Wilder Eukalyptus
Kopf schüttelte.
»Morgen Abend habe ich schon was vor. Wie wäre es denn nächstes Wochenende?«
»Auch gut. Aber jetzt muss ich Gem dringend an die Bar entführen, sonst verdursten wir noch und können nächstes Wochenende nicht dabei sein, geschweige denn
bei dem Heimspiel morgen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Ben.«
»Ich melde mich nächste Woche, Gemma, falls wir uns morgen beim Spiel nicht sehen«, sagte Ben, bevor er die Hand hob und in der Menge verschwand.
Mit beschwingten Schritten machten sich die beiden Frauen auf zur Bar, während Jess Gemma mit Fragen bombardierte. »Wer ist das? Woher kommt er? Warum hast du mir nichts von ihm erzählt? Gott, ist der süß!«
Gemma ließ ihre Freundin weiterplappern und blickte sich unter den vielen Menschen um in der Hoffnung, Ben zu entdecken. Er sah heute Abend wirklich umwerfend aus in seiner schwarzen Lederjacke, dem blauen Hemd und der Moleskin-Hose. Aber nun schien er sich im Rauch der Lagerfeuer aufgelöst zu haben. Gemmas Blick blieb kurz an einem Paar hängen, und bevor sie sich wieder abwandte, erkannte sie, dass es Ned und Paige waren. Ned stand im Schatten eines Baums. Gemma konnte sein Gesicht nicht richtig erkennen, aber Paige wirkte sehr aufgebracht. Gemma beobachtete die beiden und fragte sich, woher sie sich kannten. Dann wandte sie sich achselzuckend ab. Pirie war eben eine Kleinstadt. Sie drehte sich zu Jess um und sagte: »Wenn du mehr über Ben erfahren möchtest, dann halt endlich die Klappe und hör zu!«
Das restliche Wochenende verging wie im Flug. Gemma kam es vor, als würde sie zum ersten Mal auswärts essen, weil es schon so lange her war. Auch das Footballspiel am Samstag weckte Erinnerungen an alte Zeiten. Wie früher parkten die Wagen der Zuschauer um das ovale Spielfeld herum, und nach jedem Tor ertönte ein lautes Hupkonzert.
Und wie früher standen die Mädchen aufgestylt hinter der Absperrung und warteten darauf, die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen. Gemma war überrascht über die Freundlichkeit, mit der man ihr begegnete. Sie traf einige Farmer und auch etliche Leute aus der Stadt, die sie von früher kannte und mit denen sie ein paar Worte wechselte. Aber keiner wagte zu fragen, ob sie ihr Land verkaufen mochte.
Gemma lernte auch endlich den famosen Brad kennen, der genau so war, wie Jess ihn beschrieben hatte. »Brad, das ist meine allerbeste Freundin, Gemma Sinclair. Gem, das ist Brad - der beste Mann in meinem Leben, jedenfalls im Moment!«
»Hallo, Brad, ich habe schon viel von Ihnen gehört. Schön, dass wir uns endlich kennenlernen.«
»Die Freude ist ganz meinerseits, Gemma.« Brad gab ihr die Hand und lächelte. »Wie ich gehört habe, leiten Sie erfolgreich eine große Farm. Ich wollte schon längst einmal auf Billbinya vorbeischauen und mich persönlich vorstellen, aber ich komme beruflich nur selten in Ihre Ecke. Dann sehen wir uns also nächsten Samstag? Ich bin schon sehr gespannt darauf, Sie näher kennenzulernen.«
Am Sonntagnachmittag wartete Gemma am Bahnhof auf Patricks Ankunft. Mit steifen Beinen stieg er aus dem Bus. »Hallo, Schwesterherz! O Mann, ich wusste während der ganzen Fahrt nicht, wohin mit meinen langen Haxen«, stöhnte er und umarmte Gemma zur Begrüßung. Sie musterte seine knapp zwei Meter Körperlänge und die langen blonden Ponyfransen, die er sich aus den blauen Augen strich.
»Ich habe schon immer gesagt, du bist zu groß.«
»Und ich habe schon immer gesagt, du bist zu klein.« Patrick grinste sie erwartungsvoll an. Es war ein gewohnter Schlagabtausch zwischen ihnen aus alten Kindertagen.
»Ich bin nicht klein«, gab Gemma schmollend zurück. »Ich bin mittelgroß!« Sie brachen in Lachen aus und umarmten sich erneut.
Während der Fahrt durch die grün bewachsenen Flinders Ranges unterhielten sie sich über Patricks Arbeit in Queensland, wo er Pferde zuritt. Als Gemma in die Rochden Road abbog, verfielen sie in Schweigen, bis sie Hayelle erreichten. Dort würde Patrick in der nächsten Zeit wohnen. Er lächelte, als die Zufahrt auftauchte. »Home sweet home«, murmelte er leise. Gemma lenkte den Wagen durch das Tor, und wenig später kam das alte Farmhaus in Sicht, idyllisch an einem Wasserloch gelegen. Die sanft geschwungene Hügellandschaft, die sich dahinter erhob, war gewöhnlich braun und verdorrt, aber nach dem vielen Regen in diesem Winter leuchtete sie nun in einem satten Grün, durchzogen von fliederfarbenen Blütenteppichen -
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