Wilder als der Hass, süsser als die Liebe
unterstützten ihn dabei die ganze Zeit, und ihre Berührung war viel sanfter, als ihre Stimme es zuvor gewesen war. Als er sich endlich mit schmerzender Kehle wieder aufrichtete, machte sie ihren Wasserschlauch los und hielt ihn an seine Lippen, um den Salzgeschmack des Wassers fortzuspülen.
Immer noch schwach, schaffte Ross es mit Juliets Hilfe, aufzustehen. Er zitterte vor Kälte, und der Wind schnitt durch seine patschnasse Kleidung, die an seinem Körper klebte. Juliet, die ihn mit offensichtlicher Verzweiflung ansah, war ebenso durchweicht, aber die langen Roben verhüllten auch jetzt noch glücklicherweise jede Kontur, die sie als weiblich ausgezeichnet hätte.
Dann hob er den Kopf und entdeckte, daß sich alle Reisenden der Karawane versammelt hatten, um das Drama zu beobachten. Und die meisten starrten ihn an. Wasser ließ sein Haar dunkler erscheinen, aber ganz sicher nicht genug. Sein Schöpf und seine weißen Füße ließen nicht viel Zweifel an seiner Fremdartigkeit. Unter den gemurmelten Worten, die durch die Menge liefen, konnte er immer wieder eines ausmachen: »Ferengi.«
Neben ihm spannte sich Juliets Körper an, und ihre Hand fiel zur Seite auf den Knauf ihres Messers. Sie sagte kein Wort, aber während sie die Zuschauer anstarrte, war durch den Schlitz in ihrem Schleier das kalte Blitzen in ihren grauen Augen deutlich zu erkennen. Ross wurde an eine wütende Katze erinnert, die ihre Jungen verteidigen wollte. Sie mochte ihn einen dämlichen Idioten genannt haben, aber er hatte keinen Zweifel, daß sie kämpfen würde, sobald es jemand wagte, ihn anzugreifen. Glücklicherweise waren keine weiteren Heldentaten mehr nötig, denn die Menge schien eher überrascht und neugierig als feindselig. Der einzige drohende Blick kam von einem bösartigen usbekischen Kameltreiber namens Habib, der sich gern auf Kosten anderer amüsierte, einschließlich »Jalal«. Juliet hatte seine arglistigen Scherze bisher immer ignoriert, aber der Mann war ein Unruhestifter, und zwar genau einer von der Sorte, der einen Mob gegen einen Fremden aufbrachte.
Die Tatsache, daß Ross nun als Europäer identifiziert war, bedeutete nicht automatisch Ärger - er und Alexander Burnes hatten deswegen auf früheren Reisen durch Türkestan keine ernsthaften Probleme gehabt. Aber das war Jahre her, als Zentralasien noch ruhiger und weniger gefährlich gewesen war. Vielleicht reichte dieser einzige bösartige Ferengi-Hasser, um Schwierigkeiten heraufzubeschwören.
Habib spuckte auf den Boden. »Nicht nur ein Ferengi. Auch ein Ungläubiger und Spion.«
Verwirrte Stimmen erhoben sich rund um den Kameltreiber, wurden aber abrupt abgeschnitten, als Abdul Wahab sich durch die Menge drängelte.
»Der Wind ist kalt«, knurrte er, als er Ross eine großes, grobes Tuch reichte. »Trocknet Euch ab, bevor ihr auskühlt.« Dann wandte er sich um und rief: »Da wir jetzt Wasser haben, werden wir das Lager hier errichten.«
Die Akzeptanz des Karawanenführers erstickte eventuell aufkommende Feindseligkeit direkt im Keim, und der Befehl, das Lager aufzuschlagen, brachte die meisten Neugierigen dazu, sich abzuwenden, um einen guten Platz für die Feuer und die Tiere zu suchen.
Ross drückte sich gerade das Wasser aus dem Haar, als Murad herankam, der die Kleider seines Herrn aufgesammelt hatte. Dankbar zog Ross den warmen Mantel über seine triefende Tunika. Er war dabei, seine Stiefel anzuziehen, als Muhammad Kasem sich, gestützt von seinem Sohn, näherte.
»Ich bin ein alter Mann, und mein Leben ist nicht mehr viel wert, doch bin dir dennoch dankbar, daß du es mir bewahrt hast.« Der Händler bewegte sich noch recht unsicher, aber seine Stimme hatte wieder den Unterton des trockenen Humors. »Du hast den Mut und die Kraft eines Löwen bewiesen, und als Dank habe ich dich fast ertränkt.«
Sein Sohn, ein gutaussehender Mann, der Autorität ausstrahlte, setzte hinzu: »Es war eine echte Gnade Gottes, daß du hier gewesen bist, Kilburn.« Er verbeugte sich tief. »Dafür, daß du das Leben meines Vaters gerettet hast, stehe ich, Hussayn, und meine ganze Familie für ewig in deiner Schuld.«
»Es gibt keine Schuld zu tilgen, denn ich tat nur, was jeder Mann getan hätte, wenn es in seiner Macht steht.« Ross ließ das Messer in seinen Beutel gleiten. »Durch Gottes Gnade bin ich am Meer aufgewachsen und lernte schon als Kind zu schwimmen. Dies zu können und es nicht anzuwenden, wäre eine Sünde gewesen.« »Deine Bescheidenheit
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