Wilder Eukalyptus
darauf stieß er ein Räuspern aus und sagte: »Ich habe mir überlegt, wir fahren in eine gemütliche Kneipe. Einverstanden?«
»Ja, sicher.« Gemma fingerte nervös an ihrem Rocksaum herum.
»Okay, welche Rinderrassen …«, begann Ben.
»Woher stammen Sie eigentlich?«, platzte Gemma laut dazwischen. Sie mussten beide lachen, und Ben überließ mit einer Geste Gemma das Wort.
»Woher kommen Sie, und woher kennen Sie Ned?«
»Ich stamme aus einer Farmerfamilie unten im Süden. Vor einigen Jahren habe ich ungefähr zwanzig Kilometer von meiner Heimat entfernt Land gekauft. Am Anfang fand ich es riesig, eine Farm ganz allein nach meinen Vorstellungen zu bewirtschaften und mein eigener Chef zu sein. Aber es ist doch ein recht einsames Leben. Also beschloss ich, etwas zu ändern, ohne die Farm aufgeben zu müssen. Von einem ehemaligen Schulkameraden habe ich erfahren, dass Ned einen Viehagenten sucht, und nun bin ich hier. Meine Farm habe ich verpachtet. Ich bin noch nicht bereit, sie ganz aufzugeben. Aber ich brauchte dringend eine Pause.«
»Und wie lange werden Sie hierbleiben?«
»Ich bin doch erst angekommen. Wollen Sie mich schon wieder loswerden?«
Gemma lächelte. »Keineswegs, schließlich muss ich Ihnen ja noch einiges über die Rinderzucht beibringen.«
Ben hielt vor dem Pub. »Warten Sie«, sagte er, als Gemma aussteigen wollte.
»Das ist ein total komisches Gefühl, wissen Sie«, gestand sie ihm, als er ihr wieder die Tür aufhielt.
»Aber nur, weil Sie es nicht gewohnt sind. Am Ende des Abends werden Sie es genießen.« Ben nahm Gemmas Arm und geleitete sie in den Pub.
»Was möchten Sie trinken?«
»Cola-Rum, bitte«, antwortete sie und nahm an einem freien Tisch Platz. Sie sah Ben nach, während er zur Theke ging und die Getränke bestellte. Er war wirklich ein sehr attraktiver Mann. Gemma bekam plötzlich ein schlechtes Gewissen. Ich bin verheiratet. Nein, bist du nicht, du bist verwitwet.
Die Unterhaltung mit Ben verlief sehr angeregt, und Gemma stellte überrascht fest, wie viele Gemeinsamkeiten sie hatten. Sie mochten dieselbe Musik, Country natürlich, und sie schwärmten beide für Ausflüge unter freiem Himmel. Ben hatte einige beeindruckende Touren gemacht, zum Beispiel durch die Bungle Bungles und zu anderen Naturwundern, von denen Gemma bisher nur träumen konnte. Und beide liebten das Farmerleben.
»Warum brauchen Sie eine Pause von der Farm?«, fragte Gemma.
»Ich habe mich einsam gefühlt«, gestand Ben. »Es ist nicht immer leicht, wenn man ganz alleine ist und keinen zum Reden hat, niemanden, mit dem man mal so richtig fachsimpeln kann. Ich hatte es satt, jeden Freitagabend im Pub immer dieselben Gesichter zu sehen und immer dieselben Geschichten zu hören. Außerdem waren die Damen sehr zudringlich.« Ben errötete leicht, als ihm bewusst wurde, was er gesagt hatte. »Tut mir leid, das klang wahrscheinlich ziemlich machomäßig. Aber ich hatte tatsächlich
ein paar sehr hartnäckige Verehrerinnen, die ich nicht loswurde. Ich wünsche mir durchaus eine Partnerschaft, aber die Frau sollte schon zu mir passen.« Ben unterbrach sich, als er Gemma nicken sah.
»Ich weiß genau, was Sie meinen.« Aus Gemma sprudelten die Worte nur so heraus. »Keiner, mit dem man sich nach getaner Arbeit unterhalten kann, keiner, den man fragen kann: ›War die Entscheidung richtig, oder sollten wir es beim nächsten Mal doch lieber anders machen? ‹ Solche Sachen eben.«
»Sie können ja selbst ein Lied davon singen«, sagte Ben. »Tut mir leid, das hatte ich kurz vergessen.«
Gemma lächelte traurig. »Tja, davon kann ich wirklich ein Lied singen.« Sie sah auf ihre Uhr. »Wir sollten uns besser auf den Weg machen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.«
Auf der Fahrt zum Restaurant gestand Gemma Ben ihre Bedenken wegen des bevorstehenden Abends.
»Wahrscheinlich bilde ich mir nur ein, dass Brad mich nicht leiden kann, aber bei unserem ersten Kennenlernen hat er mich ziemlich kühl und distanziert behandelt. Jess hat es in ihrer Begeisterung nicht mitbekommen, und ich könnte es ihr auch niemals sagen.«
»Machen Sie sich keine Gedanken«, riet Ben. »Versuchen Sie einfach, den Abend zu genießen. Ich kenne Brad zwar nur flüchtig, aber er scheint in Ordnung zu sein. Vielleicht ein bisschen vorlaut und von sich eingenommen, aber im Grunde ein anständiger Kerl.«
Als sie das Restaurant betraten, saß Jess alleine am Tisch.
»Entschuldige die kleine Verspätung«, sagte Gemma und
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