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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klaren Himmel schien ein fast voller Mond; dessen Scheibe spiegelte sich im dahineilenden Wasser der Mosel. Eine Nachtigall sang im Gebüsch am Ufer ihr spätes Lied, und um das Bild vollendeten Kitsches abzurunden – so hätten Zyniker gesagt –, waren auch noch jede Menge Glühwürmchen zur Stelle und machten der Dunkelheit die Herrschaft streitig.
    Anne Selzer und Fritz Brühe hatten den Spaziergang, der zwischen ihnen vereinbart worden war, angetreten. Der Hauptgedanke des Malers war dabei von Anfang an, daß er sich darauf, entgegen seiner ursprünglich spontan geäußerten Zustimmung, nicht hätte einlassen sollen. Das halte ich nicht aus, sagte er sich ganz profan.
    »Wohin?« fragte Anne ihn, nachdem sie sich einige Schritte vom ›Winzergold‹ entfernt hatten.
    »Das überlasse ich Ihnen, Anne. Sie kennen sich hier besser aus.«
    Von den vielen Wegen durch die Weinberge wählte Anne den stillsten.
    Sie hatten sich getroffen, um sich schlüssig zu werden, ob Anne im Freien gemalt werden sollte oder nicht. Und nun wartete Fritz darauf, daß sie, und Anne, daß er davon anfangen würde.
    Beide schwiegen aber.
    Der Mond schien, die Nachtigall sang, die Glühwürmchen glühten.
    Endlich sagte Fritz: »Ich möchte wissen, wie die das machen.«
    »Wer?« fragte Anne. »Und was?«
    »Die Glühwürmchen ihr Glühen.«
    »Das haben wir in der Schule mal gelernt.«
    »Wir auch.«
    »Aber ich weiß es nicht mehr.«
    »Ich auch nicht mehr.«
    Sie schwiegen wieder, bis beide über einen Stock stolperten, der quer überm Weg lag.
    »Fall nicht!« rief Anne besorgt.
    »Du auch nicht!«
    »Hast du dir weh getan?«
    »Nein. Du dir?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Sag …«, er stockte, »sagen Sie die Wahrheit. Wenn Sie sich weh getan haben, kehren wir um.«
    »Möchtest du … möchten Sie denn umkehren?«
    »Nein, Anne.«
    Natürlich möchte ich das! zwang er sich zu denken.
    »Ich auch nicht, Fritz.«
    Ich halte das nicht aus, sagte er sich wieder. Die spielt doch nur mit mir. Was für die zählt, sind die Zumbergs, nicht die Brühes. Wer sagte das zu mir? Ich glaube, Sylvia. Ja, die war's.
    »Fritz!«
    »Ja?«
    »Mögen Sie Mädchen?«
    Er schluckte.
    »Ob ich was mag?«
    »Mädchen.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich habe Augen im Kopf.«
    Genau das gleiche hatte am Spätnachmittag Sylvia zu Ingrid Rehbein gesagt.
    »Was heißt Augen im Kopf? Damit wollen Sie mich doch auf eine bestimmte Mitteilung vorbereiten?«
    »Ja.«
    »Auf welche?«
    »Daß ich gesehen habe, was sich zwischen Ihnen und unserem Barmädchen tat.«
    »Zwischen mir und …«
    Er verstummte, nahm dadurch Abstand von der Lüge, zu der er angesetzt hatte.
    »Oder zwischen Ihnen und Ihrer Landsmännin aus Koblenz.«
    »Frau … Frau Rehbein, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Aber …«
    »Was aber?«
    »Die ist doch mit Ihrem Vater liiert.«
    »Haben Sie sie daran im entscheidenden Moment erinnert?«
    Fritz Brühe wußte, welches Kapitel hiermit für ihn wirklich endgültig erledigt war, nämlich das mit Anne Selzer.
    »Nun möchte ich aber, ehrlich gesagt, wirklich umkehren«, erklärte er mit rauher Stimme.
    »Das können wir noch nicht, Fritz.«
    »Warum nicht?«
    »Weil wir uns noch nicht entschieden haben, wo Sie mich malen wollen. Das war doch der Grund unseres Spaziergangs.«
    »Am liebsten gar nicht mehr.«
    »Was?«
    »Am liebsten würde ich Sie gar nicht mehr malen«, wiederholte Brühe und setzte hinzu: »Sehen Sie, Geld steht zur Verfügung, Herr Zumberg zahlt, engagieren Sie sich einen renommierten Künstler, der Ihnen das Bild sicher besser machen wird als ich.«
    »Nein.«
    »Sagen Sie nicht nein.«
    »Nein!«
    Sie war stehengeblieben, sah ihn unerbittlich an. Er wich aber ihrem Blick nicht aus, erwiderte ihn entschlossen.
    »Fräulein Selzer«, sagte er, »es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben. Ich fahre nämlich morgen nach Hause.«
    »Sie fahren nicht nach Hause!«
    Anne stampfte mit dem Fuß auf den Boden. So hatte Fritz sie schon einmal erlebt.
    »Ich fahre nach Hause.«
    »Du fährst nicht!«
    »Du wirst dich damit abfinden müssen.«
    »Herr Brühe, Sie duzen mich! Das zweite Mal schon! Wie kommen Sie dazu?«
    »Sie haben damit angefangen, Fräulein Selzer. Ich will mich aber hiermit entschuldigen, es wird nicht mehr vorkommen.«
    »Treiben Sie mich nicht zum äußersten, Herr Brühe.«
    Auch das hatte er schon einmal von ihr gehört.
    Sie setzte hinzu: »Oder es geht Ihnen wie mit unserer Reise nach Madrid.«
    »Mit der?« Er lachte

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