Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wilder Eukalyptus

Titel: Wilder Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fleur McDonald
Vom Netzwerk:
ziemlich lustlos. Auf Gemma machten sie einen zwielichtigen Eindruck, aber ihr war bewusst, dass es heutzutage nicht einfach war, Helfer für die Schur oder die Ernte zu finden. Die harte, körperlich anstrengende Arbeit schreckte offenbar viele ab. Zudem verdiente man als Scherer, Farmarbeiter oder Farmverwalter längst nicht so gut wie im Bergbau, und die jungen Leute zog es nun einmal dorthin, wo das meiste Geld lockte. Gemma vermutete, dass Kenny nicht wählerisch sein durfte, um ein Team zusammenzubekommen. Aber wichtig war nur, dass die Schur lief wie am Schnürchen. Im Radio wurde eins von Gemmas Lieblingsliedern gespielt. Summend verließ sie die Scheune und ging zu den Zählklappen, um die geschorenen Tiere herauszulassen und zu desinfizieren. Als
die ersten Schafe aus dem Halbdunkel der Scheune in das helle Tageslicht hinausdrängten, blieben sie zunächst geblendet stehen, sodass die Nachhut auf lief, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten und das offene Tor erspähten, das ins Gehege führte. Gemmas Reaktion war ähnlich; ihre Augen mussten sich erst an das schimmernde Weiß der nackten Tierleiber gewöhnen, nachdem die Wolle ab war. Sie musste ein paarmal zwinkern.
    »Scoota, lauf!«, befahl Gemma. Ihr schwarzer Kelpie stürzte bellend auf die Schafe los. Die Herde flüchtete in die entgegengesetzte Richtung und rannte direkt in das Gehege. »Guter Junge. Sitz.« Gemma schloss das Gatter und scheuchte die Tiere in Richtung Treibgang. Sie pfiff nach Scoota, steckte den ersten Kanister mit Lausmittel in den Rucksack, hievte ihn sich auf den Rücken und befahl ihrem Hund wieder: »Lauf!« Die Hammel, überreizt nach der Schur, bockten und schlugen mit den Hufen aus, während sie in den Treibgang drängten. Sie rannten durch, bis sie merkten, dass es plötzlich nicht mehr weiterging, und versuchten dann abzubremsen. Die ersten drei Schafe krachten gegen das Auslasstor, während die anderen Tiere von hinten aufliefen, sodass es einen Ziehharmonikaeffekt gab. Nachdem alle Schafe drin waren, schloss Gemma das Eingangstor und ging dann den Treibgang entlang, während sie die hellblaue Flüssigkeit auf die Tierrücken sprühte. Nachdem sie alle Schafe behandelt hatte, öffnete sie das Auslasstor, das auf die große Koppel führte, wo die geschorenen Tiere auf den Rest der Herde warteten, während Gemma den nächsten Schwung Schafe aus der Scheune ließ.

     
    Am Abend kehrte sie erschöpft, aber glücklich zum Haus zurück. Die Schafe hatten pro Tier durchschnittlich sechs Kilo Wolle erbracht, und die Menge der gefüllten Wollsäcke übertraf bereits am ersten Tag Gemmas Erwartungen. Sie hatte während der Arbeit immer wieder im Kopf überschlagen, wie viel ihr die Wolle einbringen würde, und wenn es so weiterging, blieb zum Schluss sogar ein kleiner Gewinn übrig. Wie schön wäre es, alle Rechnungen bezahlen zu können und am Schluss sogar noch Geld übrig zu haben! Gemma spürte Zuversicht. Sie ging ins Büro und hörte den Anrufbeantworter ab. Sie notierte sich die Namen, damit sie keinen vergaß zurückzurufen. Die erste Nachricht stammte von Jess, die zweite von Dave Burrows. Die dritte war von ihrem Steuerberater, und danach hatte Patrick zweimal auf Band gesprochen.
    Gemma ging ins Bad, um sich zu waschen, und überlegte, was sie sich zu essen machen sollte. Dann begann sie in der Küche mit den Vorbereitungen und erledigte nebenbei ihre Telefonate. Als Erstes sprach sie mit Dave, der um ihre Erlaubnis bat, am nächsten Morgen mit seinem Partner vorbeizukommen und sich ein paar Tage auf Billbinya umzusehen. Gemma war einverstanden, dass die beiden Ermittler auf ihrem Grundstück kampierten. Den Steuerberater würde sie ohnehin erst morgen zu den üblichen Bürozeiten erreichen, also versuchte sie es als Nächstes bei Patrick auf Hayelle.
    »Hey, Pat, was gibt’s Neues?«, fragte Gemma, als ihr Bruder sich meldete.
    »Ah, Schwesterherz, du bist es. Wie ist die Schur gelaufen?«

    »Großartig. Ich bin ganz begeistert. Wir hatten heute im Schnitt sechs Kilo pro Tier.«
    »Das ist gut.«
    »Und wie war es in Adelaide?«
    »Na ja, die Stimmung könnte besser sein. Dad ist ein bisschen niedergeschlagen und hat wohl Angst, dass er jeden Moment tot umfallen könnte. Er hat Mum mit seiner Panik angesteckt. Seitdem lässt sie ihn nicht mehr aus den Augen. Leisha findet die beiden ziemlich anstrengend. Ich denke, mit der Zeit werden sie sich wieder einkriegen, aber im Moment ist es nicht leicht mit

Weitere Kostenlose Bücher