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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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der Mutter. Obgleich Magwyns Miene starr blieb, strich sie der Kleinen mit einer an Ehrfurcht grenzenden Zärtlichkeit über das kurze Haar. »Was auch immer Ihr seid, Ihr habt meiner Tochter Lächeln, Stimme und sogar ihr Leben zurückgegeben. Vielleicht sprecht Ihr die Wahrheit. Vielleicht ist es gleichgültig, was für Kräfte eine Frau besitzt - solange sie sie für gute Zwecke nutzt.«
    »Gut gesagt, Magwyn«, mischte Colin sich ein, glitt ebenfalls vom Rücken seines Pferdes und legte Tabitha die Hände auf die Schultern. »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.«
    Tabitha schwoll vor Glück das Herz, als die Menschen sich schüchtern um sie versammelten, ihr versicherten, Lucy wäre während ihrer Abwesenheit bestens versorgt worden, und Colin die kleine Blythe in den Arm drückten.

    Doch ihre Freude legte sich, als sie sah, dass eine Frau besorgt den Hals reckte, um über die anderen hinwegzuschauen. »Wo ist mein Junge?« fragte sie. »Hat jemand meinen Jungen gesehen?«
    Dies war der Augenblick, vor dem Colin sich so gefürchtet hatte. Mit ernster Miene gab er das Baby der alten Nana zurück, ehe er nach den Händen von Chaunceys Mutter griff.
    Er war voll tiefstem Mitgefühl. »Es tut uns allen weh, Gunna, aber Chauncey ist gefallen. Dein Sohn wurde ein weiteres Opfer von Brisbanes Verrat. Er starb als Held, opferte sein Leben, um eine unschuldige Frau zu retten!«
    Die arme Mutter sank gegen seine Schulter und brach in jämmerliches Schluchzen aus. Erst in diesem Augenblick nahm Tabitha die reglosen jungen Gesichter am Rand der Menge wahr. Als sie kürzlich diesen Ort verlassen hatte, waren sie noch Jungen gewesen - aber nun blitzten ihre zusammengekniffenen Augen entschlossen wie die erwachsener Männer.
    Der mit dem längsten Haar und dem bösesten Blick trat schließlich vor. »Wie viele noch, Mylord?«, wollte er wissen. »Wie viele von uns müssen noch sterben, ehe wir endlich zurückschlagen?«
    Colins Hände lagen zärtlich auf den bebenden Schultern der weinenden Frau; aber auch seine Augen blitzten wie geschliffene Diamanten, als er das Wort aussprach, das sie alle so sehnlich erwarteten.
    »Keiner!«
     
    Lord Brisbane wurde wach und lächelte siegessicher.
    Das tat er, seit er Iago zu MacDuff geschickt hatte, des Öfteren. Sein Schlaf wurde von Visionen eines gewissen selbstgerechten
Ritters gewärmt, der auf einem der Spieße in der Hölle briet. Der letzte Traum, in dem eine Horde kleiner roter Teufel um Colin herumscharwenzelt war und ihn mit winzigen Heugabeln traktiert hatte, bis er winselte wie ein Weib, hatte ihn besonders amüsiert.
    Höchst vergnügt schob Roger die Vorhänge seines luxuriösen Betts zur Seite und stand auf. Seine gute Laune trug ihm die argwöhnischen Blicke der in einer Ecke zusammengedrängten Dienstboten ein, die darauf warteten, ihrem Herren gefällig zu sein.
    Ein gebeugter Alter schlurfte mit einem Messingtopf auf seine Exzellenz zu, und ohne darauf zu achten, dass er dem armen Kerl auf die Füße pinkelte, erleichterte sich Roger mit einem Seufzer der Zufriedenheit.
    Während der Lakai den Nachttopf im Toilettenschacht entleerte, streckte Roger die Arme aus und ließ sich von zwei anderen Dienern eine seiner eleganten Roben anlegen. Obgleich man das bodenlange Gewand für gewöhnlich über einem Hemd aus Leinen trug, bevorzugte Roger die Liebkosung des Samts direkt auf seiner Haut. Wie eine Marmorstatue stand er mitten im Raum, während er rasiert, gekämmt und mit aus Sizilien importiertem Zitronenwasser parfümiert wurde.
    Er wollte besser aussehen als je zuvor. Denn heute würden seine Träume wahr!
    Alle Wachen waren bereits angewiesen, die Tore einladend zu öffnen, da sicher jeden Augenblick sein Abgesandter am Kopf der Prozession erschiene, die MacDuffs verwöhnte Tochter in die Arme ihres erwartungsvollen zukünftigen Gatten geleitete.
    MacDuff hatte entschieden keine Ahnung, dass Rogers freudige Erwartung nicht seiner dummen Göre, sondern
dem anderen Weibsbild galt. Der Frau, die das eine Ziel erreicht hatte, das für Roger unerreichbar war - nämlich Colins Seele zu korrumpieren.
    Schade nur, dass ihm die Freude verwehrt bliebe, sich offen am Untergang des alten Freundes zu erfreuen! Er hatte sich entschlossen, Colins Tod sofort zu arrangieren; sonst bekäme der fromme Narr noch die Gelegenheit, auf die Knie zu fallen und seinen Herren um Vergebung anzuflehen dafür, dass er den Reizen einer Hexe verfallen war. Roger seufzte tief. Es wäre

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