Wilder Eukalyptus
der Weide.
Nachdem der Transporter wieder abgefahren war, nahm Jack einen abgebrochenen Ast und verwischte mit dem Laubwerk die Reifenabdrücke im Sand. Nun gab es keine Spuren mehr, die auf den Truck schließen ließen. Natürlich konnte sich jeder ausrechnen, dass die Spuren beseitigt worden waren, aber das spielte keine Rolle. Wenn die Polizei hier aufkreuzte, würde sie nichts finden, was auf den Transporter hindeutete.
Jack hockte sich wieder hinter den Busch und lauschte eine Weile der Herde. Er zündete sich eine Zigarette an, und die Glut leuchtete in der Dunkelheit auf. Die Ochsen waren immer noch etwas unruhig und ständig in Bewegung, während sie schnaubend die neuen Gerüche ein- und ausatmeten. Hin und wieder hörte man eines der Tiere brüllen, aber in ein paar Stunden würde Ruhe herrschen. Die Jungtiere waren von der langen Fahrt erschöpft, und sobald sie gefressen hätten, würden sie schläfrig werden. Jack stand auf und schlug den Rückweg ein.
Der Sonntagmorgen begann sonnig und hell, und der strenge Winterwind hatte nachgelassen. Gemma war auf dem Weg nach Hause. Jess hatte sich erneut für Brads Verhalten entschuldigt und versucht Gemma zum Bleiben zu überreden, um gemeinsam die Bücher durchzugehen. Doch Gemma hatte abgelehnt, weil es ihr letzter freier Tag war, bevor die dreiwöchige Schur begann.
Gemmas Pick-up war vollbeladen mit Säcken für die Wolle, Sackverschlüssen, Läusebekämpfungsmittel und Hundefutter. Sie machte einen kurzen Zwischenstopp in Dawns Rest, wo sie die Lebensmittelvorräte für die Schurkolonne
besorgte. Sie hoffte, dass diesmal ein guter Koch dabei war.
Vor drei Jahren waren Gemma und Adam von einem betrunkenen Koch, der mehr Gehalt forderte, mit einem abgebrochenen Flaschenhals bedroht worden. Adam war es gelungen, den Mann zu beruhigen, bevor Bulla und Garry zu Hilfe kamen. Zuerst hatten sie ihm den Flaschenhals weggenommen, dann den Job. Nachdem er mit dem Postwagen, der ihn in die Stadt brachte, den Hof verlassen hatte, entdeckte Gemma in der Küche der Schererbaracke, dass die Fleischvorräte offen auf dem Tisch lagen und von Maden befallen waren. In den zwei Tagen, seit die Kolonne hier war, hatte der Koch es nicht geschafft, das Fleisch und die anderen Lebensmittel in den Kühlschrank zu packen, und überall stapelte sich das dreckige Geschirr. Die Scherer drohten bereits mit Streik, gaben jedoch nach, als Gemma anbot, das Kochen zu übernehmen. Nach Gemmas erstem Versuch drohten sie prompt wieder mit Streik! Gemma lächelte. Trotz allen Kummers ließen Erinnerungen wie diese ihr Herz höher schlagen.
Während der Rückfahrt nach Billbinya ging Gemma in Gedanken die Organisation der Schur durch. Es war nicht damit getan, die Schafe von den Weiden zu holen und zu scheren. Zuvor mussten sie vierundzwanzig Stunden lang auf Futterentzug gesetzt werden, damit Blase und Darm sich vollständig entleerten. Es gab nichts Schlimmeres für einen Scherer, als von einem Schaf angepinkelt zu werden. Die Tiere mussten streng nach Altersklassen getrennt werden und durften nicht durcheinandergeraten. Die Schur war vor allem eine logistische Herausforderung - Schafe, die ins Gehege zum Futterentzug
mussten, Schafe, die auf die Sortierbuchten verteilt wurden, bereit zur Schur für den nächsten Tag, und Schafe, die von Weide zu Weide Richtung Hof getrieben wurden, um für ständigen Nachschub zu sorgen. Waren die Tiere geschoren, mussten sie gegen Parasitenbefall behandelt - Läuse minderten die Qualität der Wolle - und anschließend zurück auf ihre Koppeln gebracht werden. Eine arbeitsreiche Zeit stand bevor.
Zurück auf Billbinya lud Gemma ihre Einkäufe aus und brachte zunächst die Lebensmittel in die Schererbaracke. Während sie die Sachen in der Küche verstaute, steckte Jack den Kopf durch die Tür, um Hallo zu sagen.
»Wie geht es dir?«, fragte Gemma.
»Schon viel besser. Mann, mir ging’s vielleicht dreckig! So üble Magenschmerzen hatte ich schon lange nicht mehr.«
»Dann bist du also wieder voll einsatzfähig?«
»Ja, schließlich wartet mit der Schur jede Menge Arbeit auf uns. Kann ich dir beim Einräumen helfen?«
»Nein, Jack, danke. Ich bin fast fertig. Wir sehen uns dann morgen früh, okay?«
Einige Zeit später hockte sich Gemma nieder und betrachtete ihr Werk, nachdem sie nicht nur den Kühlschrank ausgeputzt, sondern sämtlichen Staub und Dreck entfernt hatte, der durch die Ritzen in den Holzwänden der Küche hereingedrungen war.
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