Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
eine westliche Frau ihr Mieder aufgerissen. Ihre schwarzen Wimpern flatterten über ihre dunklen samtigen Augen, als sie lustvoll durch Ross' Haar fuhr.
»Wie gesponnenes Gold«, flüsterte sie. Sie war ein Geschenk, das nur wenige Männern ablehnen würden . . . oder könnten. Wenn Ross der Mann war, der zu sein er vorgab - nämlich mit einer braven Frau zu Hause in England -, hätte er der Versuchung unmöglich widerstehen können, die schon halbnackt in seinem Schoß lag. Aber er war nicht der Mann, und seine Frau saß nur wenige Meter von ihm entfernt.
Er sah auf und entdeckte, daß Juliets Blicke ihn fixierten. Selbst über die ganze Tanzfläche hinweg konnte er ihre Empörung fast greifen. Ross, der beschloß, daß die Zeit für die echte Unterhaltung der Nacht gekommen war, schob sanft die weiche Hand zur Seite, die langsam sein Bein hochkroch.
»Tausend Dank für Eure Aufmerksamkeit, Abdul Samut Khan. Zahra ist ein Traum, ein Geschenk für einen König, aber da ich ein verheirateter Mann bin, muß ich Eure Großzügigkeit leider ablehnen.«
Der Nawab zog scharf die Luft ein. »Eure Frau ist auf der anderen Seite der Welt, Zahra aber direkt vor Euch.«
»Ja, aber die Gesetze meiner Religion verbieten Ehebruch, und sie gelten auch so weit von zu Hause entfernt.«
Die dicken Brauen seines Gastgebers zogen sich zusammen. »Als nächstes kommt eine Gruppe junger männlicher Tänzer. Würdet Ihr einen von ihnen vorziehen? Das wäre kein Ehebruch.« Nachdem Ross die gierigen Finger von seinem Knie gelöst hatte, die wieder ihre Wanderschaft aufgenommen hatten, stand er auf. Er erkannte, daß die Stelle auf der anderen Seite des Tanzbodens, wo Juliet gesessen hatte, leer war. Inständig hoffte er, sie würde ihn nicht von hinten anfallen, um ihm ein Messer in die Rippen zu stoßen. »In den Augen meines Volkes wäre es trotzdem eine Sünde.«
Der Nawab wirkte ungläubig, schien aber eine Art Respekt zu empfinden. »Ihr seid wahrhaftig ein gläubiger Mann.«
»Vielleicht, aber immerhin ein Mann und anfällig für Versuchungen, daher werde ich mich jetzt am besten zurückziehen, bevor ich ihr erliege.« Ross streichelte Zahras Kopf. »Die Sünde war nie so süß.«
Abrupt zog das Mädchen den Schleier wieder vor das Gesicht und hastete beleidigt zurück auf die Tanzfläche, um sich unter die anderen Tänzer zu mischen. Die Art, wie Abdul Samut Khans Blick ihr folgte, gab Ross' eine heftige Andeutung, wo Zahra diese Nacht verbringen würde.
Nachdem er sich von seinem Gastgeber verabschiedet hatte, bahnte sich Ross einen Weg durch die schwitzende, begeisterte Menge, ohne daß Jawer Shahid Mahmud und ein anderer Soldat ihn aus den Augen ließen. Die Luft im Haus war frischer, aber es war kaum ruhiger, da die Tanzmusik durch die Wände des Hauses pulsierte. Bevor er seine Räume erreichte, wandte sich Ross zu seinen Bewachern um und wollte ihnen gute Nacht sagen.
Der junge Soldat neigte freundlich den Kopf, aber Shahid funkelte ihn finster an. »Wegen dir, Ferengi, ist mir das Vergnügen entgangen, in den Krieg zu ziehen.«
»Das bedaure ich«, antwortete Ross und meinte die Bemerkung wegen einer Vielzahl von Gründen auch so. »Es ist ein Verbrechen, das Talent eines guten Kriegers zu verschwenden, aber die Entscheidung, dich in Buchara zu lassen, war nicht die meine.«
Der Jawer machte eine heftige Kopfbewegung zu der anderen Wache, der sich vorsichtig außer Hörweite zurückzog. Dann wandte sich Shahid mit verengten Augen wieder an Ross: »Dennoch bist du dafür verantwortlich, und du wirst dafür teuer bezahlen.«
Ross unterdrückte ein Seufzen. »Ich bin sicher, du weißt, wie ich es vielleicht wieder gutmachen kann.«
»Mit Gold oder Blut. Du hast die Wahl.« Shahids Gesicht verzerrte sich drohend. »Gib mir zweitausend Golddukaten, und ich bewache dich so sorgsam, wie eine Mutter auf ihr Kind achtet. Wenn du dich weigerst. ..« Er zuckte beiläufig die Schultern.
»In Buchara scheint es ja keiner zu glauben, aber wir Engländer sind nicht aus Gold gemacht«, entgegnete Ross freundlich. »Gute Nacht, Jawer Mahmud.«
Als er sich zur Tür umwandte, fauchte Shahid ihm hinterher: »Da zieht sich der Ungläubige in sein Bettchen zurück» um den Tuareg-Jungen zu nageln.«
Ross' Hand umklammerte fest den Türknauf und drehte sich noch einmal halb um. »Ich nagele keine Jungen, weder Tuareg noch andere.« Seine Brauen zogen sich zusammen. »Aber ich glaube, in der Armee ist das so
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