Wilder Eukalyptus
war, dass Brad über die Stränge schlug. So hatte er sie mehr als einmal hängen lassen, obwohl sie Gäste eingeladen hatte, und er hatte auch mehr als einmal einen über den Durst getrunken und sich zum Gespött der Leute gemacht. Jess hatte das alles wortlos hingenommen, weil sie Brad nicht verlieren wollte, aber sein Benehmen am Samstagabend hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Dieses unhöfliche und arrogante Auftreten konnte sie nicht tolerieren. Brad hatte sich seitdem nicht mehr gemeldet, und wenn er sich bis jetzt nicht entschuldigt hatte, war damit auch nicht mehr zu rechnen.
Zum Teufel mit ihm , dachte Jess und warf ihren Stift auf den Tisch. Es war Zeit, die Beziehung mit Brad zu beenden. Sie nahm rasch den Hörer in die Hand, bevor sie es sich wieder anders überlegte, und wählte von neuem Brads Handynummer.
»Hi, Baby, wie geht’s?«, sagte Brad zur Begrüßung.
Jess war fassungslos. Wie konnte er so unbefangen tun, nachdem er ihr den Samstagabend versaut und sich dann drei Tage lang nicht gemeldet hatte?
»Hallo«, sagte Jess. »Und bei dir?«
»Alles bestens. Ich will gleich los zu den Polkmans. Der Winterweizen muss auf Schädlingsbefall kontrolliert werden. Und du, was hast du heute vor?«
»Ich, äh …«, stammelte Jess. Hatte sie sich den derben Fauxpas am Samstagabend nur eingebildet? Sie dachte an ihren Entschluss. Mit wie sie hoffte fester Stimme sagte sie schließlich: »Ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass es aus ist. Ich bin entsetzt über dein Verhalten am Samstagabend. Du hast nicht nur meine Freundin beleidigt - meine beste Freundin«, betonte Jess, »sondern auch mich. Und außerdem hast du dich vor Ben blamiert, also sozusagen vor einem Kollegen. Ihr arbeitet ja schließlich in derselben Branche. Das war’s, Brad. Es ist Schluss.« Jess holte tief Luft und wartete auf eine Reaktion. Schweigen. »Brad?«
»Tja, dein Pech, Baby. Bis die Tage.« Und Jess hörte nur noch das Besetztzeichen.
Der will mich wohl verarschen! , dachte sie wütend. Wie kann man nach acht Monaten Beziehung so auf eine Trennung reagieren? Jess starrte auf den Tisch und fühlte sich ein wenig verloren. Aber nur wenige Sekunden später schüttelte sie energisch den Kopf. »Du kannst mich mal, Freundchen. Dein Pech, nicht meins«, sagte sie laut. Sie konzentrierte sich wieder auf die Unterlagen, die Gemmas Steuerberater zusammengestellt hatte, und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht.
Kapitel 20
D ave und Craig besprachen ihren nächsten Besuch auf Billbinya.
»Wir fahren gleich morgen früh raus«, sagte Dave. Es machte keinen Sinn, Craig weiterhin undercover ermitteln zu lassen, nachdem Ben Daylee ihm auf die Schliche gekommen war.
»Ich rufe Gemma Sinclair an und kläre das mit ihr ab. Danach könnten wir noch ein paar weitere Farmen abklappern. Ich habe vor allem an Sam und Kylie Smith ein paar Fragen. Sie waren im vergangenen Jahr wohl am häufigsten zu Gast auf Billbinya.«
Craig nickte, immer noch sauer darüber, dass seine Tarnung aufgeflogen war. Dave klopfte seinem Partner tröstend auf die Schulter, weil er ihm den Frust ansah.
»Mach dir nichts draus, mein Freund. Du kannst immer noch die Auktionen inkognito besuchen. Schließlich kennt dich in Adelaide niemand. Und wahrscheinlich wird es auch noch ein wenig dauern, bis sich das hier in Pirie rumgesprochen hat.«
»Dave, ist dir der Name Jess Rawlings ein Begriff?«
»Nein, sollte er?«
»Ich habe dir doch erzählt, dass ich Freitagabend Gemma Sinclair mit einer Freundin im Jewel gesehen habe.«
Dave nickte.
»Nun, diese Freundin heißt Jess Rawlings und lebt hier in Pirie.«
»Gut, du kannst gerne Erkundigungen über sie einholen. Allerdings weiß ich nicht, ob sie für unsere Ermittlungen relevant ist. Oder doch?«
»Zuerst habe ich ihr auch keine Bedeutung beigemessen, bis ich von der Barfrau im Jewel erfahren habe, dass diese Jess in einer Bank arbeitet. Das hat mich stutzig gemacht. Ich weiß zwar nicht, was genau sie dort macht, aber vielleicht lohnt es sich ja, das herauszufinden.«
»Ja, gute Idee. Bank, Geldwäsche … Ja, vielleicht ist das eine heiße Spur. Was ist sie für eine Frau?«
Craig sah wieder Jess’ grüne Augen und ihr umwerfendes Lächeln vor sich.
»Äh, groß, schlank, rothaarig. Sehr schöne grüne Augen.«
»Du hast sie dir aber ziemlich genau angesehen!«, spottete Dave. »Gute Arbeit.«
»Ja, ja.«
Dave schickte sich an, das Büro zu verlassen, verharrte jedoch an der Tür. »Lass
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