Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
Ross sie an der Schulter rüttelte. »Wir sollten uns jetzt wieder aufmachen. Die Reiter sehen aus wie Soldaten aus Buchara, und ich kann mir nur vorstellen, daß sie hier sind, weil sie uns verfolgen.«
»Verdammt.« Juliet starrte frustriert auf die Staubwolke, die nun nah genug war, um ohne Fernglas etwas erkennen zu können. »Ich hätte nie gedacht, daß jemand so hartnäckig sein kann.«
»Außer Shahid Mahmud.« Ross kam müde auf seine Füße. »Er hat eine ziemlich starke Abneigung gegen uns beide entwickelt, und er ist ganz der Typ Bulldogge, die niemals aufgibt.«
Sie hasteten den Hügel hinunter, um die anderen zu wecken, und innerhalb fünf Minuten waren sie wieder in Bewegung. Die ganze Nacht ritten sie forsch voran, aber als sie am Morgen an einer hochgelegenen Stelle anhielten, damit Ross durch sein Fernglas sehen konnte, hatten sie nur einen kleinen Vorsprung vor ihren Verfolgern erreicht.
Düster ließ Ross das Glas sinken. Ihre Verfolger mußten wissen, daß sie ihnen hart auf den Fersen waren, denn beide Gruppe bewegten sich so schnell voran, wie es unter diesen Umständen möglich war, und der Abstand blieb mehr oder weniger konstant. Wenn Ross und seine Gefährten ihre gegenwärtige Geschwindigkeit beibehalten konnten, würden sie sicher sein, aber praktisch jede Art von Schwierigkeiten würde eine Verzögerung mit katastrophalen Folgen bedeuten.
Als Ross sich wieder zu den anderen gesellte und das Signal zum Weiterreiten gab, sprach er ein stummes Dankgebet, daß Ian ihr Tempo mithalten konnte. Nachdem er den Schwarzen Brunnen überlebt hatte, würde er keinerlei Absicht haben, nun, da er frei war, zu sterben, und die Unbarmherzigkeit der Wüste hatte ihn zu reiner Willenskraft und Zähigkeit reduziert. Er würde es sich nicht erlauben, daß sein Kondition ein Problem für sie alle wurde.
Doch schon etwas später am Tag holte der Ärger sie ein, als sich herausstellte, daß das Wasserloch trocken war. Es war zwei Tage her, seit sie ihre Schläuche das letzte Mal aufgefüllt hatten, und der Wasservorrat würde streng rationiert vielleicht noch für weitere zwei Tage reichen. Allerdings nur für die Menschen. Die Pferde würden viel früher etwas brauchen.
Mit grimmigen Mienen machten sie sich auf den Weg zur nächsten Quelle.
Gnadenlos trieb Shabid seine Truppe durch die gelben, glühenden Sandwogen. Gerade noch in Sichtweite bewegte sich eine andere Gruppe Reiter mit Höchstgeschwindigkeit, und er wußte ohne den geringsten Zweifel, daß er seiner Beute auf der Spur war.
Sein Jagdinstinkt hatte Shahid bis hierhin gebracht, und es war eine fast unheimliche Fähigkeit, die Gedankengänge seiner Opfer nachzuvollziehen. Es hatte mit Gazellen und Löwen funktioniert, und nun stellte es sich als nicht weniger effektiv bei diesem verdammten Ferengi heraus. Am Oxus hatte ihnen ein Fährmann bestätigt, daß Kilburn mit drei Männern in westlicher Richtung ritt, aber es war wieder der Instinkt, der Shahid sagte, sie würden die südliche Route mit ihren wenig verläßlichen Wasserquellen nehmen.
Als sie den toten Brunnen erreicht hatten, wußte Shahid, daß er gewinnen würde, denn er und seine Männer hatten zwei Packpferde mit zusätzlichen Wasserschläuchen dabei, die noch voll waren. Bald mußten Kilburn und seine Gruppe langsamer werden, und dann würden sie reif für den Schlußakt sein. Mit einem grausamen Funkeln in den Augen trieb Shahid seine brummelnden Soldaten zu noch höherer Geschwindigkeit an.
Ein weiterer endloser, erschöpfender Tag verstrich. Juliet fand es schrecklich zu wissen, daß ihre Verfolger immer naher aufrückten. Als sie über die Schulter sah, stellte sie fest, daß sie immer noch außer Schußweite waren, aber es würde nicht mehr lange so bleiben. Sie erlaubte ihrem müden Pferd zu Ross' zurückzufallen. »Ich denke, wir sollten irgendwo Deckung suchen und auf sie warten.«
Ross schnitt eine Grimasse. »Dazu wird es bald wohl kommen. Unsere Gewehre sind unser großer Vorteil, zumal die meisten Usbeken längst nicht so gut schießen können wie Afghanen oder Paschtuns. Aber es steht immer noch zehn zu zwei Gewehren.« Juliet blickte besorgt zum Himmel. »Wenn wir halten, sollten wir es bald tun, bevor die Sonne untergeht.«
Er musterte ihre Umgebung, die aus niedrigen Sandhügeln bestand. »Ich würde all den Sand für eine hübsche kleine Felsformation eintauschen, auf die wir klettern könnten.« Juliet lächelte schwach. »Ich würde all den Sand für
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