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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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sie spürte seinen Blick, seine Augen schienen sie zu durchbohren wie Röntgenstrahlen. Hätte sie sich doch nur den Wagen ihrer Eltern geborgt, dann hätte sie jetzt das Kommando übernehmen können. Es fiel ihr schwer, die Freundlichkeit von jemandem in Anspruch zu nehmen, der vermutlich glaubte, sie habe die Absicht, einen Sorgerechtskrieg zu entfachen. Sally mit ihren langen Beinen und ihrem unwiderstehlichen Charme hätte die Situation bestimmt viel besser gemeistert.
    Da sie ihn nicht ansehen wollte, war es schwierig, ihrem Begleiter zu bedeuten, daß es Zeit zum Aufbruch sei. Sein Schweigen machte sie wahnsinnig, sie kam zu der Überzeugung, daß er sie längst erkannt hatte und sie jeden Moment enttarnen würde. Als was enttarnen, überlegte sie, und auch wenn sie es nicht wußte, ganz sicher wäre es wenig schmeichelhaft und außerdem der Todesstoß für ihren Plan. Eine altmodische Standuhr tickte entnervend langsam, als vergehe zwischen jedem Tick und Tack eine ganze Minute.
    Der Schulleiter schien keine Eile zu haben, sie loszuwerden. Ohne Anzeichen von Ungeduld betrachtete er seine Gäste.
    »Bist du hungrig, Matthew?« fragte May am Rande der Verzweiflung. Ein zaghafter Wink mit dem Zaunpfahl, aber sie wußte nicht, was sie sonst tun sollte, damit Mr. Buckfast minor sich endlich bewegte.
    Matthew lächelte seine Pseudo-Patentante verschwörerisch an, und das Lächeln besagte, daß er zwar noch satt vom Mittagessen war, aber gerissen genug, um hungrig zu sein, wenn es der Sache diente. »So langsam könnt ich was essen, ja.«
    May fragte sich, wie in aller Welt eine eigenständige junge Frau wie sie in das Büro des Direktors eines Jungeninternats geraten konnte, selbst wenn es so angenehm unordentlich war wie dieses. Sie lächelte angestrengt zurück. Warum machte dieser gräßliche Bruder der Qual nicht endlich ein Ende? Sie wünschte, er würde sie endlich als Aushilfsköchin mit zweifelhaften Fähigkeiten und potentielle Kindesentführerin entlarven oder aber sie endlich zum Wagen bringen.
    »Könnten wir vielleicht einen Moment unter vier Augen sprechen, Miss Sargent?« bat der Direktor. »Hugh?«
    Hugh verließ seinen Platz an der Wand und nickte Matthew zu, der sich folgsam erhob.
    »Wartet eine Minute draußen, Jungs«, bat Mr. Buckfast.
    May bebte innerlich und mußte sich ins Gedächtnis rufen, daß sie die Schule längst verlassen hatte und etwaige noch ausstehende Hausaufgaben nicht in die Zuständigkeit dieses Direktors fielen. Außerdem hatte Hugh seine Zweifel seinem Bruder wohl kaum übermitteln können, es sei denn, sie verfügten über außergewöhnliche telepathische Fähigkeiten.
    Er lächelte und schloß die Tür. »Setzen Sie sich doch, Miss Sargent.«
    May hockte sich auf die Kante eines verschrammten Ledersessels.
    »Ich bin sicher, ich brauche Ihnen nicht zu erklären, wie delikat diese ganze Angelegenheit mit Matthew ist. Seine Urgroßeltern bestehen darauf, daß seiner Mutter jedes Besuchsrecht verweigert wird, und ich möchte ihr Vertrauen nicht verlieren. Wenn sie das Gefühl bekommen, daß ich nicht auf ihrer Seite stehe, dann werden sie ihn von der Schule nehmen, und er wird die ganze Aufregung eines Schulwechsels noch mal verkraften müssen und vielleicht irgendwo landen, wo es nicht so unkonventionell zugeht wie hier bei uns.« Er gestattete sich ein kleines Lächeln. »Und um seinetwillen möchte ich das nach Möglichkeit verhindern.« Er hob eine Hand, ehe May ihre Einwände vorbringen konnte, und fuhr fort: »Ich persönlich halte es für barbarisch, und darum bin ich bereit, Matthew mit Ihnen gehen zu lassen. Treffen Sie seine Mutter in der Stadt?«
    May nickte und lief rot an. Es war so ein genialer Plan, hatte sie geglaubt, aber dieser Mann hatte ihn durchschaut, vermutlich schon während er mit May telefoniert hatte.
    »Vorausgesetzt, Sie geben mir Ihr Wort, daß Sie nicht die Absicht haben, Matthew mitzunehmen, und daß Sie ihn vor halb sechs zurückbringen, habe ich nichts dagegen«, sagte Mr. Buckfast.
    »Natürlich bring’ ich ihn zurück. Harriet und ich wohnen auf einem Boot. Wir hätten gar keinen Platz für Matthew, selbst wenn wir ihn entführen wollten. Wie man allerdings einer Mutter vorwerfen will, ihr eigenes Kind zu entführen, das ist mir wirklich schleierhaft.«
    Mr. Buckfast legte ihr eine behaarte, freundliche Hand auf den Arm. »Ich tue, was ich kann, um Mr. und Mrs. Burghley-Rice, Matthews Urgroßeltern, zu überzeugen, ihn nicht unter

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