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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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…«
    Lyssandra wusste, sie hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Sie musste unverzüglich aufbrechen, und Tabitha und Colin vor den Fallen an der Grenze warnen. Sonst wäre es zu spät.

    Lautlos schlich sie durch den Gang; hoffentlich verriete das Klatschen ihrer Pantoffeln auf dem Boden den Männern nicht, dass man sie belauscht hatte. Kurz vor der letzten Säule, als sie bereits meinte, es geschafft zu haben, legte sich jedoch plötzlich eine harte Hand auf ihren Mund und erstickte ihren überraschten Schrei.
     
    Colin brachte seinen Hengst auf der Kuppe eines Hügels zum Stehen und sah sich blinzelnd um. Obgleich bis auf die Knochen durchnässt, war er gefühllos für die Kälte des Regens und taub für das Grollen des Donners, der sich immer wieder über seinem Kopf entlud. All seine Sinne konzentrierten sich einzig auf Tabitha.
    Bald hätte der dichte Regen sicher ihre Spur verwischt, und er wäre so hilflos wie zuvor. Bei dem Ritt durch einen kleinen Wald hatten zerdrücktes Gras und geknickte Zweige darauf hingewiesen, dass sie offenbar bereits einmal vom Pferd gefallen war. Aber zu seiner Erleichterung lag sie nirgendwo im Unterholz - anscheinend war sie mit dem Schreck davongekommen. Hufabdrücke, die zu tief waren, um von einem reiterlosen Pferd zu stammen, hatten ihm verraten, dass sie offensichtlich wieder aufgestiegen und weitergeritten war.
    »Und wahrscheinlich verflucht sie mich dabei die ganze Zeit«, murmelte er und spürte, dass er den Mund zu einem wehmütigen Lächeln verzog.
    Zumindest hatte sie es noch nicht bis zur Südgrenze des MacDuff’schen Territoriums geschafft. Die lag direkt vor ihm, und er hoffte, wenn er auf der Kuppe des Hügels auf sie wartete, sie vielleicht abfangen zu können. Nur der strömende Regen und eine Gruppe hoher Birken behinderten seine Sicht über das Tal.

    Das Unwetter hielt an. Donner krachte wie Peitschenhiebe durch die Luft, und der Wind heulte ihm wie ein jammernder Waldgeist um die Ohren. Colin schüttelte einen Schauder ab und bekreuzigte sich. Es gab Menschen, die daran glaubten, das Winseln eines Waldgeistes künde von einem bevorstehenden Todesfall; aber er hatte sein Schicksal niemals derartigen Geistern, sondern immer Gott, dem Herren anvertraut.
    Sein Glaube wurde belohnt, als er plötzlich eine in einen Umhang gehüllte Gestalt erblickte, die geradewegs auf die MacDuff’sche Grenze zu trabte. Er kniff die Augen zusammen - aber selbst aus der Entfernung hätte er beinahe geschworen, dass das geschmeidige Tier Lyssandras Ross war. Colins Herz machte einen Satz. Hielte er Tabitha erst wieder im Arm, ließe er sie niemals wieder gehen!
    Er hätte nicht sagen können, weshalb er in diesem Augenblick in Richtung des Birkenwäldchens schaute. Vielleicht aus einer Eingebung heraus oder aufgrund einer Bewegung, wo nichts als das Zittern silbriger Blätter hätte sein sollen.
    Seine Nackenhaare sträubten sich.
    Ein einsamer Mann kauerte im Schlamm am Fuß des höchsten Baums. Mit seiner dunkelgrünen Tunika und der braunen Hose war er zwischen dem schimmernden Blattwerk beinahe nicht zu erkennen.
    Gelassen griff er hinter sich und nahm einen federbesetzten Pfeil aus dem Köcher, der über seiner Schulter hing.
    Colin zog sein Schwert - denn der sechsjährige Kreuzzug hatte ihn gelehrt, aktiv in welches Geschehen auch immer einzugreifen, statt vor Entsetzen zu erstarren.
    Als er seinem Hengst die Sporen in die Flanken trieb, befand sich die über die Wiese trabende Gestalt mitten im
Blickfeld und bot jedem Angreifer ein leicht zu treffendes Ziel.
    Mit gezücktem Schwert galoppierte Colin gegen den Sturm, gegen den Tod, gegen die Zeit an. Gespenstisch klar beleuchtete ein greller Blitz den Bogenschützen und zwang Colin, mit anzusehen, wie er den Bogen spannte, bis er zitterte. Der Mann wartete geduldig auf den Augenblick, in dem der gefiederte Schaft seines Pfeiles sicher in das Herz eines Opfers dränge.
    Allmächtiger im Himmel, er schaffte es nicht mehr! Colin stieß ein lautes Brüllen aus, das jedoch im Donner unterging.
    Er senkte sein Schwert genau in dem Moment, in dem der Bogenschütze den Pfeil in Richtung seines Opfers surren ließ.
    Und er hatte sehr genau gezielt. Der Reiter richtete sich auf und stürzte mit wild fuchtelnden Armen rücklings vom Pferd.
    Mit einem schmerzerfüllten Schrei trieb Colin dem Mörder die verdiente Klinge in die Brust und nagelte ihn an den Baum, hinter dem er versteckt gewesen war. Die Kraft des Hiebes zog Colin mit

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