Wildes Blut
verlegen. Die Hazienda Vargas liegt nur einen Tagesritt weit entfernt."
"Sie glauben, Don Encarnacion und seine Freunde planen ein Attentat?"
"Es wäre die günstigste Gelegenheit. Sie müssen unsere Armeen schnell besiegen. Matamoros gehört jetzt uns, Tampico auch - zwei der reichsten Häfen an der Ostküste. Unsere Armeen ziehen landeinwärts, um Monterrey und Saltillo zu nehmen. Im Westen werden Mazatlän und Guayamas bald fallen. Das Netz um den Kaiser zieht sich zusammen. Seine Gemahlin ist auf dem Weg nach Europa, um Napoleon um Hilfe zu bitten.
General Bazaine hat den Befehl erhalten, nach Frankreich zurückzukehren."
Während Escondidas die Neuigkeiten berichtete, wurde Nicholas immer interessierter. "Also packen Carlotta und Bazaine schon. Allem Anschein nach ist der Kaiser in Schwierigkeiten. Vielleicht haben Sie gut gewählt, mein Freund."
Ohne auf die Bemerkung einzugehen, entgegnete Escondidas:
"Noch können wir alles verlieren - ohne Juarez."
"Er hält die Republikaner zusammen, da haben Sie recht", stimmte Nicholas zu und rieb sich nachdenklich das Kinn.
"Ohne seine Führung würde ein Vakuum entstehen, das kein General füllen kann. Sie würden alle übereinander herfallen, wie sie es immer getan haben. Aber glauben Sie wirklich, dass Do n Encarnacion einem einfachen Indianer solche Fähigkeiten zutraut?"
"Vielleicht ist er von jemandem dazu ermutigt worden", gab Porfirio zurück.
"Bazaine nennt Maximilian den österreichischen Träumer", sagte Fortune. "Nein, weder der Kaiser noch seine kleine belgische Frau haben eine Vorstellung von den wirklichen Zuständen in diesem Land - nicht mehr als die hacendados."
"Unsere Lage wird noch durch einen anderen Umstand erschwert. Es gibt einen Spion in unseren Reihen. Jemand, der Juarez nahe steht, schickt Informationen an Vargas."
Fortune lächelte. "Also ist einer Ihrer patriotischen Mitstreiter nicht ganz so selbstlos wie Sie."
"Wir müssen wissen, wer das ist und wo Vargas' Männer dem Präsidenten auflauern wollen. Um nicht zuviel Aufsehen zu erregen, will er nur eine kleine Eskorte."
"Escobedo wird auch nicht viele Männer übrig haben", erwiderte Nicholas trocken.
"Sie werden mehrere Tage im Haus von Vargas verbringen.
Sie müssen ihre Pläne auskundschaften und herausbringen, wer der Spion ist. Ich weiß, das ist nicht leicht. Nach allem, was Sie getan haben, seit Sie die Identität von Lucero Alvarado angenommen haben, werden die Landbesitzer Ihnen nicht ohne weiteres vertrauen."
"Darüber habe ich schon nachgedacht. Ich glaube, ich habe eine Idee, wie ich meine ziemlich liberalen Taten zu meinem Vorteil einsetzen und Don Encarnacion und seine Freunde für mich gewinnen kann. Wir werden sehen."
"Ich werde in San Ramos sein, wenn Sie die Hazienda Vargas verlassen. Lassen Sie mich alles wissen, was Sie in Erfahrung bringen konnten."
"Und McQueen? Wo ist er, wenn in Chihuahua die Hölle losbricht?"
"Aber, Senor Fortune, sicher erwarten Sie nicht, dass jemand von Senor McQueens Qualitäten das Leuten wie Ihnen oder mir verrät", sagte Escondidas lachend. Dann verschwand er zwischen den Bäumen.
Nachdem Nicholas davongeschlichen war, erwachte Mercedes allmählich und spürte, dass etwas anders war als sonst. Sie blinzelte. Dunkelheit, dichte, undurchdringliche Dunkelheit, wie sie stets kurz vor Tagesanbruch herrschte, umgab sie, und sie fühlte sich unbehaglich. Es war noch zu früh, um zu arbeiten. Wohin mochte er um diese Zeit gegangen sein?
Wie lange war er schon fort? Sie dachte an Innocencia, doch das erschien ihr unsinnig. Er hatte die Hure wahr und wahrhaftig aus seinem Leben verbannt und jede freie Minute mit seiner Familie verbracht.
Mercedes war nun vollkommen wach. Sie schlug die Decken zurück und schwang die Beine über die Bettkante. Als sie aufstand, überkam sie ein Schwindel, und sie schaffte es gerade noch bis zu der Schüssel am anderen Ende des Raumes. Sie hielt sich an der marmornen Oberfläche des Tisches fest, dann lehnte sie sich bleich und zitternd an die Wand.
Sie spülte sich den Mund aus, sorgfältig darauf achtend, nichts von dem Wasser zu schlucken, bis ihr Magen sich wieder beruhigt hatte. Dann kühlte sie ihr Gesicht mit einem Leinentuch, hüllte sich in einen Hausmantel und setzte sich an den Frisiertisch, um nachzudenken. Dies war das dritte Mal in den vergangenen zehn Tagen, dass ihr übel geworden war.
Lucero hatte es nicht mitbekommen, denn auch bei den beiden anderen Malen war er in aller
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