Wilde Rosen auf Mallorca
bezeichnet man so etwas als Erpressung, Juliet”, fügte er verächtlich hinzu.
Juliet war zu schockiert, um auch nur zu versuchen, sich gegen diese Anschuldigung zu verteidigen. Was hatte Simon nur getan? Wie konnte William ihn so beschützt haben? Kein Wunder, dass William so erfreut darüber gewesen war, als Simon zur Ruhe gekommen zu sein schien und heiraten wollte …
Liam hatte Recht. William hatte sich ihr gegenüber verantwortlich gefühlt, aber wegen seines Schuldgefühls. Liams kalter, verächtlicher Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er ihr keine andere Erklärung glauben würde. Und die Wahrheit war zu schmerzlich, als dass sie darüber hätte reden können.
“Ich ziehe aus diesem Haus aus, Juliet”, erklärte Liam ihr schroff. “Sofort! Ich hätte nie hierher zurückkehren dürfen.” Er schüttelte den Kopf, während er sich umsah. “Es ist ein Haus voller Lügen und Zerstörung. Und je schneller ich wieder von hier fort bin, desto besser!” Er schritt entschlossen zur Tür.
Juliet schaute ihn nur an. Er hatte Recht, was das Haus betraf. Es war voller Lügen und Zerstörung, und auch sie wollte nicht länger hier sein!
“Liam …”
“Nicht jetzt, Juliet”, rief er, während er die Tür aufriss. “Ich muss weg von hier – von dir! –, damit ich endlich wieder klar denken kann!” Er schlug die Tür heftig hinter sich zu.
Juliet war zu entsetzt, um sich bewegen zu können. Oh William, was hast du bloß getan? Sie weinte stumm in sich hinein.
Juliet war sehr blass, als sie am nächsten Morgen das Büro betrat. Sie hatte die Nacht ebenfalls nicht geschlafen. Sie hatte darüber nachgedacht, wie sie den Rest ihres Lebens verbringen sollte. Denn sie hatte nicht die Absicht, länger in “Carlyle House” oder bei “Carlyle Properties” zu bleiben. Nach Liams gestrigen Enthüllungen hatte sich alles geändert.
Sie schuldete William nichts. In ihr, zu diesem Ergebnis war sie während der dunklen Stunden der Nacht gekommen, hatte William einen Weg für seinen Sohn gesehen, anständig zu werden, hatte gehofft, dass eine Ehe seinen Sohn endlich zur Ruhe bringen und zähmen könne. Doch Simon hatte bewiesen, dass das nicht geschehen war. Sein Tod war ebenso gewalttätig wie unnötig gewesen.
Ihre Liebe zu Liam, auch zu diesem Schluss war sie gekommen, war absolut vergeblich. Vielleicht war dies der Preis, den sie für ihr Schweigen zu bezahlen hatte, was Simon betraf.
Deshalb war es jetzt, nachdem die letzten Bande zur Familie Carlyle gerissen waren, für sie an der Zeit zu gehen. Oh, sie hatte nicht die Absicht, einfach zu verschwinden! Sie hatte noch wichtige Dinge zu regeln. Doch sobald sie das erledigt hatte …
Sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte. Nur weit weg von hier und Liam!
Gott, es war kein Wunder, dass Liam seinen Vater und seinen Bruder so sehr verachtete. Und sie …
Es war die Verachtung von Liam, mit der sie nicht fertig wurde.
“Wie nett, dass du gekommen bist!”
Juliet drehte sich beim barschen Klang seiner Stimme schuldbewusst um. Sie hatte gerade ihr Büro betreten wollen, als die Tür gegenüber sich öffnete. Ihr Glück natürlich, dass es Liam war!
Ihr war klar, dass sie fast eine ganze Stunde zu spät gekommen war, aber sie hatte sich nicht dazu motiviert gefühlt, an diesem Morgen überhaupt herzukommen. Das Unternehmen war auf Lügen aufgebaut. Auf dem Tod eines Mannes.
Simon hätte es nicht nötig gehabt, so etwas zu tun, weil William ihm immer alles gegeben hatte, worum er gebeten hatte, was sein Verbrechen noch schlimmer machte. Kein Wunder, dass es Liam unmöglich gewesen war zu bleiben, weder bei seiner Familie noch bei der Firma.
So, wie es ihr jetzt ging.
“Ein langer Abend berechtigt dich noch lange nicht zum Späterkommen”, tadelte er sie. “Und ebenso wenig der Umstand, dass du Mitbesitzerin bist”, fügte er beleidigend hinzu.
“Ich …”
“Wenngleich du überhaupt nicht hier sein solltest, so wie du aussiehst!” Er schaute sie an. Sein verächtlicher Blick verweilte auf ihrem blassen Gesicht. “Was ist los, Juliet?” höhnte er. “Hat die Wahrheit so geschmerzt?”
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Was Liam ihr vergangene Nacht erzählt hatte, hatte sie nicht nur verletzt, es hatte sie schockiert, angeekelt und ihre Gefühle für William ernstlich verändert. Und was Simon betraf …
“Oh, um Himmels willen!” rief er ungeduldig beim Anblick dieser ungeweinten Tränen. “Warum bringst du mich immer dazu, dass ich
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