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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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erreichten eine strahlende Tabitha und ein furchtsamer Chauncey ungefähr drei Minuten vor Colin und Arjon die MacDuff’sche Burg. Ehe Colin, nachdem er über die Wiese galoppiert gekommen war, sein Pferd auch nur zum Stehen bringen konnte, hatte sich Chauncey bereits aus dem Sattel seines Tiers geschwungen und lag bäuchlings im Gras.
    Er umklammerte die Beine seines Herrn und seine Stimme krächzte wie die eines Jungen, der im Körper eines Mannes eingekerkert war. »Oh, bitte, Sir, lasst mich nicht auspeitschen! Die Hexe hat mich gezwungen, sie hierher zu bringen. Ich habe sie angefleht, es nicht tun zu müssen, aber sie hat mir höllisch eingeheizt und mich einfach durch Winken zu ihrem Sklaven gemacht.« Er bedachte Tabitha mit einem triumphierenden Blick, ehe er Colins Wade unterwürfig küsste.
    Sie verdrehte die Augen und schnaubte verächtlich auf. »Ich habe nichts dergleichen getan. Der Junge war ebenso versessen herzukommen wie ich …«

    Colin versuchte, Chauncey abzuschütteln. »Heiliger Strohsack, hör auf, mir die Stiefel zu lecken! Ich habe nicht die Absicht, dich auspeitschen zu lassen oder sonst etwas mit dir anzustellen.«
    Dieses Versprechen trug ihm einen weiteren Regen feuchter Küsse ein. »Gott segne Euch, Mylord! Ihr seid der freundlichste, großmütigste Herr, den es je auf Ravenshaw gegeben hat. Ich habe alles getan, mich der Hexe zu widersetzen - aber ihr Zauber war stärker als ich.« Er reckte die Arme. »Es gab wirklich keinen Ausweg!«
    Colin sah Tabitha reglos an. »Glaubt mir, ich weiß, wie die Lady einen einwickeln kann.«
    Ihr sonniges Lächeln besänftigte ihn nicht. Sie hatte erwartet, dass er wütend sein würde, weil sie ihm nicht gehorchte. Auf ein derart wildes Blitzen in seinen Augen war sie jedoch nicht gefasst gewesen. Er sah beinahe aus, als ob er … in der Falle saß. Obgleich er sich dem monströsen Schottenmörder im Kampf gestellt hatte ohne auch nur die geringste Spur von Angst, schien es, als befände er sich angesichts ihres unerwarteten Auftauchens regelrecht in Panik.
    Arjon schlug ihm auf den Rücken. »Komm, mein Freund! Deine Frau hat dir ihre Treue bewiesen und viel riskiert, um bei dir zu sein. Ist das die Art, wie du deiner Freude darüber Ausdruck verleihst?«
    Seine Begeisterung über ihre Gegenwart verstärkte Tabithas plötzliches Unbehagen noch. Wenn der spitzbübische normannische Ritter derart glücklich über ihr Erscheinen war, dann befanden sie sich wohl, und vor allem Colin, tatsächlich in einer sehr misslichen Lage.
    Tabitha blickte blinzelnd zu dem über ihnen aufragenden, erschreckend prächtigen Gemäuer auf. »Und was machen wir jetzt? Klingeln wir vielleicht einfach am Tor?«

    Das war überhaupt nicht notwendig. Mit ohrenbetäubendem Kettengerassel senkte sich mit einem Mal die Zugbrücke herab. Tabitha stieß einen wehmütigen Seufzer aus. Dies war endlich eine Burg, die den Fantasien ihrer Mutter entsprach. Hoch aufragende Türme und elegante Kuppeln krönten die Mauern aus blendend weißem Stein. Eiserne Gitter schützten die untersten Ausgucke; aber hoch über ihnen blitzten rubinrote und smaragdgrüne Buntglasfenster im sommerlichen Sonnenschein. Auf dem höchsten Turm kündete eine flatternde Standarte von der Macht und Herrlichkeit des Burgherren. Während die Zugbrücke langsam herunterknarrte, hätte Tabitha beinahe geschworen, dass sie die entfernten Klänge von »Camelot« vernahm.
    Sie musterte Colin mit einem verstohlenen Blick. Seine Miene war so grimmig, als gingen gleich die Tore der Hölle vor ihm auf. Er schob Chauncey ruppig zur Seite und glitt von seinem Pferd, da er dem Grauen, welches auch immer ihn erwarten mochte, offenbar lieber fest auf seinen beiden Beinen gegenübertrat.
    Verwundert sah sie Arjon an. Sein erwartungsvolles Grinsen erklärte gar nichts. Zu ihren Füßen machte die Zugbrücke krachend Halt. Doch das Geschöpf, das an ihrem Ende auftauchte, war kaum der gehörnte Dämon, den Tabitha erwartet hatte.
    Aber welche verzauberte Burg wäre ohne eine schöne Prinzessin vollständig?
    Das Gesicht des ranken jungen Mädchens, das die Rampe herunterhuschte, wurde von einer Wolke jettfarbener Locken gerahmt. Ihre schnellen Füße schienen die Planken kaum zu berühren, und jede ihrer Bewegungen war eine Studie natürlicher Grazie. Tabitha richtete sich kerzengerade im Sattel ihres Pferdes auf.

    »Colin!«, sang das Mädchen mit der Stimme eines Engels, ehe es ihm die Arme um den Nacken schlang und sein

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