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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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begehen?« In Anbetracht von Juliets Sinnlichkeit und der nachfolgenden Affären hatte er das bisher für die wahrscheinlichste Erklärung gehalten.
    »Ich weiß nicht, ob ich geschmeichelt sein soll, weil du mich für so aufrichtig hältst, oder beleidigt, da du meiner Moral offenbar  nichts zutraust«, sagte sie mit gepreßter Stimme. »Nein, Ross, es gab außer Sex noch andere Gründe, um die Ehe zu beenden. Ich habe dich nicht verlassen, um dem Sirenengesang der Promiskuität zu folgen.«
    »Aber warum hast du mich dann verlassen?« Er versuchte, seiner Stimme einen neutralen Klang zu geben, als würde ihn die Sache nicht wirklich betreffen, und fuhr fort: »Ich war glücklich, und du wirktest ebenso. Wir hatten nur wenige  Meinungsverschiedenheiten, und wenigstens für mich waren die nicht ernst zu nehmen. Was habe ich getan, was so unverzeihlich war?«
    Ihre Augen, verletzlich und gequält, begegneten seinem Blick. »Du hast nichts falsch gemacht, Ross. Gar nichts. Ich war das Problem. Ich hätte niemals heiraten dürfen, weder dich noch sonst jemanden.« Sie stieß ihren Stuhl vom Tisch ab und stand auf, dann entfernte sie sich aus dem Lichtkegel der Lampe. »Das war es, was ich in dem Brief erklären wollte, den ich dir hinterlassen habe. Ich habe offenbar keine besonders gute Arbeit geleistet, sonst würdest du dich nicht mehr nach dem Warum fragen.« Unfähig, die Bitterkeit aus seiner Stimme zu halten, entgegnete er: »Ich hielt dir zugute, daß du meine Gefühle nicht verletzen wolltest, aber trotz deiner Erklärungen war es schwer, dein Fortlaufen nicht persönlich zu nehmen. Tatsächlich war es mir unmöglich - besonders, nachdem du so schnell mit dem Scheidungsvorschlag warst. England ist voll von schlecht funktionierenden  Ehen, aber das Parlament gewährt vielleicht gerade mal eine Scheidung pro Jahr. Es schien, als konntest du es kaum erwarten, mich loszuwerden.«
    Sie wandte sich zu ihm um, doch er konnte ihr beschattetes Gesicht nicht deuten. »Es tut mir leid, daß du es so aufgefaßt hast. Ich schwöre, daß es niemals jemanden gegeben hat, der mir soviel bedeutet hat wie du. Ich habe die Scheidung vorgeschlagen, damit du für eine andere Frau frei sein würdest. Eine bessere Frau - eine, die dich glücklich machen könnte.«
    Aber er hatte niemals eine andere Frau gewollt. Er holte tief Atem und fragte erneut: »Wenn du mich also weder wegen einer anderen Liebe noch deshalb verlassen hast, weil du mich verachtetest - warum dann? Warum bist du gegangen? Bitte, gib mir eine direkte Antwort, Juliet. Ich muß es wissen.«
    Sie schwieg eine lange Weile, bevor sie mit einem Kloß in der Kehle antworten konnte. »Die simple, unverhüllte Wahrheit ist, daß ich befürchtet habe, ich könnte an deiner Seite alles verlieren, was immer mich ausmacht. Ich glaube, ich kann es dir einfach nicht besser erklären.«
    Langsam ließ Ross den Atem heraus, den er unwillkürlich angehalten hatte. Wahrscheinlich lag Wahrheit in ihren Worten, obwohl er bezweifelte, daß sie simpel oder unverhüllt sein sollte. Nun, da sie ihm durch ihr ausweichendes Verhalten eine Art Antwort gegeben hatte, gab es noch eine andere Sache, die angesprochen werden mußte, bevor er eine strapaziöse, gefährliche Reise mit ihr unternehmen konnte. Ross ging durch den Raum und blieb nur eine Armeslänge vor Juliet stehen, so nah, daß er die Wärme, die ihr Körper ausstrahlte, durch die kühle Abendluft spüren konnte. Ihre schmale Gestalt hob sich anmutig im dämmrigen Licht ab und wirkte wie ein Traumbild. Aus zehntausend Träumen.
    »Da ist noch etwas, das ich wissen muß, bevor wir einen Waffenstillstand schließen«, murmelte er.
    Ihr Schal war heruntergerutscht und enthüllte die Blässe ihrer Haut. Als der schwache erotische Duft nach Lavendel zu ihm herüberdrang, legte er seine Hände auf ihre Schultern und zog sie an sich. Aufreizend langsam glitten seine Finger unter das gewaltige turkmenische Schmuckstück, um die nackte glatte Haut unter ihrem Schlüsselbein zu liebkosen.
    Juliet versuchte nicht, dem Kuß auszuweichen. Mit einem kleinen Seufzer hieß ihr Mund den seinen willkommen, und ihr geschmeidiger Körper schmolz hilflos an seinem, als er die Arme um sie legte.
    Zwölf Jahre lösten sich in einem Herzschlag auf, und was ein fragender, herausfordernder Kuß sein sollte, wurde zu einem ganzen Universum der Empfindungen. Juliets Geschmack und das Gefühl ihrer Haut waren ihm so vertraut wie sein eigener Körper und

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