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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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erwiderte: »Und Sie auf sich.«
    Ohne ein weiteres Wort von Lyssandra abzuwarten, lenkte sie Chaunceys Gaul über die Zugbrücke, und als sie sich noch einmal umdrehte, sah sie, dass das Mädchen immer noch in der Stalltür stand und ihr nachwinkte. Dann jedoch wandte Tabitha ihr Gesicht der Zukunft zu, dankbar für den Wind, der heftig genug blies, um ihr die Tränen aus den Augen zu peitschen, ehe sie der Flut Einhalt gebieten konnte.

23
    »Scheint, als wäre der Lohn der Sünde ein Schlaf auf dem Friedhof.«
    Bei dieser hämischen Feststellung öffnete Colin mühsam ein Auge und entdeckte, dass Arjon am Fußende seines Bettes stand und frech grinste.
    Er stöhnte und vergrub den Kopf unter dem Kissen. »Es ist bereits Strafe genug, dass Gott einen Feind wie dich am frühen Morgen in mein Zimmer schickt.«
    »Ob Freund oder Feind bleibt noch abzuwarten.«
    Colin richtete sich auf und warf Arjon das Kissen an den Kopf. Die plötzliche Bewegung war eindeutig zu viel. In dem vergeblichen Bemühen, das Dröhnen seines Schädels zu lindern, rieb er sich die Schläfen. »Würdest du bitte MacDuffs Priester sagen, dass er aufhören soll mit dem schrecklichen Glockenläuten?«
    Der Normanne legte den Kopf auf die Seite und lauschte scheinbar angestrengt. »Das muss wohl das Läuten deines Gewissens sein, fürchte ich.« Jedes Schnalzen seiner Zunge klang wie das Klirren einer Zimbel in Colins geplagten Ohren. »Oh, wie tief die Mächtigen doch sinken können«, fügte Arjon gut gelaunt hinzu.
    Colin schwang seine Beine in die Luft und fuhr zusammen, als ihm eine Lanze des Schmerzes durch den Schädel schoss. »Du kannst grinsen, so viel du willst - aber bitte halt dich mit Bibelzitaten zurück. Derartige Sätze sind aus einem lasziven Maul wie dem Deinen höchst unpassend.«
    »Und dann beleidigst du mich noch, obgleich ich gekommen bin, mich deiner rabenschwarzen Seele anzunehmen!« Arjon drückte ihm einen Krug in die Hand.

    Stirnrunzelnd blickte Colin auf das übelriechende Gebräu. »Was für ein Gift ist denn das?«
    »Kein Gift, sondern ein Gegenmittel gegen das Zeug, das du gestern Abend in dich reingeschüttet hast.«
    Colin kapitulierte und leerte grunzend den undefinierbaren Inhalt des Kruges. Die bräunliche Flüssigkeit lüftete einen Teil des Nebels in seinem Gehirn, aber sie milderte nicht den bitteren Geschmack in seinem Mund. Eine Bitterkeit, die weniger von dem übermäßigen Alkoholgenuss herrührte als von den ätzenden Bemerkungen, die er und Tabitha ausgetauscht hatten.
    »Tabitha …«, murmelte er, von einer Woge des Selbstmitleids überrollt.
    Dann griff er unter sein Kopfkissen, zog ein zerrissenes Goldkettchen hervor und betrachtete den Smaragd, der der Trübheit seines Blicks mit seinem kühnen Schimmer spottete.
    Indem er ihr das Amulett abgenommen hatte, hatte er Tabitha vor sich selbst beschützt. Trotzdem sah er noch das Blinken unvergossener Tränen in ihren Augen, als sie ihn geradezu angefleht hatte, ihr zu vertrauen. Sicher hatte er durch sein Verhalten ihr Herz ebenso gebrochen wie das zarte, güldne Band.
    Vage erinnerte er sich daran, dass er nach dem Streit in sein Zimmer zurückgestolpert war, um sein Elend in weiteren Krügen frischen Biers zu ertränken. Doch ihrer beider Worte hallten mit düsterer Endgültigkeit durch seinen Schädel.
    »Hast du sie gesehen?«, fragte er seinen Freund.
    Arjon stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Du hast ganz andere Probleme als deine Geliebte, Mylord! Genau in diesem Augenblick hält MacDuff mit der Brisbane’schen Viper eine Beratung ab. Sie haben sich vor über einer Stunde
zurückgezogen, und nach der rührenden kleinen Vorstellung, die du und Tabitha gestern Abend im großen Saal botet, würde ich wetten, dass sich ihr Gespräch weder um den diesjährigen Heupreis noch um die exorbitanten Steuern dreht.«
    Colin sah ihn blinzelnd an. »Hat man es so deutlich gemerkt?«
    »Man hätte so blind vor Liebe sein müssen wie MacDuffs schwachsinnige Tochter, um es nicht zu sehen.«
    »Lyssa«, wisperte Colin und hielt sich die Augen zu. »Himmel, ich möchte sie keinesfalls verletzen.«
    »Dann tu es auch nicht!«
    Den stets ausgeglichenen Normannen hatte Colin nie zuvor wütend erlebt; aber er hätte beinahe geschworen, dass sich in den Augen seines Freundes etwas wie Zorn rührte.
    »Geh am besten sofort zu MacDuff und wirf dich ihm zu Füßen. Trotz seines aufgeblasenen Gebarens hat er dich immer gern gehabt. Sag ihm, Tabitha wäre nichts

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