Wilder Eukalyptus
Stuhl, um Dave auf sich aufmerksam zu machen, und spreizte die Finger zu einer Telefongeste. Dave sah ihn verständnislos an, bis der Groschen plötzlich fiel.
»Ned, haben Sie auf der Wache angerufen und uns den anonymen Tipp gegeben, nachdem das erste Mal gestohlenes Vieh auf Billbinya gesehen worden war?«
Ned nickte. Er zitterte jetzt so stark, dass er seine Hände kaum noch unter Kontrolle hatte, und er spürte einen großen Druck in der Brust.
»Wer ist Ihre Tochter?«, fragte Dave vorsichtig. Zu Craig sagte er: »Ruf einen Arzt.«
Craig verließ den Raum.
»Mir ist übel.« Ned stand plötzlich auf und taumelte, die Hände an die Brust gepresst. Dave schoss von seinem Stuhl hoch und rief Craig hinterher, sofort einen Notarzt zu holen. Ned sackte zusammen, bevor Dave bei ihm war, und sein leerer Blick blieb an den Tischbeinen hängen.
Kapitel 29
»H allo?«, meldete Gemma sich am Telefon.
»Hi, Gem, wie geht’s?«, fragte Patrick mit ungewohnter Anspannung in der Stimme.
»Was ist los, Pat?«, fragte Gemma besorgt, da ihr sein nervöser Unterton sofort aufgefallen war.
»Es ist wegen Kate. Ich muss so schnell wie möglich nach Queensland zurück. Sie ist vom Pferd gefallen. Sie hat sich ein Bein gebrochen, und ein paar Rippen sind geprellt.«
»O nein! Pat, du musst sofort zu ihr. Soll ich einen Flug für dich buchen?«
»Das wollte ich gleich im Anschluss machen. Schaffst du das, dich zusätzlich um Hayelle zu kümmern?«
»Ja, das kriegen wir schon hin. Am besten, du lässt die Liste mit den Arbeiten, die Dad dir aufgetragen hat, auf dem Küchentisch liegen. Wir kümmern uns darum.« Gemma machte eine kurze Pause. »Vielen Dank, Pat. Danke für alles. Ich glaube, ohne dich hätte ich es nicht geschafft.«
»Sicher hättest du es ohne mich geschafft. Ich fahre noch heute Abend nach Adelaide und informiere unsere alten Herrschaften über Kates Unfall. Vielleicht sollte ich ihnen bei der Gelegenheit auch gleich sagen, dass wir heiraten wollen.«
Gemma lächelte. »Keine schlechte Idee. Sag es Dad lieber
jetzt, bevor es vielleicht zu spät ist. Aber bring es ihm schonend bei.«
»Vielleicht bekommt er einen solchen Schock, dass er sofort nach Hause fährt und sich wieder um seine Farm kümmert.«
Als Gemma auflegte, erschien Bulla in der Tür und Ben direkt dahinter. Ihre ernsten Gesichter ließen Gemma ahnen, dass sie schlechte Neuigkeiten brachten - allerdings hatte sie nicht den blassesten Schimmer, was nun schon wieder war.
Lange nachdem Bulla gegangen war und der Schock wegen Ned sich allmählich gelegt hatte, saß Ben immer noch bei Gemma. Jess half Bulla draußen im Gehege, auch wenn sie ihm keine große Hilfe sein würde, wie Gemma wusste.
»Warum hat er das getan?«, fragte Gemma, nicht zum ersten Mal.
»Ich weiß es nicht, Gem.« Ben nahm ihre Hand.
»Die arme Rose. Ihr Mann liegt im Koma und wird nur noch von Maschinen am Leben erhalten. Und das so kurz vor dem Start in den lang ersehnten Traumurlaub«, sagte Gemma traurig.
Im nächsten Augenblick sprang sie von der Couch auf. »Komm mit, ich will dir was zeigen.« Mit zielstrebigen Schritten ging sie hinaus in den Hof und sprang in den Pick-up, während Ben ihr folgte.
»Ich bin stinksauer«, sagte Gemma und ließ den Motor laut aufheulen, bevor sie zu ihrem Lieblingsplatz auf Billbinya aufbrach. »Ich kann das alles gar nicht glauben. Denkst du, Dave und Craig bekommen Schwierigkeiten, weil Ned beim Verhör zusammengebrochen ist?«
Ben schüttelte den Kopf. »Ich schätze, es wird intern geprüft, ob die Vorschriften verletzt wurden. Aber Rose hat gesagt, dass bei Ned schon vor einem Vierteljahr Herzprobleme diagnostiziert worden sind. Darum haben sie diese Auszeit beschlossen, und darum bin ich als Vertretung eingestellt worden. Offenbar war Neds Herz eine tickende Zeitbombe. Ich bezweifle, dass Dave und Craig etwas vorzuwerfen ist. Vielleicht haben Sie Ned ein wenig in die Zange genommen, aber schließlich hat er sich selbst in diese Situation gebracht. Ich nehme an, Ned war nicht darauf vorbereitet, dass die Polizei ihm auf die Schliche kommt. Trotzdem, ich bin davon überzeugt, dass er wieder gesund wird. Er ist ein zäher, alter Haudegen.«
»Würdest du noch leben wollen, wenn du wüsstest, dass dich nichts Gutes erwartet?«, fragte Gemma und beantwortete die Frage selbst mit einem Kopfschütteln. Sie drehte das Radio lauter und genoss die Nachmittagssonne und den kühlen Fahrtwind, der ihr Gesicht streichelte.
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