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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Kerker oder tot enden.«
    »Da hast du zweifellos recht«, stimmte Ross zu. »Wie auch immer . . . ich will es trotzdem versuchen. Die Mutter des Mannes hat mich darum gebeten, und ich konnte es ihr irgendwie nicht abschlagen.«
    »Himmel, das hättest du aber tun sollen«, fauchte Juliet, entsetzt darüber, wie lässig er ihre Warnung wegwischte. »Heute nachmittag hast du noch gesagt, daß es niemandem nützen würde, wenn deine Diener ihr Leben  opfern, weil sie ohne Chancen versuchen, deines zu retten. Das hier ist dasselbe, oder nein: Es ist noch viel schlim me r!
    Wenigstens hätten die Turkmenen dich nur zum Sklaven gemacht  - wenn du nach Buchara gehst, bist du dagegen ein toter Mann.
    Die einzige Frage bleibt nur, ob du schnell sterben darfst oder Jahre in dem Schwarzen Brunnen vermoderst. Ross, begreif doch, es macht keinen Sinn, ein derartiges Risiko für einen Mann einzugehen, der bereits tot ist.«
    »Diese zwei Situationen sind nicht vergleichbar«, entgegnete er sanft. »Zum einen steht es nicht fest, daß der britische Offizier exekutiert worden ist. Und wenn doch, dann kann ich vielleicht den Emir überreden, die Leiche freizugeben, damit ich sie seiner Familie zum Begräbnis übergeben kann.«
    »Kein Zweifel, daß die Familie das zu schätzen wüßte, aber auch das ist es nicht wert, daß du dein Leben aufs Spiel setzt.«
    Sein Blick traf ihren. »Nicht einmal, wenn der in Frage kommende Offizier dein Bruder Ian ist?«
    Juliet rang nach Atem, als hätte man ihr einen heftigen Schlag verpaßt. »Lieber Himmel. Nicht Ian . . .«
    Es war zuviel für sie. Am ganzen Körper zitternd, vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Vielleicht war dieser ganze Tag nur ein Alptraum, und sie würde morgen früh aufwachen und dem ganz normalen Leben in Serevan entgegenblicken. Oder noch besser: die letzten zwölf Jahre waren nichts als ein fiebriger Traum gewesen, und sie war immer noch in Chapelgate und lag sicher in der warmen Umarmung ihres Mannes.
    »Oh, verdammt!« stieß Ross hilflos hervor.
    Sie hörte, wie er aufstand und um den Tisch herumkam. Unendlich zart berührte er ihr Haar. »Es tut mir leid, Juliet. Ich hätte dir das nicht auf diese Art sagen dürfen.«
    Instinktiv drehte sie sich um, und er legte die Arme um sie, als sie ihr Gesicht an seiner Brust barg. Die paar Momente, in denen sie mit den Tränen kämpfte, erlaubte sie sich den gefährlichen Trost seiner Umarmung. So lange schon hatte sie sich nach einer männlichen Berührung gesehnt. Nach Ross' Berührung. Schließlich machte sie sich von ihm los, dies jedoch nicht so abrupt, daß er ihre Bewegung als Zurückweisung deuten konnte. »Du mußt dich nicht entschuldigen«, meinte sie mit unsicherer Stimme. »Es gibt keine Art, wie man jemandem solche Nachrichten sanft beibringen kann.« Sie fuhr sich mit den Handrücken über die Augen. »Es scheint mir einfach unmöglich, daß es Ian nicht mehr gibt. Er war immer so voller Leben, so  voller Freude. Ich habe immer gedacht, wenn irgendein Mensch unsterblich sein könnte, dann Ian.«
    Ross kehrte zu seinem eigenen Stuhl zurück. »Ich möchte dir zwar keine falschen Hoffnungen machen, aber er besteht eine winzige Chance, daß er noch lebt.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    Er zuckte die Schultern. »Wie ich schon sagte, es gibt eine geringe Chance. Während der ganzen Strecke von  Konstantinopel habe ich jeden befragt, der behauptete, etwas zu wissen. Die Berichte waren ziemlich unschlüssig, meist aus dritter oder vierter Hand. In Teheran stieß ich zum erstenmal auf einen Mann, der meinte, er wäre tatsächlich Zeuge einer Exekution eines Ferengis vor ein paar Monaten gewesen, aber die Beschreibung paßte auf so gut wie jeden Europäer.«
    »Selbst wenn es sich nicht um Ian handelte, dann bedeutet das längst nicht, daß mein Bruder noch lebt«, erwiderte sie unumwunden. »Er könnte im Kerker gestorben oder in der Zwischenzeit exekutiert worden sein. Und wenn du durch den wahnwitzigsten Zufall tatsächlich Buchara lebend erreichen solltest, dann gibt es keinerlei Grund anzunehmen, daß der Emir Ian freilassen würde - oder dich!«
    »Nichtdestoweniger habe ich versprochen, mein Bestes zu geben, und das werde ich tun.«
    Nun fiel ihr wieder ein, was er eben noch gesagt hatte. »Das hat alles meine Mutter ins Rollen gebracht, nicht wahr?« fragte Juliet mit einem angespannten Unterton.
    Er nickte. »Ich traf sie in der britischen Botschaft in Konstantinopel. Sie versuchte dort erfolglos, Sir

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