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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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sie Lucy fest an ihre Brust, umschloss mit der anderen Hand das Amulett und kniff die Augen zu. »Ich wünschte mir …«, sie atmete tief ein. »Ich wünschte mir, ich wäre wieder zu Hause«, beendete sie eilig ihren Satz.
    Ein Hauch von einer Brise strich über ihre Wange, und sie öffnete vorsichtig ein Auge. Der Nebel, die Lichtung, der grasende Hengst - alles war noch da. Verstohlen sah sie sich um, um festzustellen, ob Colin nicht plötzlich zurückgekommen war und beobachtete, wie idiotisch sie sich wieder mal benahm. Doch abgesehen von dem Pferd und dem Kätzchen
waren ihre einzigen Zuschauer die knorrigen Bäume, die verdächtig aussahen wie diejenigen, die im Zauberer von Oz Äpfel auf die arme Dorothy schleuderten.
    Dankbar, dass ihre Mutter sie in diesem Augenblick nicht sehen konnte, stand Tabitha auf, schlug dreimal die Fersen ihrer Streifenhörnchenpantoffeln gegeneinander und murmelte: »Nirgends ist es schöner als daheim. Nirgends ist es schöner als daheim.«
    »Da habt Ihr Recht! Zu Hause ist es wirklich schöner als sonstwo auf der Welt.«
    Tabitha riss die Augen auf. Colin lehnte an einem der Bäume und blitzte sie belustigt an. Im Mitternachtsblau seiner Brusthaare glitzerten frische Wassertropfen, und mit dem aus dem Gesicht gekämmten feuchten Haar und den dunklen Bartstoppeln am Kinn sah er eher wie ein wilder Pirat als wie ein edler Ritter aus.
    Sie wurde rot und stammelte: »Ich h-h-habe gerade einen Tanz geübt.« Um ihre Worte zu bekräftigen, sprang sie, ohne auf Lucys Zappeln zu achten, ein paarmal hin und her. »Wenn ich mich wieder einer Truppe Komödianten anschließen will, brauche ich ein neues Programm.«
    Colin stieß sich von dem Baum ab und näherte sich ihr. »An Eurer Stelle würde ich mich keinesfalls als Geschichtenerzählerin versuchen - denn Eure Begabung fürs Lügen ist nicht größer als für sonstige Kunststücke.«
    Himmel, er wusste es, dachte Tabitha voller Panik. Er wusste, dass sie eine jämmerliche Zauberin aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert war. Lucy entwand sich ihrem Griff und sprang auf die Erde; aber Tabitha rührte sich auch dann noch nicht vom Fleck, als Colin sanft ihre Finger auseinander bog und das Amulett betrachtete.
    »Das habt Ihr gestohlen, stimmt’s?«

    »Was?«
    Er nickte in Richtung des Smaragds. »Die Kette! Das ist der Grund, weshalb die Komödianten Euch davongejagt haben. Sie sind zu abhängig vom Wohlwollen der Edelleute, um sich eine kleine Diebin in ihren Reihen leisten zu können. Haben sie Euch mit dem Absäbeln Eurer Haare für den Diebstahl bestraft?«
    Stirnrunzelnd betastete Tabitha ihre Frisur. Für den praktischen Rundschnitt hatte sie bei Henri Bendel’s in der Fifth Avenue über zweihundert Dollar bezahlt.
    Er überraschte sie, indem er eine ihrer sandfarbenen Strähnen um seinen Finger wickelte und sie mitfühlend, ja, beinahe zärtlich, betrachtete. »Ihr habt Glück gehabt, dass sie sich mit Euren Haaren begnügten. Normalerweise hackt man Dieben gleich eine ihrer Hände ab. Locken wachsen schließlich wieder nach.«
    Dankbar, dass er ihr eine derart blumige, wenn auch peinliche Geschichte verpasst hatte, senkte Tabitha die Augen und hoffte, angemessen zerknirscht auszusehen. »Ich wollte die Kette gar nicht nehmen, Sir«, erklärte sie. »Bloß hatte ich einfach nie zuvor etwas derart Hübsches gesehen.« Sie fuhr zusammen, denn der falsche britische Akzent war sicher keine sonderlich gute Idee. Mit ihm klang sie wie die uneheliche Tochter von Eliza und Dr. Doolittle.
    Colin klopfte vorsichtig auf das Amulett. »In diesen Wäldern treibt sich jede Menge Gesindel herum. Vielleicht wäre es das Beste, ich bewahrte den Schmuck für Euch auf.«
    »Nein!« Sie trat einen Schritt zurück, und die Kette spannte sich zwischen ihnen. »Sie gehört mir. Ich habe bereits den Preis dafür bezahlt, dass ich sie gestohlen habe - also sollte man mir auch erlauben, sie zu behalten!«
    Er sparte es sich, auf ihre wirre Logik einzugehen. »Ich
will Euch ja nicht ausrauben. Ihr bekommt Euren Schatz zurück, wenn ich meine, dass es passt.«
    Nackte Panik wallte in Tabitha auf. Vielleicht käme sie auch mit dem Amulett nicht mehr nach Hause, aber ohne ginge sie jeglicher Chance verlustig. Allerdings rief sie durch allzu vehemente Proteste wiederum seinen Argwohn wach. »Ach, ja? Und was ist, wenn Sie plötzlich beschließen, die Kette bei Gelegenheit irgendeiner drallen Magd für ihre Dienste zu überlassen? Oder sie zu versetzen, weil

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