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Wilder als der Hass, süsser als die Liebe

Titel: Wilder als der Hass, süsser als die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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wirklich seltsam, wie wenig Mühe es ihn kostete, die subtile Verbindung zwischen ihnen aufzublasen und bedeutsam zu machen.
    Nun, so subtil nun auch wieder nicht. Juliets Nähe verursachte in Ross eine konstante, leicht vibrierende sexuelle Spannung, obwohl sie seit der Nacht in Sarakhs nicht mehr unter vier Augen gesprochen hatten. Er hatte geglaubt, die Tatsache, daß sie praktisch unsichtbar war, würde es leichter machen, aber er hatte sich getäuscht. Seine Vorstellungskraft überwand mit Leichtigkeit das Hindernis ihrer formlosen Gewänder. Noch schlimmer: es lag etwas ausgesprochen Erotisches in dem Wissen, was unter diesem dunklen Stoff verborgen war. Wann immer er sie anblickte, sah er vor seinem geistigen Augen ihren schlanken, geschmeidigen Körper, ihre herrlich langen Beine, den Wasserfall ihrer roten Haare auf der bleichen, seidigen Haut. . .
    Heftig riß er sich von ihrem Anblick los. Wenn er in dieser Art weiterdachte, würde er im Handumdrehen körperlich und geistig ein Wrack sein.
    Ein paar Minuten später kam der Karawanenführer auf ihn zugetrabt. Abdul Wahab ritt eines der zähen, drahtigen, kleinen Wüstenpferde, und während des Tages patrouillierte er ständig um seine Schutzbefohlenen herum, um sich zu versichern, daß alles in Ordnung war. Während er sich Ross näherte, rief er: »Salam aleikum, Kilburn!«
    Ross gab den Gruß zurück. »Und Friede sei mit dir. Schlagen wir bald das Lager auf?«
    »Noch nicht.« Der Kafila-Bashi runzelte die Stirn. »Fast einen ganzen Tag in der Irre herumzulaufen war großes Unglück, denn nun ist die Wasserversorgung für viele Mitglieder der Karawane gefährlich niedrig. Ich halte es  für besser, heute länger zu reiten, denn ich werde mich so lange unbehaglich fühlen, bis wir die Quelle von Karagosh erreicht haben.«
    Ross machte eine Geste zum Horizont im Norden, wo sich dunkle Gewitterwolken in einiger Entfernung zusammenballten. »Es regnet wahrscheinlich bald.«
    Der anderen Mann betrachtete eine Weile die Wolken, dann schüttelte er den Kopf. »Es regnet dort hinten, aber ich fürchte, wir werden nicht soviel Glück haben. Obwohl Allah in seiner Gnade mir vielleicht unrecht gibt.« Er hob die Hand zum Abschiedsgruß und trabte weiter, um bei der nächsten Gruppe nach dem Rechten zu sehen.
    Ross verstand Abdul Wahabs Sorge, denn die allerwichtigste Aufgabe eines jeden Karawanenführers war es, für genügend Wasser zu sorgen. Dennoch machte sich Ross keine großen Gedanken. Mochte das Wasser auch knapp sein, so würde es in dem milden Frühlingsklima doch nicht kritisch werden, wie es im Sommer leicht geschehen konnte. Selbst wenn sie den Brunnen heute nicht mehr erreichen würden, war ihre Lage doch nicht ernst.
    Aus dem Norden kam fernes Donnergrollen, und Blitze zuckten am Horizont, doch wie der Kafila-Bashi vorausgesehen hatte, zog das Gewitter nicht in ihre Richtung. Da sie in den nächsten Stunden nicht rasten würden, zog Ross ein Säckchen getrockneter Datteln aus dem Gepäck und gab jedem seiner drei Gefährten eine Handvoll. Als er sich zur Sicherheit wieder von Juliet entfernte, stellte er fest, daß sie langsam Übung bekam, mit Schleier vor dem Gesicht zu essen. Inzwischen konnte wohl selbst ein anderer Targi keinen Verdacht mehr schöpfen.
    Sie zogen durch eine Gegend mit niedrigen Sandhügeln, in der das einzige Leben aus Echsen und gelegentlichen Flecken struppiger Grasbüschel bestand. Einmal, als sie eine Felsnase passierten, die aus dem Sandboden ragte, steckte ein kleines Nagetier den Kopf aus seinem Bau und schnatterte Ross an. Die Szene war friedlich, ohne die Andeutung einer Gefahr, und das lauteste Geräusch war das schwache  Klingeln der Glöckchen am Zaumzeug des Leitkamels.
    Dann wurden die Hügel zerklüfteter und zwangen die Karawane in eine geschlossenere Gruppe, als sie eine Schlucht durchquerten, die sich abwärts schlängelte. Endlich wurde der Weg wieder gleichmäßiger, als sie eines der trockenen Flußbette kreuzten, die man Wadi nannte. Ross beobachtete, daß Abdul Wahab sein Pferd am gegenüberliegenden Ufer gezügelt hatte und erst düster auf die Sturmwolken blickte, die sich in der Entfernung ballten, dann auf die Stelle ein paar hundert Meter entfernt, wo das Flußbett um eine Biegung außer Sicht verschwand. Er wandte sich zur Karawane um und rief Befehle, sich zu beeilen. Ross' Miene verhärtete sich, als er nachvollzog, was der Kafila-Bashi befürchtete. Obwohl die Karawane nichts von dem Regen

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