Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
Vom Netzwerk:
Verdacht geschöpft?«
    »Ganz sicher. Aber er ist offenbar der Ansicht, daß es nicht richtig ist, den Kontakt zwischen Matthew und dir zu unterbinden, also hat er es zurechtgebogen. Ich soll seinen Bruder mitnehmen, damit er sicher sein kann, daß ich kein Kinderschänder bin, aber abgesehen davon schien alles in Ordnung zu gehen.«
    Harriet zuliebe hatte May beschlossen, daß sie respektabel aussehen und passend gekleidet sein müsse, um einen aufgeweckten Neunjährigen zum Tee auszuführen. Das Problem dabei war nur, daß all ihre »respektablen« Kleidungsstücke noch bei ihren Eltern zwischenlagerten. Also borgte sie sich einen von Harriets Röcken und die schwarzen Pumps. Sie fand ein Paar dunkelblaue Nylons, die nur ein winziges Loch auf der Innenseite des Oberschenkels hatten, und sie zog eine weiße Bluse an und darüber einen fast biederen Pullover, den ihre Mutter ihr gekauft hatte. Alles, was ihr fehlte, waren Perlenohrringe und ein schwarzes Samthaarband, und sie wäre die perfekte höhere Tochter.
    »Und? Sehe ich wie eine Patentante aus?«
    Harriet begutachtete sie. Tatsächlich sah May sehr anziehend aus in ihren geborgten Sachen. Sie unterstrichen ihre Verletzlichkeit, die normalerweise mit Arbeitslatzhosen und klobigen Schuhen vertuscht wurde. Und sie hatte hübsche Beine. Aber auch wenn Harriet Mays Bemühungen um Konformität sehr wohl zu schätzen wußte, und auch wenn alle notwendigen Elemente vorhanden waren, ergaben sie doch nicht den angestrebten respektablen Gesamteindruck. Aber auf jeden Fall besser so, als wenn Matthews angebliche Patentante in Arbeitshosen und Doc Martens vorstellig geworden wäre.
    »Nun, ich würde nicht wagen zu sagen, du siehst wie eine Fee aus.«
    May warf ihr ein Kissen an den Kopf.

Kapitel 7

    W ährend der ganzen Fahrt feilten sie an ihrer Taktik. Hatte May bisher den ganzen Plan allein entwickelt, bekam sie jetzt plötzlich kalte Füße. Wie stellte ein anständiges Mädchen es an, den Bruder des Schuldirektors wegzulocken, so daß ein Junge und seine Mutter allein sein konnten?
    Harriet war vollkommen gleich, was May tat, solange sie nur die Chance bekam, ihren Sohn in die Arme zu schließen, und brachte für Mays Besorgnis daher nicht das für sie typische Mitgefühl auf.
    »Dir fällt schon was ein. Ich habe grenzenloses Vertrauen in dich, May.«
    »Warum?«
    »Du wirst es problemlos schaffen, wenn du erst mal da bist. Du hast nur ein bißchen Lampenfieber. Vermutlich ist das ganz gut.«
    »Du steckst zuviel mit Sally zusammen.«
    »Ich fahre mit dem Taxi nach Churcham, zurück ...«
    »Aber wie soll ich eigentlich nach Churcham zurückkommen? Du wirst auf mich warten müssen.«
    »Ich kann nicht bis zur Tür mitkommen, sonst lassen sie Matthew nicht gehen. Ich kann den Fahrer aber auch nicht bitten, hinter einer Hecke zu parken und zu warten, sonst denkt er, er ist in eine Entführung verwickelt.«
    »Ist er ja auch.«
    Harriet atmete tief durch. »Wenn du es lieber doch nicht tun willst, werde ich mich eben als seine Patentante ausgeben. Das Dumme ist nur, Matthew sieht mir furchtbar ähnlich, sie könnten vermuten ...«
    May riß sich zusammen. »Natürlich will ich es tun. Ich bin nur ein bißchen nervös. Wenn der Bruder des Direktors keinen Wagen hat, werd’ ich ein Taxi rufen. Und laß uns hoffen, daß mich nicht dasselbe wieder abholt«, fügte sie hinzu.
    »Unwahrscheinlich«, sagte Harriet, als sie aus dem Bahnhof kamen, wo auf dem Vorplatz zwei Reihen von Taxen auf die Ankunft des Zugs aus London warteten.
    May hob die Schultern und lächelte und setzte eine Ich-kann-kein-Wässerchen-trüben-Miene auf. »Also, dann komm«, sagte sie und ging voraus zum Taxistand.
    Der Fahrer kannte den Weg zu Matthews Schule. May fragte sich zähneknirschend, wie oft er wohl kleine, schlotternde Jungs, die nach ihrer Mummy jammerten, dorthin fuhr. Sie knetete den Saum von Harriets Rock, dann bemerkte sie, wie dreckig ihre Fingernägel waren, und wandte ihnen ihre ganze Aufmerksamkeit zu. Gestern waren sie noch sauber gewesen. Wie konnte sie eine überzeugende Patentante abgeben mit Trauerrändern unter den Nägeln?
    Harriet kam es so vor, als wolle die Taxifahrt einfach kein Ende nehmen. Sie konnte noch nicht daran glauben, daß sie Matthew wirklich wiedersehen, ihre Arme um ihn legen und seinen kleinen geschmeidigen Körper spüren sollte. Obwohl sie doch zwei Monate ohne ihn überstanden hatte, würden die nächsten Minuten ihr vorkommen wie eine ganze

Weitere Kostenlose Bücher