Wilder Eukalyptus
nicht sagen«, antwortete Jack, nahm seinen Helm ab und fuhr mit den Fingern durch seine Haare. »Auf der Nordseite ist der Zaun kaputt. Ich fahre später noch mal raus und repariere ihn. Allerdings brauche ich dafür einen Wagen, um das Material und das Werkzeug zu transportieren. Außerdem sind zwei Herden durcheinandergeraten. Keine Ahnung, wie wir es anstellen sollen, die Kälber den richtigen Müttern zuzuordnen.« Jack zog ein kleines grünes Notizbuch aus der Hosentasche und las vor, was er sich bei seiner Kontrollfahrt noch alles notiert hatte.
»Der Zementtank auf der Middleton-Koppel hat ein ziemlich großes Leck, und die Windmühle muss auch repariert werden. Die Auffangbehälter verlieren Wasser. Im Mackay-Graben steckt eine Kuh fest - wahrscheinlich benötigen wir den Traktor, um sie herauszuziehen. Und
zu allem Überfluss ist auch noch eine Hammelherde auf das Grundstück der Woolfords ausgerissen. Sieht aus, als hätten sie in Panik den Zaun niedergetrampelt. Wahrscheinlich sind sie vor einem Dingo oder einem Känguru geflüchtet.«
»So ein Mist«, fluchte Bulla. »Gut, na schön, Jack, am besten, du fährst gleich nach der Mittagspause wieder raus. Nimm Garrys Wagen, dann kannst du den kaputten Zaun flicken. Vielleicht gelingt es dir ja auch, unsere Hammel vom Nachbargrundstück zurückzutreiben. Gaz, du nimmst den Traktor und ziehst die Kuh aus dem Graben, während ich zur Windmühle fahre. Bestimmt muss der Zementtank neu abgedichtet werden. Ich lasse jemanden kommen, der ihn repariert.«
Als Jack sich in Richtung Baracke entfernte, um seine Mittagspause zu machen, hörte er Bulla zu Garry sagen: »Eigentlich hatte ich vor, die fremden Lämmer reinzuholen und dann Jim Carter zu verständigen. Aber es ist wohl besser, wenn wir uns zuerst um die dringenden Sachen kümmern. Ich rufe nach Feierabend mal die Polizei an. Die werden mir schon sagen, was wir tun sollen.«
Jack grinste. Der Plan vom Boss ging auf.
Die Arbeiten, die Jack arrangiert hatte, würden die Männer den ganzen Tag beschäftigen, sodass sie keine Zeit hätten, sich über die fremden Lämmer Gedanken zu machen - und morgen früh würde die Herde bereits wieder verschwunden sein.
Kapitel 8
D as Haus und die Nebengebäude lagen ruhig da, als Gemma gegen zwei Uhr nachmittags auf den Hof fuhr, der einen verwaisten Eindruck machte. Obwohl sie gar nicht so lange fort gewesen war, fühlte sie sich verschwitzt und erschöpft und sehnte sich nach einer Dusche und ihrem Bett. Der Arzt hatte gesagt, dass ihr Vater vorerst nicht arbeitsfähig sei und frühestens in vier Wochen auf die Farm zurückkehren dürfe. Gemma brauchte dringend Schlaf, bevor sie sich mit diesem neuen Problem auseinandersetzte …
Es hämmerte laut an der Tür, und Gemma schielte auf den Wecker neben dem Bett. Es war kurz vor vier Uhr. Sie stand auf, ging zur Tür und blinzelte verschlafen die beiden Polizisten an, die vor ihr standen.
»Hallo«, sagte Gemma überrascht. Dann setzte ihr Erinnerungsvermögen ein, und sie fragte panisch: »Es ist doch nichts mit meinem Vater, oder?«
»Mrs. Sinclair?«, fragte einer der beiden Männer.
»Ja, was gibt es? Ist was passiert?«
»Ich bin Geoff Hay, und das hier ist mein Kollege Ian Paver. Wir sind von der Bereitschaftspolizei in Port Pirie. Dürfen wir kurz hereinkommen? Wir haben ein paar Fragen an Sie bezüglich der Viehdiebstähle.«
»Oh, okay.« Gemma stieß die Tür weit auf. »Bitte, treten
Sie ein. Mein Vater hatte gestern einen Herzinfarkt, und ich war bis vor Kurzem noch bei ihm im Krankenhaus. Darum dachte ich zuerst, Sie wären wegen ihm hier«, erklärte sie, während sie die Beamten in die Küche führte. »Nehmen Sie Platz. Ich bin sofort wieder bei Ihnen.«
Gemma verschwand kurz im Bad, wo sie sich eiskaltes Wasser ins Gesicht spritzte, um einen klaren Kopf zu bekommen. Es war ein bisschen viel auf einmal, so plötzlich aus dem Schlaf gerissen zu werden und nun zwei Polizisten im Haus zu haben, die sie zu den Viehdiebstählen befragen wollten. Sie spürte, wie Tränen in ihre Augen stiegen, aber sie zwinkerte sie ungeduldig weg und kehrte schließlich in die Küche zurück.
»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte sie die beiden Männer und füllte den Wasserkocher.
»Ja, einen Kaffee, bitte - mit Milch, ohne Zucker«, antwortete der Officer, der offenbar das Sagen hatte. Er war groß und schlank, Ende vierzig und hatte ein ernstes Gesicht, aber seine braunen Augen wirkten
Weitere Kostenlose Bücher