Wilder Engel (German Edition)
Eintrag mehr mit der Überschrift August 98 ! Da klaffte nur eine riesige Informationslücke, wie es schien. Ein schwarzes Loch musste den August 98 verschlungen haben.
Auch die Annamirl Apunkt war selbstredend aus Angela Engels Tagebuchaufzeichnungen verschwunden.
Restlos.
Es fanden sich unter Juli 98 mehrere längere Eintragungen, die aber hauptsächlich Angelas künstlerische Fortschritte festhielten. Ebenso Ideennotizen für künftige Themengebiete, die sie offenbar ernsthaft angehen wollte. Damit hatte es sich dann auch schon. Nichts Privates, was auch schon irgendwie seltsam war.
Erst beim Weitersurfen durch die Datei stieß die verblüffte Angie schließlich auf folgende Episode:
09. September 98
Ich bin so was von sauer auf Philipp!
Ach was, auf die ganze Welt! Da dachte ich dummes Huhn doch wieder einmal, den Fang meines Lebens gemacht zu haben – erfolgreicher Manager und dazu noch der beste Lover, den ich je hatte. Ausgestattet mit einem sinnlichen Mund und einem tollen Körper, im Bett ein Stier, im normalen Leben ein Gentleman! Selbst meine besten Freundinnen waren neidisch, insgeheim wenigstens, das konnte ich unterschwellig spüren.
Und jetzt das …
Eben ist Karin gegangen. Sie wirkte ziemlich genervt, weil wieder einmal sie es war, die mir die Augen zu öffnen hatte. Und die dafür eins auf die Mütze bekam als Dankeschön. Wie das halt so ist, keiner hat schließlich behauptet, dass es im Leben gerecht zugeht. Jedenfalls nicht in meinem Leben. Und in Karins auch nicht!
»Ist Philipp eigentlich aus London zurück?«, hatte sie mich bald nach der Begrüßung gefragt. Wir saßen auf dem Balkon, genossen die spätsommerlich milde Luft und tranken ein kühles Bier.
Weil ich Karin gut genug kenne, war ich sofort hellhörig und auf dem Sprung.
»Er kommt morgen Abend an. Warum fragst du?«
»Nun«, sie druckste sichtlich herum. »Weil … ich glaube, ich habe ihn gestern Abend mit Christiane Kranich in dem neuen Weinlokal in der Kaiserstraße gesehen. Oskar hatte mich in den Schuppen eingeladen. Er sagt, er geht da jetzt jeden Mittag hin. Das ist bequem für ihn, weil es gleich um die Ecke von seiner Galerie liegt. Er hat die Kranich sogar gegrüßt im Vorbeigehen. Philipp drehte uns allerdings den Rücken zu in dem Moment, ich bin mir also nicht hundertprozentig sicher …«
»Was soll das heißen, du bist dir nicht hundertprozentig sicher?«, fuhr ich sie unbeherrscht an. Was mir sofort leid tat, immerhin ist es in keinem Fall ihre Schuld, aber ich war einfach in Panik geraten.
»Also anzufahren brauchst du mich wirklich nicht«, sagte sie denn auch beleidigt. »Es muss ja auch gar nichts bedeuten. Ich meine, immerhin hat die Kranich ihr Reisebüro ebenfalls in der Kaiserstraße. Und die Anwohner rennen momentan alle in das neue Lokal, wie das eben so ist am Anfang. Irgendwann ist der Schuppen dann wieder out, oder aber er etabliert sich auf mittlerem Niveau.«
»Red keinen Blödsinn!«, fuhr ich sie ein zweites Mal scharf an. »Du weißt doch ganz genau, falls es tatsächlich Philipp war, muss auf alle Fälle was faul sein an der Geschichte. Wie kann er denn gleichzeitig in London und in der Kaiserstraße in München sein?! Verrat mir das mal, wenn du kannst, du Lieschen Schlaumeier!«
Karin sprang auf. »So lasse ich nicht mit mir umspringen, Angela Engel!«, verkündete sie. »Ich bin als Freundin gekommen. Und weil ich nicht will, dass es später vielleichtheißt, ich hätte dir etwas absichtlich verschwiegen.«
»War es nun Philipp, oder war es nicht Philipp!!!«, rief ich drohend, mit mindestens drei Ausrufungszeichen in der Stimme.
»Er war es!«, schrie sie und rannte auch schon nach drinnen, wo sie sich ihre Tasche von der Wohnzimmercouch schnappte und abrauschte.
Ich hörte noch, wie die Wohnungstür mit einem lauten Knall zufiel, dann war ich alleine mit mir.
Was mir momentan sogar ganz lieb war, so konnte ich wenigstens gleich mit einer allerersten Kontrollitis-Aktion beginnen.
»Greßmann«, meldete er sich doch tatsächlich am Telefon. Dabei hatte ich eigentlich schon erwartet gehabt, dass sich nur der Anrufbeantworter einschalten würde.
Immerhin musste Philipp meine Nummer ja wohl noch erkannt haben, selbst wenn er neuerdings mit der Reisebüromaus turteln sollte!
»Hey, du bist ja schon zurück aus London!«, tat ich überrascht. »Eigentlich hatte ich dir bloß ein paar süße Unanständigkeiten aufs Band sprechen wollen. Damit du dich beim Heimkommen
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