Wilder Eukalyptus
ein Weilchen? Ich gebe euch einen aus.«
Jess sah Gemma an, die plötzlich scheinbar irgendetwas Interessantes auf dem Fußboden entdeckt hatte.
»Können wir das auf ein andermal verschieben, Craig? Ich würde die Einladung gerne annehmen, aber nicht heute Abend.«
»Kein Problem, dann holen wir es eben nach.«
Die beiden Frauen verabschiedeten sich und brachen auf. Craig wartete ein paar Minuten, bevor er ihnen folgte. Es wäre interessant zu erfahren, wo sie die Nacht verbrachten.
Auf dem Nachhauseweg sagte Gemma: »Du hast immer noch eine unglaubliche Anziehungskraft auf Männer, ohne dass du es darauf anlegst, stimmt’s? Beneidenswert. Mir würde das nie passieren.«
»Ja«, erwiderte Jess ohne jegliche Arroganz. So war es schon immer gewesen, dabei fand sie sich selbst gar nicht so hübsch. »Mir ist das ein Rätsel. Ich mache ja gar nichts.«
Gemma lächelte ihre Freundin liebevoll an. »Ich verstehe das schon«, sagte sie. Diese Anziehungskraft war auf Jess’ Ausstrahlung zurückzuführen. Auf ihre fröhliche und freundliche Art, die niemanden ausschloss. Auf ihre Lebensfreude, die sich in ihren Augen widerspiegelte. »Das liegt daran, dass du so bist, wie du bist.«
Jess warf ihr einen sonderbaren Blick zu. »Alles okay mit dir?«
»Ja, ich bin nur müde.«
Zu Hause angekommen, gingen die beiden Frauen direkt ins Bett, aber es dauerte sehr lange, bis Gemma einschlief. Und als es dann endlich so weit war, plagten sie furchtbare Albträume.
Kapitel 17
D er Samstagmorgen begann frisch und bewölkt.
»Haut ab«, beschwor Jess im Halbschlaf die Wolken, als sie kurz an das Footballspiel am Mittag dachte.
Gemma steckte zu einer unchristlichen Stunde den Kopf in Jess’ Schlafzimmer.
»Ich mache kurz ein paar Besorgungen für die Farm«, sagte sie leise.
»Mmm«, murmelte Jess. Da sie nun wach war, tastete sie nach ihrem Handy auf dem Nachttisch. Wo zur Hölle war Brad? Gestern Abend hatte sie es unzählige Male bei ihm versucht, aber er war nicht drangegangen, oder sein Handy war zwischendurch ausgeschaltet. Jess wurde langsam sauer. Brad spielte nicht zum ersten Mal den Unerreichbaren, wenn es auch nicht oft vorkam. Ein sonderbares Verhalten, nachdem sie im letzten Dreivierteljahr so gut wie jede freie Minute miteinander verbracht hatten. Gab es eine andere? Jess hoffte nicht. Die Augen noch halb geschlossen, drückte sie auf Wiederwahl.
»Hallo. Sie sind verbunden mit der Mailbox von Brad Manstead von Manstead Agronomy. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Rufnummer, und ich werde mich möglichst rasch zurückmelden. Vielen Dank für Ihren Anruf.« Jess nahm das Handy kurz vom Ohr und starrte ungläubig darauf. Der Piepton der Mailbox war zu hören.
»Brad, ich bin es«, begann Jess mit leicht kratziger
Morgenstimme. »Verdammt, wo steckst du? Ich dachte eigentlich, wir waren gestern Abend verabredet. Falls du Wert darauf legst, den heutigen Abend mit mir zu verbringen, Gem, Ben und ich werden so ab sieben in dem neuen Strandrestaurant sein. Ich finde dein Verhalten nicht gut, Brad.« Jess beendete die Verbindung und sank zurück ins Bett, wobei sie innerlich kochte.
Gleich darauf klingelte ihr Handy. Auf dem Display erschien Brads Name. Sie klappte das Handy auf.
»Hallo, Brad«, sagte sie kühl.
»Es tut mir furchtbar leid, Baby«, erklang Brads raue Stimme in der Leitung. »Aber ich wurde gestern bei der Arbeit aufgehalten, und danach hat Justin Downey mich zu einem Bier eingeladen, und so ergab sich eben eins nach dem anderen. Es tut mir wirklich sehr leid.«
Schweigen.
»Jess?«
»Du hättest dich wenigstens mal melden können.«
»Ja, ich weiß. Sorry.« Brads Bedauern klang aufrichtig, und Jess spürte, wie ihre Wut sich legte. Sie konnte ihm einfach nie lange böse sein.
»Dann kommst du also heute Abend?«, fragte sie.
»Ja, ihr könnt fest mit mir rechnen. Und was habt ihr heute noch so vor?«
»Gem ist gerade unterwegs und kauft ein paar Sachen für die Farm. Ich warte hier auf sie. Nachher gehe ich zum Platz und schaue mir das Spiel an. Ich glaube, Gemma hat keine richtige Lust mitzukommen.«
Brads Stimme senkte sich zu einem heiseren Flüstern. »Wie lange wird sie weg sein?«
Jess lächelte in den Hörer. »Lange genug.«
»Bis gleich.«
Jess lächelte immer noch. Das hatte sich nicht so angehört, als hätte Brad das Interesse an ihr verloren.
Während Gemma sich vor dem Spiegel betrachtete, fiel es ihr schwer, sich auf den Abend zu freuen.
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