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Wilder Eukalyptus

Titel: Wilder Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fleur McDonald
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der Mann, dem sie blind vertraut hatte, den sie aus tiefstem Herzen geliebt hatte, nicht der gewesen war, für den sie ihn hielt.
    Wie benommen rief Gemma die gesendeten Nachrichten auf.
    Johnson. Tea Pub. ab 8. Gehege li v Haus. Ank Bill nach 3.

    Tunnley. 2 Fr Vollmo. Kop 9. Ank Bill vor 2.
    Hock. Grenzkop an Str. Grillen Vereinsheim bis 24. Reimer.
    Gemma ließ das Handy fallen, kreidebleich im Gesicht, und rannte hinüber ins Büro. Ohne wahrzunehmen, dass Patrick und Jess ihr gefolgt waren und Fragen stellten, durchsuchte sie das Regal, bis sie den Kalender von letztem Jahr entdeckte, nachdem sie vergessen hatte, ihn Dave mitzugeben. Sie blätterte rasch durch die Seiten und hielt inne beim 26. April, einem Samstag. In Adams kräftiger Handschrift war eingetragen: Johnsons, Tea Palace Pub, 19 Uhr.
    »Nein«, stöhnte Gemma auf.
    »Sag uns jetzt endlich, was los ist, verdammt«, brummte Patrick. Er hielt Adams Handy in der Hand.
    Gemma ignorierte ihn und blätterte weiter zum 19. Mai. Wieder die kräftige Handschrift: Tunnleys, Billbinya, 18.30 Uhr. Schließlich, am 20. September: Grillfest Vereinsheim, Hocks abholen, 17.30 Uhr.
    »Oh, Jessie«, sagte sie mit kläglicher Stimme. »Er hat es getan.«

Kapitel 14
    Gemma wurde von dem fröhlichen Gezwitscher eines Gartenfächerschwanzes geweckt. Sie fühlte Wut, Angst und Traurigkeit, ohne sich zunächst an den Grund zu erinnern. Ihre Augen brannten und fühlten sich wie ausgetrocknet an, als hätte sie viel geweint.
    Chit, chit, chit, trällerte der Vogel auf ihrem Fenstersims und wackelte wild mit seinem Fächerschwanz.
    »Nein«, stöhnte Gemma leise, als die Erinnerung an den vergangenen Abend zurückkehrte. »O Adam, was zum Teufel hast du dir bloß dabei gedacht?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Sie schlug die Bettdecke zurück und ging zum Schrank, um ihre Turnschuhe herauszuholen. Dann schlüpfte sie in ihre Trainingshose und streifte ein Sweatshirt über. Sie öffnete das Fliegengitter, stieß das Fenster ganz weit auf, kletterte über den Sims und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden.
    In lockerem Schritttempo lief sie zu dem Pfad, der am Bach entlangführte, und machte nebenher ein paar Dehnübungen zum Aufwärmen. Dann spurtete sie los. Sie rannte, als würde es um ihr Leben gehen, als könnte sie vor all den Fragen davonlaufen, die unablässig in ihrem Kopf kreisten: Wie konnte das passieren? Warum habe ich nichts davon bemerkt? Wie konnte ich so blind sein? Irgendwann ging ihr schließlich die Puste aus, und sie sank auf
die Knie. Keuchend wischte sie sich den brennenden Schweiß aus den Augen und musste plötzlich würgen. Sie fuhr sich mit der Hand über den Mund und wartete ab, bis ihr Puls sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Dann ging sie an das Bachufer, wo sie sich gegen einen Eukalyptusbaum lehnte und die erste Morgenröte beobachtete. Die Flötenvögel trällerten ihre Lieder, die in der Stille laut widerhallten. Über ihr in der Baumkrone saß ein großer Schwarm Rosakakadus, die geräuschvoll an den Zweigen pickten. Eine Rinderherde lag ganz in der Nähe, und die ersten Frühaufsteher grasten bereits auf der Wiese.
    Wie kann das Leben hier draußen ganz normal weitergehen, obwohl ich nun weiß, dass mein Leben in den letzten acht, neun Jahren auf einer Lüge beruhte?, fragte sich Gemma stumm. Sie hob einen Stein vom Boden auf, warf ihn hoch und fing ihn auf, wieder und wieder, während sie nachdachte. Plötzlich stieg Wut in ihr hoch, und sie schleuderte den Stein mit voller Kraft gegen den nächsten Baum.
    »Adam Sinclair, du elender Scheißkerl«, brüllte sie laut. »Was hast du bloß getan?« Die Kakadus stoben mit schrillem Kreischen aus der Baumkrone empor.
    Gleich darauf landete der nächste Stein an dem Baum, und noch einer, jeder Wurf begleitet von einem lauten »Du Scheißkerl!« Irgendwann tat Gemma der Arm weh, und sie hörte auf. Ihre Wut wich allmählich der wilden Entschlossenheit, aus dieser Geschichte heil herauszukommen. Sie würde bestimmt nicht den Kopf hinhalten für Adams Machenschaften.

    Patrick und Jess saßen am Küchentisch bei Kaffee und Müsli, als Gemma zurückkehrte.
    »Morgen«, sagte sie im Vorübergehen. »Ich springe nur rasch unter die Dusche und fahre danach gleich raus.« Sie kam sich in ihrem eigenen Haus wie eine Fremde vor. Ihr Leben war eine Illusion.
    In diesem Moment klingelte im Büro das Telefon. »Ich geh schon.«
    Froh, den mitleidigen Blicken von Pat und Jess zu

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