelei freundlich, da sie nicht energisch werden wollte.
Seesaw nahm von ihren Bemühungen keine Notiz, sondern näherte sich weiter dem Ufer und spazierte schließlich ins Wasser.
Panik überkam Lorelei, da sie nicht schwimmen konnte.
Der Maulesel bewegte sich unterdessen immer weiter Richtung Flussmitte und schwamm mittlerweile, da das Wasser längst zu tief war.
„Lorelei!", rief Melina ihr nach, die ihr bis zum Ufer gefolgt war. „Bleib stehen!"
„Das versuche ich ja!", entgegnete Lorelei aufgebracht und verängstigt.
Seesaw beschrieb einen Kreis im Fluss, sodass Lorelei das Ufer zu sehen bekam und dabei die McKettrick-Brüder entdeckte, die ihre Pferde zu größter Eile antrieben und Melina zu einem rettenden Sprung zur Seite zwangen, da sie ihnen ansonsten im Weg gestanden hätte. Ohne das Tempo zurückzunehmen, ließen sie ihre Tiere ins Wasser galoppieren.
Der Maulesel brüllte schadenfroh, und irgendwie musste es dem Tier gelungen sein, mit allen vier Hufen den Grund zu erreichen, da es auf einmal einen gewaltigen Satz nach vorn machte, dass Lorelei abgeworfen wurde. Das Gewicht ihrer durchnässten Röcke zog sie hinunter, und sie hatte Mühe, den Kopf über Wasser zu halten, um nach Luft schnappen zu können.
Holt beugte sich aus dem Sattel herunter und hielt ihr eine Hand hin. Sie griff mit beiden Händen danach und klammerte sich fest, da ihr Leben davon abhing. Prustend und spuckend ließ sie sich von Holt aus dem Wasser ziehen. Er hob sie hoch und platzierte sie vor sich auf dem Sattel, während sie blinzelte, da ihr immer noch Wasser in die Augen lief. Dabei beobachtete sie, wie Rafe Seesaws Seil zu fassen bekam und sein Pferd zum Ufer zurückkehren ließ. Lorelei hätte schwören können, dass der Mann die ganze Zeit über grinste, doch das musste sie sich nur eingebildet haben. Niemand - nicht einmal Grobiane wie die beiden - konnte daran etwas Amüsantes finden, wenn ein Mensch beinahe ertrank. Holts Arm lag so fest um ihren Körper wie ein Fassreif, und es bereitete ihr ein völlig unpassendes Vergnügen, mit dem Rücken gegen seine harte, starke Brust gedrückt zu werden.
Nachdem sie das Ufer erreicht hatten, setzte er sie ab und musterte sie wütend. Seine Haare und die Kleidung waren nass geworden, und sogar an seinen Wimpern hingen Wassertropfen. Sein Pferd schüttelte sich, durch den Sprühregen wurde Lorelei abermals, wenn auch nur kurz die Sicht genommen. „Geht es Ihnen gut?", fragte er mit tiefer, belegter Stimme.
Sie versuchte, ihre Röcke auszuwringen. „Ja, vielen Dank", erwiderte sie, traute sich aber nicht, ihn wieder anzusehen, da sie eben erst ihren Blick von ihm abgewandt hatte. „Haben Sie gesehen? Ich bin auf dem Maulesel geritten." Von irgendwoher war Rafes Gelächter zu hören.
„Oh ja, das habe ich gesehen", antwortete er mit einem bedrohlichen Unterton, stieg aus dem Sattel seines beeindruckend großen Pferdes und baute sich vor ihr auf. „Ich bin mir sicher, Seesaw hat nach heute genug davon, in den Fluss zu spazieren", redete sie hastig weiter. „Er wird ein guter Esel sein."
„Er wird einiges tun müssen, um eine Eselin wie Sie zu überbieten", gab Holt zurück.
Sie hob trotzig das Kinn. „Es ist nicht nötig, so grob zu mir zu sein", erklärte sie.
„Offenbar doch." Er machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu. „Einen anderen Ton scheinen Sie nämlich nicht zu begreifen."
„Wann haben Sie denn einen anderen Ton angeschlagen?"
„Fahren Sie doch zur Hölle!" Er kam noch etwas näher, doch Lorelei wich nicht vor ihm zurück. Nicht, dass sie keine Angst vor ihm gehabt hätte, aber sie wusste nicht, wie weit sie vom Wasser entfernt war.
„Da würde ich Ihnen ja schon wieder über den Weg laufen!", konterte sie aufgebracht und versuchte, um ihn herumzugehen. Er stellte sich ihr in den Weg.
„Wagen Sie ja nicht, mich noch mal zu küssen!", schrie sie ihn an. „Das würde mir nicht im Traum einfallen!"
„Red doch keinen Blödsinn", warf Rafe ein.
Holt schlug mit dem Hut nach seinem Bruder, ohne den Blick von Lorelei zu nehmen. „Halt du dich da raus!", fuhr er ihn an.
„Was wollen Sie?", rief sie wutentbrannt. „Eine Entschuldigung? Na, meinetwegen: Es tut mir leid, das Sie nass geworden sind!"
„Ist noch Kaffee da?", wollte Rafe wissen.
„Versuchen Sie eigentlich, sich umzubringen?", tobte Holt weiter, während er abermals mit dem Hut nach seinem Bruder ausholte wie
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