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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Als sie nicht protestierte, überlegte er kurz, ob er ihre Hand in seiner behalten sollte, entschied dann jedoch, daß es klüger wäre, dies nicht zu tun.
    Immer noch beiläufig, bemerkte er: »Weißt du, es ist das erste Mal, daß ich dich etwas über den Charakter dei-nes Vaters sagen höre. Ich weiß, daß er in verschiedenen fernen Ländern gedient hat und daß er starb, als du sechzehn warst. Aber ansonsten weiß ich praktisch gar nichts. Mir kommt es so vor, als hätte nie einer aus deiner Familie An je erwähnt.«
    Juliet seufzte. Eine leichte Brise strich über die Dünen, Ulld sie zog den Schleier herunter, so daß die Nachtluft ihr kühlen konnte. »Er war ein schwieriger Mann.
    Kinder zu haben schuldete er seinem Namen, aber anson-sten hatte er kaum Interesse an seinen Söhnen, noch weniger an seiner Tochter. Obwohl er in vieler Hinsicht bewundernswert war, so war er auch ein ziemlicher Tyrann. Ich nehme an, daß für die Familie vor zwölf Jahren die Erinnerung noch zu frisch war, um unbelastet über ihn zu reden. Nun dürfte genug Zeit verstrichen sein, um ihn aus der Distanz zu betrachten.«

    »Wie hast du für ihn empfunden?« Sie zögerte. »Ich wünschte mir immer verzweifelt, es ihm recht zu machen, aber weil er ein solcher Tyrann war, hatte ich ständig mit ihm zu kämpfen. Das taten wir eigentlich alle, außer der armen Mutter, die ständig wie ein hilfloses frischgeschlüpftes Küken zwischen ihrem Ehemann und ihren Kindern gefangen war.«
    »Interessant«, murmelte ROSS und hielt seinen Blick auf das bleiche Oval ihres Gesichts geheftet. Er wollte sie so gerne berühren, daß er befürchtete, seine Hand würde sich ohne sein Zutun bewegen. Daher griff er in den weichen Boden und ließ Sand durch seine Finger rieseln. »War sein mangelndes Interesse an dir der Grund, warum du immer mit deinen Brüdern unterwegs warst und die gleichen Dummheiten angestellt hast?«
    Eine überraschte Pause entstand. »Das ist sehr wahrscheinlich, obwohl ich in dieser Richtung noch gar nicht gedacht habe.
    Damals fand ich, daß Jungen soviel interessantere Dinge tun konnten als Mädchen. Zudem gab es in Tripolis oder Teheran nur meine Brüder und sonst niemanden, mit dem ich spielen konnte, denn in beiden Städten kannten wir keine europäische Familie, die ein Mädchen in meinem Alter hatte.«
    Noch mehr als zuvor wünschte ROSS sich, sie anfassen zu dürfen, doch er wollte die zarte, zerbrechliche Bande» die im Augenblick zwischen ihnen bestand, nicht dadurch
    zerstören. In den letzten wenigen Minuten hatte sie ihm mehr über die Gefühle ihrer Kindheit offenbart, als in der kurzen Zeit ihrer Verliebtheit und Ehe. Vielleicht konnte er ein bißchen von dem Geheimnis lösen, wer seine Frau eigentlich war, wenn er das Gesagte erst einmal verdaut hatte. »Kein Wunder, daß es hart für dich war, nach deines Vaters Tod auf eine englische Mädchenschule geschickt zu werden.«
    »Es war entsetzlich«, gestand sie inbrünstig. »Ich wollte mich mit ihnen anfreunden, aber ich wußte nicht, wie. Jedenfalls nicht, bis Sara mich an die Hand nahm. Es gab meiner Position dort einen gewaltigen Schub, daß sie mit mir befreundet war, denn sie war das beliebteste Mädchen an der Schule. Und wichtiger noch: Sie brachte mir bei, wie man sich vernünftig benimmt. Die englische Oberklasse ist ein Labyrinth aus erhabenen Ritualen, aus richtigen und falschen Arten, etwas zu tun. Macht man einen Fehler, ist man für ewig als Außenseiter gebrandmarkt.«
    »Du warst aber keine Außenseiterin. Deine Eltern stammten beide aus sogenannten guten Familien. Du hattest genauso viel Recht, in dieser Gesellschaft deinen Platz einzunehmen wie jedes andere Mädchen auf der Schule.«
    Juliet senkte den Kopf. »Theoretisch mag das richtig sein, aber in der Praxis funktionierte es nicht auf diese ^t. Ich war nicht nur vollkommen unwissend, was die Regeln und den Klatsch betraf, über den die anderen redeten, ich war auch noch Schottin, die größte der ganzen schule und hatte schrecklich unmodisches Haar.
    Ich wußte noch nicht mal, wie man richtig kichert. Wäre Sara licht gewesen, wäre ich wohl irgendwann weggerannt.«
    Sein Herz krampfte sich bei dem Gedanken an das tod-Unglückliche Kind, das sie gewesen war, zusammen. »Die Beschichten, die du mir von deiner Schulzeit erzählt hast, waren immer spaßig gewesen. Ich hatte keine Ahnung, daß es dir so übel erging.«
    »Jammern und Klagen steigert nicht gerade die Anziehungskraft, also habe ich

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