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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Bericht über die Geschehnisse anzufertigen schien, reckte sie den Hals, um über die wippende Feder seines Gänsekiels zu blicken. Ihre Brille steckte immer noch in der Brusttasche ihres Pyjamaoberteils, sodass sie blinzeln musste, um das in seiner blumigen Schrift verfasste Datum zu erkennen - Im Jahre des Herren Zwölfhundertvierundfünfzig.
    »Zwölfvierundfünfzig. Zwölfvierundfünfzig«, murmelte sie.
    Diese besondere Zahlenreihe war ihr beunruhigend vertraut. Eins. Zwei. Fünf. Vier. Stöhnend erinnerte sie sich daran, dass das Amulett entsprechend genau dieser Parameter von ihr vergrößert worden war. Weshalb hatte sie nicht die
eins, die Neun, die Sieben und die Sechs gewählt? Damit hätte sich beispielsweise die Herausforderung beschränkt auf die Erfindung der Diskothek.
    Als sie auf den Stuhl neben Brisbanes Thron gedrückt wurde, ertönte irgendwo in ihrem Rücken Lucys jämmerliches Maunzen.
    Sie bedachte ihre Angreiferinnen mit einem bösen Blick. »Lasst mich sofort los, ihr blöden Kühe, sonst … sonst …«
    Zeige ich euch an wegen Nötigung?
    Wähle ich die Nummer der Polizei?
    Halte ich euch eine Standpauke, die sich gewaschen hat?
    Wütend brach Tabitha ab.
    »Man kann es dem Weib nicht verdenken, wenn es zornig ist«, säuselte eine der Frauen und drückte Tabitha einen Blumenkranz auf das zerzauste Haar. »Schließlich verliert sie bald mehr als ihre Nerven.« In gespieltem Mitgefühl fuhr ihr Finger über Tabithas Hals.
    Eine andere dieser Kühe fächerte sich mit ihren fetten Händen Luft zu.
    »Leider kostet sie die eine Nacht mit Ravenshaw nicht nur ihre Unschuld, sondern auch noch ihren Kopf.« Sie zwinkerte den anderen zu. »Aber ohne Zweifel hat es sich gelohnt. Schließlich heißt es, dass er im Bett noch größere Fähigkeiten als auf dem Schlachtfeld entfaltet.«
    Die Frauen lachten, doch Tabitha wurde starr. Sicher hätte sie noch lauter gelacht, wenn sie gewusst hätten, dass sie in Sir Colin nicht einmal den Hauch von Lust geweckt hatte. Zumindest nicht, solange er wach gewesen war.
    Ihre Peinigerinnen krönten ihre Bemühungen, sie zu erniedrigen, indem sie sie in einen mit Hermelin gesäumten Umhang hüllten. Allmählich fühlte sie sich wie Miss America - allerdings ohne es zu verdienen - ihrer Meinung nach.

    Immer noch flüsternd und kichernd zogen sich die Weiber auf ihre Plätze zurück, und Tabitha hatte kaum genügend Zeit, um auch nur Luft zu holen, ehe Brisbane, eingehüllt in eine Wolke aus Zitronenwasser, wieder seinem Thron zustrebte.
    »Sollten Sie nicht unten auf dem Turnierplatz sein und Ihre Ehre … oder vielmehr Ihren Mangel daran verteidigen?«, ging Tabitha unfreundlich auf ihn los.
    Brisbanes nonchalantes Schulterzucken wurde durch das Kräuseln seines Umhangs noch verstärkt. »Jeder Mann und jede Frau hat das Recht, sich einen Vertreter auszusuchen. Ich habe meinen schon gewählt und, ah … hier kommt der Eure.«
    Seine Stimme troff vor Boshaftigkeit; trotzdem gab Tabitha der Versuchung nach, sich ein Stück nach vorn zu beugen und das Geländer zu umklammern, das rund um das Podium verlief.
    Buhrufe und hämisches Gelächter drangen an ihre Ohren, als Colin auf einem zotteligen Pony den Turnierplatz erreichte. Man hatte ihn sowohl seiner Rüstung als auch seines Hemds beraubt, sodass er nichts als seine Stiefel und ein Paar loser schwarzer Hosen trug. Seine Erscheinung hätte lächerlich sein können - aber selbst auf einem halben Pferd und halb gekleidet wirkte er wie jemand, der problemlos ein oder zwei Drachen tötete. Ohne sein Hemd kamen die während zahlreicher Gefechte gestählten und durch die ägyptische Sonne gebräunten Muskelstränge vorteilhaft zur Geltung.
    Als einer von Brisbanes grinsenden Knappen ihn an der Plattform vorüberführte, verstummte die Menge angesichts der nicht wankenden Würde, die Colin auch in diesem Aufzug ausstrahlte.

    Tabitha stellte erleichtert fest, dass seine Wunde nicht wieder aufgebrochen war. Sie wusste aus Erfahrung, dass man die Energiegewinnung durch einen Big Mac nicht unterschätzen sollte. Und Colin hatte gleich drei Stück verspeist.
    Wahrscheinlich würde Brisbane jetzt abermals eine spöttische Bemerkung machen; doch es war der Priester, der sich von seiner Bank erhob, die Arme gen Himmel reckte und ein frommes »Im Namen des Herrn, sei gesegnet mein Sohn« verkündete.
    »Euren Segen brauche ich nicht, Vater«, brach Colin das entsetzte Schweigen. »Denn die Kirche hat, während ich an einem

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