Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wilder Eukalyptus

Titel: Wilder Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fleur McDonald
Vom Netzwerk:
Arschloch«, murmelte sie. Nun konnte sie nichts weiter tun, als abzuwarten und zu hoffen, dass Gemma in der Mittagspause daran dachte, die Vollmacht zu faxen.
     
    Dave und Craig brachen in Richtung Norden auf. Craig studierte die Karte, während Dave am Steuer saß. Sie folgten einem Feldweg, der sich am Wasser und an Cassiabäumen entlangschlängelte, bis sie auf abgezäuntes Weideland stießen. Das Gras auf dem felsigen roten Untergrund war gut fünf Zentimeter hoch. Dave wusste, dass dies hier raues Land war, selbst wenn der Boden fruchtbar war. Im Sommer kletterte das Thermometer häufig über die Fünfundvierziggradmarke, und im Winter konnte es auch mal Frost geben.

    Die Gerstenähren und Grashalme wiegten sich sanft im Wind. Dave hielt an einer Windmühle an, neben der ein Wassertank und eine Tränke standen. Er musterte vom Wagen aus die Tränke und entdeckte frische Hufabdrücke auf dem Boden. Wenn er eins beim Sonderdezernat gelernt hatte, dann, wie man Spuren las. Damals war eigens ein Aborigine damit beauftragt worden, die Beamten zu Fährtenlesern auszubilden. Dave stieg aus dem Wagen und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Heute schien die Sonne, und der Himmel leuchtete in einem strahlenden Blau, das man in der Stadt nur selten zu sehen bekam. Vor der zerklüfteten Hügelkette, die den nördlichen Teil von Billbinya durchzog, wirkte die Landschaft, als wäre die Zeit stehen geblieben.
    »Anhand der frischen Spuren würde ich sagen, dass hier vor Kurzem eine Schafherde war und ihren Morgendurst gestillt hat«, bemerkte Dave. »Heute ist es zwar warm, aber nicht heiß. Es ist also fraglich, ob die Herde wiederkommt. Vielleicht sollten wir zu der bewachsenen Anhöhe dahinten fahren. Womöglich hat die Herde dort Schatten gesucht.«
    »Die Windmühle ist gut in Schuss, und die Tränke ist sauber. Ich würde sagen, sie wurde erst kürzlich gereinigt«, meinte Craig.
    »Für die Instandhaltungsarbeiten ist wohl Garry zuständig. Nicht auszudenken, was für katastrophale Folgen es hätte, wenn die Anlagen kaputt sind, vor allem im Sommer. Stell dir vor, die Tränke trocknet aus.« Dave schauderte bei der Vorstellung von durstigem Vieh, das sich bei vierzig Grad Hitze um die leere Tränke scharte. »Ich glaube, Jack ist so eine Art Mädchen für alles und
reinigt zum Beispiel die Tränken oder repariert die Zäune. Bulla scheint wohl der Vorarbeiter zu sein, der für das Vieh verantwortlich ist, und bei Bedarf gehen ihm die anderen beiden zur Hand.« Dave nahm sein Fernglas hoch und schwenkte es über die mit Eukalyptusbäumen bewachsene Anhöhe. »Von hier aus kann ich nicht viel sehen. Komm, wir schauen uns das mal aus der Nähe an.« Sie stiegen wieder in den Wagen, und Dave startete den Motor. Craig übernahm das Fernglas und suchte jeden Zentimeter der Landschaft ab.
    »Hey, Dave, sieh mal dort drüben, auf elf Uhr. Sieht aus wie ein altes, verfallenes Gebäude. Sollen wir uns das mal genauer anschauen?«
    Dave lenkte den Wagen in Richtung Ruine.
    »Schau dir mal diese Felsen an. Die sind ja riesig.« Dave schüttelte den Kopf. »Es ist mir ein Rätsel, wie die ersten Siedler es geschafft haben, dieses Land zu zähmen.«
    Wenig später erkundeten die beiden Männer das verfallene Gemäuer und bewunderten die Bauweise. Das Fundament, das nur aus Lehm bestand, war immer noch erhalten. Die Ruine wurde offenbar als Ruheplatz benutzt, wie Dave an dem Schafdung feststellte, der sich in beiden Räumen über den Boden verteilte.
    Dave ging ein paar Schritte weiter und blickte zu den Wipfeln der Eukalyptusbäume empor. Sie mussten bereits mehrere hundert Jahre alt sein. Die Rosakakadus in den Baumkronen stießen hin und wieder ein leises Krächzen aus, und in der Ferne hörte Dave ein Schaf blöken. Er wandte sich in die Richtung, aus der das Blöken kam, und entdeckte eine Schafherde, die sich von Weitem auf
ihn zubewegte. Vorsichtig schlich er zurück zu der Ruine, wo Craig immer noch herumstöberte, und versteckte sich hinter einem Mauerstück. Dann gab er Craig das Zeichen, in Deckung zu gehen, nahm das Fernglas hoch und beobachtete die Herde. Craig ging neben ihm in die Hocke und sah ebenfalls durch sein Fernglas. Die Schafe liefen gemächlich auf einem Trampelpfad an einem Wasserlauf entlang, ohne dass ihnen bewusst war, dass sie beobachtet wurden. Ein paar Lämmer hüpften voraus, andere hielten sich dicht bei ihren Müttern. Die meisten Tiere marschierten brav in einer Reihe, nur vereinzelt

Weitere Kostenlose Bücher